Spaziergängerinnen und Wanderer kennen diese Situation: Sie nähern sich einer Herde Neuweltkameliden und fragen sich: «Sind das jetzt Lamas oder Alpakas?» Dann hat sicher auch schon einmal jemand geantwortet: «Das sind bestimmt Lamas.» Einer, der die Frage garantiert richtig beantworten kann, ist Markus Kyburz. Er ist Präsident des Zuchtvereins Neuweltkameliden Schweiz mit 490 Mitgliedern und hält seit 2007 eigene Alpakas im Kanton Zürich. Er ist heute einer von vielen Züchtern. Denn mittlerweile leben in der Schweiz rund 6000 Alpakas und 3000 Lamas, wie Kyburz auf Anfrage sagt. «Tendenz steigend.»

Was die Tiere so beliebt macht, sei ihre unkomplizierte, ansprechende Art und ihr angenehmer Charakter. «Vor allem jüngere Leute und Landwirte interessieren sich für die Zucht der Tiere», sagt Kyburz. Die Tiere würden sich nicht grundsätzlich von anderen Paarhufern wie Schafen oder Ziegen unterscheiden, ausser dass sie als einzige Schwielensohlen haben – also einen breiten und weichen Fussballen. Sie bringen ausserdem eine weitere besondere Eigenschaft mit sich: «Sie verrichten ihr grosses Geschäft an einem bestimmten Ort, den wir Menschen Toilette nennen würden.»

Um Lamas und Alpakas halten zu dürfen, braucht es im Gegensatz zu anderen Tieren schon ab dem ersten Tier eine Ausbildung. Es ist zwar nicht Pflicht, die Tiere zu registrieren, aber man muss einen eintägigen Sachkundekurs besuchen. «Deshalb ist die Schwarzziffer der hier lebenden Tiere gross.» Genutzt werden die südamerikanischen Tiere laut Kyburz unterschiedlich. Lamas vor allem für Trekking-Ausflüge, Therapien und für ihr Fleisch, das man meist in den Hofläden der Züchter findet. Alpakas sind nach wie vor beliebt für ihre Wolle, die in diversen Schweizer Spinnereien verarbeitet wird, und ebenfalls für Trekking-Angebote oder Tiertherapien. Sowohl Lamas als auch Alpakas werden auch für die Landschaftspflege eingesetzt, da sie Weidetiere sind.

Und wie unterscheidet man die beiden Neuweltkameliden, die sich für ungeübte Augen wie Zwillinge gleichen, nun voneinander? «An den Ohren», sagt Kyburz. Lamas haben nämlich sogenannte Bananenohren: Sie sind länglich und leicht gekrümmt. Alpakas hingegen haben gerade, kürzere und spitze Ohren. Es gibt aber noch weitere Merkmale, die ein Lama von einem Alpaka unterscheiden.

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Das Lama (Lama glama)

Lamas sind ebenfalls eine domestizierte Kamelidenart, die ursprünglich aus den Anden in Südamerika stammt. Sie wurden früher zum Tragen von Lasten eingesetzt. Archäologische Funde belegen, dass ihre Urformen, die Guanakos, bereits zwischen 10 000 und 5000 v. Chr. gejagt und genutzt wurden. Mittlerweile werden sie für Trekking und Therapien, aber auch für die Fleischproduktion gehalten. Es gibt drei unterschiedliche Typen von Lamas: das Classic-Lama, das Woolly-Lama und das Suri-Lama. Sie unterscheiden sich vor allem im Vlies voneinander. Allgemein können Lamas über 20 Jahre alt werden und ernähren sich wie Alpakas vorwiegend von Gräsern.

Eigenschaften:

• lange, bananenförmige Ohren

• länglicher Kopf mit wenig Bewollung

• langgezogene Schnauze

• sind grösser als Alpakas und wiegen 150 bis 200 kg

• ihr Körper wirkt eher schlank

• wurden früher als Lasttiere gehalten und gezüchtet

• werden heute zum Trekking, als Therapietiere und für ihr Fleisch gehalten

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Das Alpaka (Vicugna pacos)

Alpakas sind eine aus den Vikunjas domestizierte Kamelidenart, die ursprünglich aus den Anden in Südamerika stammt und für ihre Wolle gezüchtet wird. Ihr Bestand in Peru mit etwa 3,5 Millionen Tieren ist immer noch sehr hoch. Es sind Herdentiere, die sich von Gräsern ernähren und bis zu 20 Jahre alt werden können. Grundsätzlich gibt es zwei Typen der Tiere: die Huacaya- und die Suri-Alpakas. Sie unterscheiden sich vor allem im Vlies voneinander. Das Vlies der Huacaya-Alpakas ist kruselig und flauschig weich. Darum wirken sie rundlicher und niedlicher. Die Suri-Alpakas hingegen besitzen ein gewelltes, glattes und hängendes Vlies, das sie schlanker erscheinen lässt. Die Fellfarben beider Tiere reichen von Weiss über Beige bis hin zu Braun oder rötlichem Braun, Grau und Schwarz.

Eigenschaften:

• gerade, spitzförmige Ohren

• rundlicher Kopf mit wenig oder viel Bewollung

• kurze, rundliche Schnauze

• weiches und üppiges Fell

• kleiner als Lamas und wiegen 60 bis 100 kg

• Körper wirkt eher rundlich

• werden zum Trekking, als Therapietiere und für ihre Wolle gehalten