Tiere üben eine geradezu magische Anziehungskraft auf Kinder aus. Während manche Kinder sich trotzdem zurückhaltend gegenüber Hunden und Katzen zeigen, sind andere kaum zu halten und würden am liebsten jeden Vierbeiner streicheln. Dabei können jedoch auch Gefahrensituationen entstehen, die vielleicht hätten verhindert werden können. Pro Jahr werden etwa 10 000 Menschen in der Schweiz von Hunden gebissen, wie eine Studie aus dem Jahr 2001 schätzt. Davon waren in 34 Prozent der Fälle Hunde von Bekannten, in 24 Prozent der Fälle sogar der eigene Hund Verursacher. Kinder werden dabei doppelt so oft gebissen wie Erwachsene.

Das liegt daran, dass Kinder gegenüber Hunden oft kaum Scheu oder Hemmungen zeigen, oder im Gegenzug dazu ängstlich sind. Respekt auf- und Ängste abzubauen ist das Ziel des Vereins Kind & Hund, Sicherheit im Umgang mit Hunden zu vermitteln ist. Dazu gehen die ehrenamtlichen Mitglieder mit ihren Vierbeinern in Schulen und Kindergärten im ganzen Kanton Bern. Unter dem Motto «Angst abbauen, Respekt aufbauen, Unfälle verhüten» soll Kindern im Alter zwischen vier und zehn Jahren der richtige Umgang mit Hunden im Alltag nähergebracht werden.

[IMG 2]

Wer streicheln will, muss fragen

Nach dem Theorieteil, in dem spielerisch die Körpersprache der Hunde vermittelt wurde, geht es raus in den Garten. Hier wartet bereits Silvia Stähli mit Mirosh, einem schwarzen Briard. Die beiden haben eine zehntägige Schulung durchlaufen, um mit den Kindern arbeiten zu dürfen. «Als Vereinsmitglieder dürfen wir nie vergessen, dass unser Hund für die Kinder in dem Moment den Hund schlechthin repräsentiert», erzählt Stähli. So darf Mirosh auch mal bellen oder aufgeregt sein, denn so bekommen die Kinder ein realistisches Bild von einem Hund, wie sie ihm jeden Tag auf der Strasse oder im Park begegnen könnten. Trotzdem gehorcht Mirosh seiner Besitzerin aufs Wort und hat sichtlich Freude an dem Interesse, das ihm die Kinder entgegenbringen. Nun üben die jungen Tierfreunde, was man tun soll, wenn man einen Hund gerne streicheln möchte. «Man muss immer fragen!», weiss der achtjährige Valentin. In den Kontakt mit dem Hundebesitzer zu treten, ist für viele Kinder eine grosse Hürde, denn schliesslich müssen sie auch mit einem Nein rechnen und lernen, dies zu akzeptieren. Umso grösser ist die Freude, wenn stattdessen ein Ja als Antwort kommt. Silvia Stähli mimt die Hundebesitzerin, die mit ihrem Vierbeiner Gassi geht, und zeigt den Kindern, wo sie Mirosh streicheln dürfen. «Nicht alle Hunde mögen am Kopf gekrault werden, darum streichelt man sie am besten ganz sanft am Rücken», erklärt sie. Zuerst aber lassen die Kinder Mirosh an ihrer Hand schnuppern, denn nicht nur der Besitzer, auch der Hund möchte begrüsst werden.

Bei Mirosh dürfen die Kinder auch mal die grossen Pfoten und Zähne von Nahem begutachten. Vor Letzteren haben alle grossen Respekt. Darum wird die nächste Übung umso wichtiger. «Was macht ihr, wenn ein Hund auf euch zu rennt und euch euer Guezli wegnehmen will?», fragt Kursleiterin Steffi Buri. «Wegrennen!», ruft ein Junge. «Nein, sonst denkt der Hund doch, du willst spielen!», korrigiert ein Mädchen. Dass die Kinder das Guezli aber fallen lassen sollen, das verblüfft sie dann doch. «Auch wenn es euer Spielzeug oder Mittagessen ist. Lasst es fallen und erzählt es einem Erwachsenen», bläut Buri den Kindern ein. Und was, wenn man spielt und ein Hund kommt angerannt? «Dann tut so, als wärt ihr ein Baum», sagt Buri und stellt sich demonstrativ steif, mit angelegten Armen vor ihr Publikum. Baum spielen, das ist eingängig. So dürfen die Kinder jetzt im Garten zum Üben Fangen spielen und beim Kommando «Achtung, Hund!» stocksteif stehen bleiben und zu Bäumen erstarren. Mirosh rennt als Testhund zwischen der Schar durch, ignoriert die ruhig dastehenden Kinder und gibt ihnen so die direkt erlebte Rückmeldung, in Ruhe gelassen zu werden.

[IMG 3]

Nach der Veranstaltung wird Steffi Buri noch eine Weile von den kleinen Besuchern mit Fragen bombardiert. Ihren Cane Corso Aramis hat sie heute zu Hause gelassen. Er kommt öfters bei Einzelinterventionen zum Einsatz, bei denen auf Wunsch der Eltern mit einem einzigen Kind gearbeitet wird, welches zum Beispiel aufgrund schlechter Erfahrungen besonders ängstlich auf Hunde reagiert. Dass der Kurs Sicherheit vermittelt, erfährt der Verein durch das Feedback der Eltern. 73 Prozent der Kinder hätten demnach durch die Schulung an Sicherheit gewonnen. Auch Valentin erzählt am Abend begeistert davon, dass er am Schluss mit Mirosh noch eine Runde mit der Leine spazieren gehen durfte. Dass Silvia Stähli dabei eine zweite Leine in der Hand hielt, hat der Junge gar nicht bemerkt. Viel zu stolz war er, dass der grosse Hütehund neben ihm herlief.

Testen Sie Ihr Wissen und das Ihres Kindes mit unserem Hundequiz.