«Papierkrieg und Zeitaufwand»
Ausgesetzt im Tierpark Lange Erlen in Basel: Wenn Haustiere plötzlich im Zoo landen
Wollen Menschen ihre Tiere loswerden, werden diese nicht selten in Zoos hinterlassen. Dieses Szenario geschieht zwar vielleicht in bester Absicht für das Tier, ist aber illegal und für Zoos ein Ärgernis. Der Tierpark Lange Erlen in Basel kann ein Lied davon singen.
«Kein Aprilscherz: Gleich zwei Tiere wurden gestern im Tierpark Lange Erlen ausgesetzt.» Mit diesen Worten meldete sich der Basler Tierpark Lange Erlen am 1. April auf Instagram zu Wort. Im Besucherbereich des Affenhauses fanden die Mitarbeitenden einen beringten Wellensittich, auf einer Grünfläche stiessen sie auf eine Griechische Landschildkröte.
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«Wir fanden beide Tiere am 31. März, etwa in der gleichen Zeitspanne», schildert Betriebsleiter Ueli Käser auf Nachfrage der TierWelt. «Ich vermute, dass zwischen den beiden Tieren ein Zusammenhang bestehen könnte.» Sowohl der Wellensittich als auch die Griechische Landschildkröte seien wohlauf.
Funde wie diese beiden Tiere bedeuten aber für die Verantwortlichen des Tierparks vor allem eines: Mehraufwand. «Als Tierpark sind wir keine Auffangstation. Werden Tiere bei uns ausgesetzt, heisst das für uns primär Papierkrieg und Zeitaufwand», betont Käser.
In solchen Fällen sorge man jeweils dafür, dass die ausgesetzten Tiere von einer geeigneten Institution übernommen werden. «Bei uns ausgesetzte Tiere behalten wir nie selbst. Meistens kontaktieren wir ein Tierheim oder das Veterinäramt. Dann ergibt sich eine Lösung in einem Tierheim oder bei einer Privatperson.»
Doch gerade letztere Variante sei für das Team mit Zusatzaufwand verbunden: «Wir müssen uns gesetzlich und vertraglich absichern, unter anderem mit Haltebedingungen. Privatpersonen müssen schliesslich wissen, was sie aufnehmen.» Meistens kämen daher eher Tierheime infrage, die jedoch nicht immer Kapazitäten für die Aufnahme der Findlinge haben. «Gerade die gefundene Griechische Landschildkröte wird nicht von einem Tierheim übernommen. Da wird es auf eine Privatlösung hinauslaufen», sagt Käser.
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Seit 13 Jahren arbeitet Ueli Käser im Tierpark Lange Erlen, seit letztem Oktober ist er als Betriebsleiter tätig. Der Wellensittich und die Griechische Landschildkröte sind bei Weitem nicht die ersten fremden Tiere, die im Tierpark gefunden wurden. «Vorfälle wie dieser kommen etwa fünf bis sechs Mal im Jahr vor.»
Die Mitarbeitenden hätten bereits angeleinte Hunde, zahme Frettchen und frei laufende Kaninchen gefunden. «Ein Herr kam mit sechs weissen Kaninchen in einer Schachtel vorbei und fragte, ob er sie uns überlassen könne. Wir lehnten ab und erklärten, dass wir eben keine Auffangstation sind. Eine halbe Stunde, nachdem er das Gelände verlassen hatte, hoppelten die Kaninchen frei im Tierpark herum.» Im Frühling würden auch regelmässig Gelbwangen- und Rotwangen-Schmuckschildkröten gefunden. «Diese Arten finden wir immer wieder im Weiher, der eigentlich für unsere Europäischen Sumpfschildkröten gedacht ist. Den Einheimischen tut es nicht gut, wenn fremde Schildkröten einfach in ihrem Wasser ausgesetzt werden!»
Aussetzen ist eine Straftat
Der Tierpark Lange Erlen ist nicht die einzige Institution, welche bereits Bekanntschaft mit fremden Tieren auf dem eigenen Gelände gemacht hat. Im Papiliorama in Kerzers (FR) wurden 2014 Leopardgeckos ausgesetzt – eine Art, die sich von Schmetterlingen ernährt und sich somit in der Schmetterlings-Kuppel pudelwohl gefühlt haben dürfte.
Die ausgesetzten Geckos vermehrten sich sogar, was das Papiliorama-Team viele nächtliche Kontrollen gekostet hat, um die Population in Schach zu halten. Auch im Walter Zoo in Gossau (SG) wurde das Meerschweinchen-Gehege vor drei Jahren um zwei Weibchen ergänzt – vermutlich durch Besuchende. «Was zwar süss klingt, ist für uns ganz und gar nicht cool», betonte der Zoo im September 2022 auf Instagram.
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Jedes Tier, das in den Zoo komme, müsse ein paar Wochen in der Quarantänestation verbringen, um auf mögliche Krankheiten überprüft zu werden. Denn: Eingebrachte Parasiten oder Erreger könnten schlimmstenfalls den Tod der ganzen Gruppe bedeuten. Der Walter Zoo geht davon aus, dass die Person, welche die Meerschweinchen ausgesetzt hat, im Guten gehandelt hat – genau wie auch der Tierpark Lange Erlen.
Die Leute, die ihre Tiere im Tierpark lassen, würden es wahrscheinlich nicht schlecht meinen, sagt Ueli Käser. Doch der Betriebsleiter appelliert: «Man sollte sich sehr gut überlegen, ob man sich ein Haustier anschafft. Mit einer Aussetzung macht man sich strafbar!» Und die Strafe kann saftig ausfallen: Gemäss Tierschutzgesetz (TSchG) gilt das Aussetzen oder Zurücklassen von Tieren als Tierquälerei. Laut Artikel 26 kann das vorsätzliche Aussetzen eines Tieres mit einer Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren geahndet werden.
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