Für Katze Lucy ist heute Impftag. Ihre Besitzerin weiss, was das bedeutet. Schon seit einer Woche bereitet ihr die Vorstellung, mit Lucy zur Tierärztin fahren zu müssen, schlaflose Nächte, denn bei der Impfung im vorigen Jahr spielten sich dramatische Szenen ab. Los ging es schon daheim. Lucy hätte nach dem Frühstück in der Wohnung bleiben sollen, damit für den Termin am Nachmittag nichts schiefgeht, ist aber beim Lüften über den Balkon entwischt. Das war der erste Nervenstress. 

Tagelang schlechte Laune
Zum Glück tauchte die Katze mittags wieder auf. Dann achtete ihre Besitzerin peinlich genau darauf, dass Lucy kein weiteres Mal ausbüxen konnte. Ihr Liebling dankte es mit aggressiver Maunzerei vor der Tür. Beim Einfangen ging das Theater weiter. Lucy ahnte wohl, dass etwas Unangenehmes in der Luft lag, und verkrümelte sich zuerst hinter den Vorhang, dann unters Sofa. Ihre Besitzerin verlor die Geduld, scheuchte sie mit einem Besen heraus und packte sie im Nackenfell. Dafür kassierte sie einen Hieb mit den Krallen. Dann steckte sie das Kätzchen in die Transportbox. Bei der Tierärztin angekommen, war Lucy vor Panik wie versteinert und noch Tage danach hing der Haussegen schief. Kein Wunder also, dass Lucys Besitzerin heute ziemlich aufgeregt ist.

Kommt Ihnen das Szenario bekannt vor? Dann lohnt es sich, vor dem nächsten Besuch beim Doktor regelmässig ein paar Dinge spielerisch einzuüben.

Das Einfangen: Katzen hassen Veränderungen und müssen deshalb sanft an die Transportbox gewöhnt werden. Am besten so: Stellen Sie die Box zu Hause an den Lieblingsplatz des Stubentigers. Das Türchen bleibt offen. Im Käfig liegt das Lieblingsspielzeug, manchmal auch ein Leckerli. Auf diese Weise hat eine Katze die Box nach etwa zwei Wochen als zweite Heimat akzeptiert. Tragen Sie die Box mit dem Tier darin einmal täglich durch die Wohnung. 

Übung macht den Meister
Erst jetzt geht’s ins Auto. Stellen Sie die Box mit Katze auf die Rückbank. Beruhigen Sie das Tier mit sanfter Stimme und starten Sie kurz den Motor. Wiederholen Sie diese Übung an drei Tagen hintereinander. Erst dann machen Sie die erste Probefahrt, die nicht länger als zehn Minuten dauern soll. Die Box wird dazu mit den Sicherheitsgurten befestigt. Nimmt die Katze diese Ausfahrten gelassen hin, wird es binnen kurzer Zeit keine Probleme im Auto mehr geben. 

Ein Katzenkorb aus Bast, der bis auf eine Öffnung rundherum geschlossen, ist für den Besuch beim Tierarzt wenig geeignet. In solchen Modellen kann sich die Katze zu gut verkriechen, ein ängstliches Tier muss dann regelrecht aus seiner Höhle gezerrt werden. Im Idealfall lässt sich der Deckel der Transportbox abheben. Dann kann der Tierarzt vorsichtig anfangen, das Kätzchen zu streicheln und es abzuhören und dabei eine entspannte und angstfreie Situation herzustellen. 

Damit es erst gar nicht zur Tierarztpanik kommt, empfiehlt es sich, zu Hause in der gewohnten Umgebung den Untersuchungsgang zu üben. Vorteil: Dabei bekommen Sie auch gleichzeitig selbst eine Übersicht über den Gesundheitszustand. Überprüfen Sie sanft und geduldig folgende fünf Punkte, auf die es ankommt. Tipp: Nehmen Sie sich einen festen Untersuchungstag vor, beispielsweise immer den ersten eines Monats. 

1. Gewicht: Nehmen Sie die Katze auf den Arm, und stellen Sie sich auf die Waage. Danach wiegen Sie sich selbst ohne Katze. Berechnen Sie die Differenz, schon wissen Sie, wie schwer das Tier ist. Notieren Sie sich das Gewicht. So bekommen Sie über längere Zeiträume eine gute Übersicht, ob der Stubentiger immer dicker wird, Gewicht verliert oder konstant schlank bleibt. 

2. Maul: Spreizen Sie behutsam Ober- und Unterkiefer auseinander und schauen Sie, ob die Zähne weiss und glänzend sind. Hat das Tier Mundgeruch? Das kann auf Zahnstein und Entzündungen hinweisen. Rund ums Maul muss es trocken sein, starkes Sabbern deutet auf eine Krankheit hin. 

3. Augen, Nase, Ohren: Überprüfen Sie, ob Ihr Liebling verklebte Augen oder eine verschmierte Nase hat. Die Ohren müssen sauber sein und die Haut blass-rosa. Wenn es schmutzig aussieht, könnte die Katze Milben haben. Diese saugen Blut und scheiden dann einen schwarzen, krümelig aussehenden Kot aus, der wie Dreck erscheint. 

4. Fell und Haut: Streicheln Sie das Tier vom Kopf bis zur Schwanzspitze – den Bauch nicht vergessen! Gesundes Fell ist weich und glänzend. Schwarze Pünktchen im Haarkleid können Flohkot sein. Streicheln Sie das Tier nochmals mit etwas mehr Druck. So können Sie Knoten, Zecken oder Abszesse spüren. Bei Langhaarkatzen bilden sich oft Haarballen. Bürsten Sie das Tier beim Streicheln und Abtasten zusätzlich. Pfotenkontrolle nicht vergessen!

5. Verhalten: Wie führt sich Ihr Tier auf? Ist es verspielt und lustig? Oder liegt es schon länger nur schlapp herum? Hat es guten Appetit? Trinkt es mehr als sonst?

Im Notfall helfen Bachblüten
Dieser kleine, aber feine Untersuchungsgang daheim kann den nächsten Tierarztbesuch erheblich erleichtern. Bei Katzen ist es wichtig, sich Zeit zu lassen. Mit Druck kommt man bei ihnen nicht weiter. Am besten klappt die Untersuchung eines ängstlichen Samtpfötchens, wenn die Atmosphäre ganz ruhig ist. Und: Wer öfter übt, hat seltener Probleme. Die Katze kann in der Transportbox auch einmal zu einem Betreuer gebracht werden und zum Tierarzt mitfahren, nur um eine Wurmkur abzuholen – ganz ohne Spritze. Je normaler die Situationen sind und je weniger unnormal sich der Mensch verhält, desto besser klappt’s. 

Bei ganz schweren Fällen von Tierarztphobie schwören viele Katzenbesitzer auf Bachblüten. Wenn auch wissenschaftlich nicht untermauert, gibt es immer wieder positive Berichte. Gemäss Empfehlung soll eine alkoholfreie Mischung folgender Blüten gegen Ängste helfen: Nr. 2, Nr. 20 und Nr. 26. Geben Sie der Katze drei Wochen lang viermal täglich vier Tropfen direkt auf die Zunge. Womöglich klappt so schon der nächste Tierarztbesuch viel besser.