Die Meldungen zu Beginn des letzten Jahres wirbelten Staub auf. Amerika erlebte einen Shutdown. Die Folgen waren in den Nationalpärken bald spürbar. Viele der rund 60 Schutzgebiete waren zwar weiterhin geöffnet. Die Aufsicht allerdings fehlte, denn Hunderttausende Staatsangestellte erhielten kein Gehalt mehr – darunter auch die Mitarbeiter der Nationalparks. Im Nu verkamen viele Parks zu Müllhalden und verdreckten, nicht zuletzt, weil die Toiletten geschlossen waren. «Der Spiegel» schrieb damals sogar von einer «gesetzfreien Zone»: Als solche hätten Anwohner die Nationalparks bezeichnet. 

Mittlerweile ist die Haushaltssperre Geschichte. Doch erholt haben sich viele Parks nicht. Laut «geo.de» dürfte es lange dauern, bis die Folgen des Vandalismus behoben oder überwachsen sind. Die Schäden seien für 300 Jahre irreparabel, schrieb das Magazin. Zitiert wird Curt Sauer, der frühere Leiter des Joshua-Tree-Nationalpark im Südosten Kaliforniens. Auf einer Protestveranstaltung habe er gesagt: «Was unserem Park in den vergangenen 34 Tagen angetan wurde, ist für zwei- oder dreihundert Jahre irreparabel.»

Wild campen, Feuer entfachen, alte Felsen bemalen – die Zerstörungen waren tatsächlich gross. Besonders erschüttert zeigten sich Naturschützer darüber, dass Besucher einige der Hunderte Jahre alten Josua-Palmlilien gefällt hatten, die dem Park seinen Namen geben. Ähnliche Meldungen über Zerstörungen gab es auch an anderen Gebieten. 

Beitrag in den US-News zum geschlossenen Yosemite-Naturpark

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Nach dem Shutdown ebbte die Flut an Meldungen aus den Nationalparks ab. Die erneuten Einschränkungen dieses Jahr während der Corona-Pandemie scheinen ihnen nichts ausgemacht zu haben, im Gegenteil: Viele Gebiete wurden diesmal sicherheitshalber geschlossen. Im Yosemite-Nationalpark im kalifornischen Sierra-Nevada-Gebirge beispielsweise, der letztes Jahr besonders in Mitleidenschaft gezogen wurde, waren Anfangs noch die Wanderwege offen. Danach wurden auch sie gesperrt und damit kehrte vorübergehend Ruhe ein. 

Nun sorgt eine neue Meldung aus den Nationalparks der USA für Aufsehen, vor allem aus Naturschutzgebieten im Westen der USA wie dem Grand Canyon, den Rocky Mountains und Joshua Tree. Wissenschaftler um Janice Brahney von der Utah State University berichten im Fachmagazin «Science» von einer grossen Menge Plastikpartikeln in den Schutzgebieten. Erschreckend viele hätten sich dort schon abgesetzt. Und jährlich kommen neue hinzu: Mehr als 1000 Tonnen innert zwölf Monaten, hat das Forscherteam berechnet. Das entspreche etwa 123 Millionen Plastikwasserflaschen.

Grosse Dimension der Verschmutzung
Weitere Zahlenbeispiele veranschaulichen die Dimension der Verschmutzung. Die Gesamtfläche der überprüften Gebiete beträgt 496'350 Quadratkilometer. Von diesem Wert ausgehend bedeutet das, dass auf einem Quadratmeter täglich 132 Plastikpartikel landen. Die einen sind von Auge nicht sichtbar und landen auch in Lebensmitteln, im Schnee und im Trinkwasser. Andere sind bis zu fünf Millimeter gross. Bis zu diesem Durchmesser gelten Teilchen als Mikroplastik. 

Eine Frage beschäftigt die Wissenschaftler nun besonders, nämlich woher die Teilchen stammen. Nachforschungen haben ergeben, dass sie – wenig verwunderlich – aus Städten und besiedelten Gebieten kommen. In die Nationalpärke wurden sie unter anderem über die Gewässer eingetragen. Ein Teil des Mikroplastiks ist zudem über Regen und die Athmosphäre in die Parks gelangt.  Mühelos überwinden die Partikel dabei die Grenzen zwischen den Kontinenten, wie auch die ARD letztes Jahr meldete: «Mikroplastik wird in erheblichen Mengen auch über die Atmosphäre transportiert und landet so auch in entlegenen Gebieten der Erde – selbst auf treibenden Eisschollen im Polarmeer.»  

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Mehr 100'000 Tonnen Mikroplastik täglich
Ein grosser Teil der Verunreinigungen in den US-Nationalparks ist jedoch hausgemacht. Berechnungen zufolge produziert jede Person im Land 340 Gramm Plastikmüll pro Tag. Bei 330 Millionen Einwohnern in den USA kommt da die grosse Menge von über 100'000 Tonnen pro Tag zusammen. Laut der Studie seien Einkaufssäcke darin noch nicht mitgezählt. Der tatsächliche Wert dürfte somit um einiges höher liegen.

Das meiste Mikroplastik in den USA stammt aus Kleidungsstücken und Industriematerialien. Dazu gehören die Emissionen, die über den Reifenabrieb in die Umwelt gelangen – ein Problem, das kürzlich auch in der Schweiz erforscht wurde: Wie «Tierwelt online» am 17. Mai berichtete, ist hierzulande die grösste Quelle der Verschmutzung mit sogenanntem Mikroplastik gemäss einer Studie der Reifenabrieb auf den Strassen. Dieser besteht mehrheitlich aus Gummi und Russ. Gemäss einer Modellrechnung des Bundesamtes für Umwelt (Bafu) gelangen davon jährlich rund 8100 Tonnen in die Umwelt – allein schon in der Schweiz.

In den USA stammt ein Drittel des Mikroplastiks in den Naturpärken laut des «Science»-Magazins wahrscheinlich von Industriefarben und Glasuren. Welche Folgen die Belastung für die Gebiete hat, ist Gegenstand weiterer Untersuchungen.

Über die Folgen der Mikroplastik-Belastung auf die Menschen indes wurde bereits mehrfach geforscht. Demnach nehmen wir allein schon über die Ernährung jährlich 40'000 bis 50'000 Plastikpartikel auf – ohne Berücksichtigung der Mengen durch Inhalation. Über die Risiken für die Gesundheit allerdings gibt es noch keine klaren Schlüsse. Vermutet wird indes, dass Mikroplastik Entzündungsreaktionen auslöst. Kritisch sind zudem die chemischen Substanzen wie Insektizide oder Weichmacher, die mit den Teilchen aufgenommen werden.