Einerseits nutzen Menschen Tiere zu Nahrungszwecken und um Versuche mit ihnen durchzuführen. Andererseits halten sie Tiere als Freunde, aus Interesse und zu Zuchtzwecken. Die Mensch-Tier-Beziehung ist je nach geografischer Region unterschiedlich. So gelten Kühe in Europa als Nutztiere, sind in Indien aber teilweise heilig. Der Hund ist hier liebster Begleiter des Menschen, während er im Nahen Osten als unrein gilt und in manchen Regionen Asiens gar gegessen wird.

Die frühe Form des Menschen tauchte vor etwa zwei Millionen Jahren in Afrika auf, doch erst seit etwa 12 000 Jahren begann der Mensch, Tiere zu halten. Damals wurde er sesshaft, die Jagd verschob sich zur Landwirtschaft. Das führte zu einem fundamentalen Wandel in der Beziehung von Mensch und Tier. Archäologische Funde zeigen, dass der Wolf zu den ersten Tieren gehört, die den Übergang vom Wild- zum Heimtier vollzogen.

[IMG 2]

Dass Tiere rein zur Freude gehalten werden, ist kein Phänomen moderner, reicher Gesellschaften. Es stimmt zwar, dass schon in der Antike Tiere als Statussymbole galten und dass an Herrscherhöfen in Europa auffallend viele Tiere gehalten wurden. Doch Tierhaltung, die keinem erkennbaren Zweck dient, scheint dem sesshaften Menschen ein Bedürfnis zu sein. Ureinwohner Nord- und Südamerikas sowie Asiens zähmen und halten seit jeher verschiedenste Tiere wie Waschbären, Affen und Vögel.

Dem Tier wird im Haushalt Schutz und Ernährung gewährt, es verliert seine Scheu und lebt unter den Menschen wie ihresgleichen. Die Heimtiere werden niemals gegessen oder getötet, auch wenn sie einer Art angehören, die als essbar eingestuft wird, und wenn sie sterben, werden sie oft in der Nähe des Hauses beerdigt. Die Zuneigung von Ureinwohnern zu ihren Tieren unterscheidet sich kaum von derjenigen von Europäern.

[IMG 3]

Kompetitive Rassezucht

Ob irgendwo im Regenwald Südamerikas oder in einer Stadtwohnung Europas, die Freude an der Kreatur ist die Hauptmotivation, ein Heimtier zu halten. Ohne Freude würde kaum jemand den Aufwand oder die Kosten auf sich nehmen, täglich für ein Tier zu sorgen.

Die Tierliebe hat verschiedene Ausprägungen. Eine davon ist die Rassezucht. Der Hund beispielsweise wurde trainiert und nach Charaktereigenschaften und äusseren Merkmalen gezüchtet. Dabei definiert der Mensch Merkmale wie das Erscheinungsbild und die Charaktereigenschaften. So entstanden aus dem Wolf die verschiedenen Hunderassen und schliesslich auch aus der Ägyptischen Falbkatze die unterschiedlichen Rassekatzen.

[IMG 5]

Der Rassezucht verschreiben sich auch Züchterinnen von Kaninchen, Meerschweinchen, Farbmäusen, Hühnern, Kanarienvögeln, Wellensittichen, Kampffischen und Guppys. Auch diese Tiere werden nach ihrem Aussehen gezüchtet und von Zuchtrichtern bewertet, die eine spezielle Ausbildung absolviert haben. Der Rassezüchter will Tiere züchten, die nahe am Standard liegen, und möchte mit seinen Nach-zuchten bei Prämierungen gewinnen. Rassezüchter halten meist viele Tiere, um in verschiedenen Bluts-linien zu züchten. Das Individuum steht weniger im Fokus als die Rasse und das Rasseideal.

Während sich Hunde und Katzen streicheln lassen, sind Vögel, Reptilien, Amphibien und Fische meist Beobachtungstiere. Ein weiterer Unterschied zu den Hunden und Katzen besteht darin, dass es sich meist um Wildtiere handelt. Einzig Kanarienvögel, Wellensittiche und Japanische Mövchen werden schon in so vielen Generationen durch den Menschen gezüchtet und züchterisch verändert, dass sie als domestiziert gelten. Wie die Zähmung des Wolfs in der Rassezucht von Hunden gipfelte, begann die Wildtierhaltung mit dem gefangenen Tier und entwickelte sich zu einem Artenschutzprojekt.

Zahlreiche Lebensräume verschwinden wegen des ungebremsten Wachstums der Menschheit. Darum sind auch viele Tierarten gefährdet. Bestände von manchen Amphibien, Reptilien, Fischen und Kleinvögeln beschränken sich oft auf kleine geografische Gebiete und sind darum besonders gefährdet. Werden solche Arten gehalten, bilden sie wichtige Genreserven. Private Züchter leisten da einen wichtigen Beitrag zum Artenschutz. Auch das kann eine Motivation sein, Tiere zu halten.

Gegen das Aussterben

In der Vivaristik wird dieser Einsatz unter dem Begriff «Citizen Conservation» zusammengefasst. In koordinierten Zuchtprojekten werden Arten ausserhalb ihrer Verbreitungsgebiete erhalten, dies in Zusammenarbeit mit zoologischen Gärten nach dem Motto: Gemeinsam gegen das Aussterben. Ein Beispiel ist der Pátzcuaro-Querzahnmolch, ein Verwandter des Axolotls. Er kommt ausschliesslich im gleichnamigen See im mexikanischen Hochland vor. Durch Umweltverschmutzung und Überfischung ist er in seinem natürlichen Lebensraum fast ganz verschwunden. Mit dem Projekt Citizen Conservation wurde eine Population mit 145 Tieren in 25 Haltungen aufgebaut. Auch bei Vogelarten wirkt sich die Haltung und Zucht unter Menschenobhut positiv aus. Von der Gouldamadine gibt es mehr Vögel unter Menschenobhut als in Australien. Private Züchter generieren wertvolles Wissen zur Fortpflanzungsbiologie verschiedener Arten. Fachliteratur zeugt davon. Die private Wildtierhaltung hat sich vom Verbrauch zur Vermehrung und Arterhaltung entwickelt.

[IMG 4]

Kleinvögel, Fische oder Reptilien in nachgebildeten Lebensraumausschnitten zu halten, ist eine weitere Motivation der Tierhaltung im Wohnbereich. Die Natur im Wohnzimmer bietet Erholungs- und Beobachtungsmöglichkeiten. Eine Naturlandschaft im Terrarium oder der Voliere vor sich zu haben tut der Seele gut und weckt die Kreativität.

Ob Hund, Molch oder Biotopausschnitt – Freude und Interesse sind Hauptfaktoren der Tierhaltung. Sie kann aber auch dem Artenschutz dienen. Die Bezugnahme von Mensch und Tier fördert das Verständnis für die Natur schlechthin. Schliesslich ist die Tierhaltung ein uraltes menschliches Bedürfnis.