Von diesem neu zugänglichen Lebensraum hätten demnach rund 2000 Kilometer der Fliessgewässer das Potential, für das Laichen und die Aufzucht von Jungtieren geeignet zu sein, berichten Forschende um
Kara Pitman von der kanadischen Simon Fraser University. Die Studie, an der auch der Glaziologe Matthias Huss von der ETH Zürich und der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) beteiligt war, erschien am Dienstag in der Fachzeitschrift «Nature Communications».

Befeuert durch den menschengemachten Klimawandel schrumpfen die Gletscher immer schneller. Der Rückgang des arktischen Eises bedroht etwa das Überleben der Eisbären, es entstehen aber auch neue Möglichkeiten für Lachspopulationen. Zwar setzen Hitzewellen im Ozean, wenig Wasser im Sommer und übermässig warme Wassertemperaturen derzeit viele Wildlachspopulationen unter Stress. Aber im Zuge des Klimawandels entstehen auch neue Flüsse und Bäche, die, wenn sie nicht zu steil für die Lachswanderung sind, als neue Habitate dienen können.
 

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Das internationale Forschungsteam modellierte die Massenveränderung für 315 Gletscher im westlichen Nordamerika bis ins Jahr 2100 und verknüpften dies mit Lachshabitat-Modellen. Demnach sei der Zugewinn an neuen Lebensräumen so erheblich, «dass er an einigen Standorten zu einer neuen, beträchtlichen Steigerung der Lachsproduktion führen könnte», schreiben die Forschenden. Sie merken allerdings an, dass die Schaffung neuer Lebensräume, deren Kolonisierung und die Ausbreitung von Lachspopulationen ein Zusammenspiel vieler Faktoren sei. Die tatsächlichen Auswirkungen des Gletscherrückgangs auf die pazifischen Lachspopulationen hingen von den Wechselwirkungen mit anderen klimabedingten Stressfaktoren ab, etwa der Versauerung der Ozeane, extreme Überschwemmungen oder Dürren. All dies könnte auch zu einem Rückgang der Lachsbestände führen.

Zudem warnen die Forschenden von den Auswirkungen eines «modernen Goldrauschs»: In kürzlich entgletscherten Gebieten seien Bergwerke genehmigt und in derzeit noch stark vergletscherten Gebieten
zumindest Ansprüche gestellt worden. «Ein wirksamer Schutz des Pazifischen Lachses erfordert nicht nur die Erhaltung seines derzeitigen Lebensraums, sondern auch die Vermeidung der Verschlechterung seines künftigen Habitats», schliessen die Autorinnen und Autoren.