Gackernde Hühner, Kühe auf der Weide, trompetende Gänse am Teich, Ziegen, die Blätter von der Hecke zupfen. Ein Bauernhof ist ein Anziehungspunkt. Umgeben von Obstbäumen und einem üppigen Garten mit Blumen und Gemüse steht er an der Sonnseite einer hügeligen Idylle. Am Horizont der Wald, unten im Tälchen murmelt ein Bach.

So idealistisch wird das ländliche Leben oft inKinderbüchern dargestellt. Das ist nicht reine Fantasie. Tatsächlich haben viele schöne Erinnerungen an Tage auf dem Land. Die Vielfalt der auf Bauernhöfen gehaltenen Tiere war gross, die Landschaft ist lieblich. Sind die Vorstellungen realistisch oder wird hier einem Bild gehuldigt, das es längst nicht mehr gibt?

Alte Höfe sind zweifellos noch da, doch neue kommen hinzu. Sie entsprechen so gar nicht mehr der Erinnerung an längst vergangene Tage. «Die landwirtschaftliche Architektur wirkt heute vereinheitlicht», sagt Riccarda Theiler. Die Kunsthistorikerin und Steinmetzin ist Bereichsleiterin Architektur und Hausforschung des Freilichtmuseums Ballenberg in Hofstetten bei Brienz im Berner Oberland. Es sei zwar schwieriger, einendistanzierten Blick auf die Baukultur der Zeit zu werfen, in der wir leben. «Tatsächlich war sie aber früher viel diversifizierter», sagt sie. Schon seit der ersten Hälfe des 20. Jahrhunderts sei eine Tendenz zu grossen Höfen festzustellen, regionale Unterschiede verschwämmen.

Bauernhoftiere auf dem BallenbergWährend der Saison beleben über 200 Bauernhof-Nutztiere das Gelände des Ballenbergs. Dabei handelt es sich oft um seltene Rassen. Kinder dürfen Tieren in einem separaten Streichelgehege nahekommen. Die Tiere haben eigens für sie eingerichtete Ställe undGehege. Sie passen bestens zur ländlichen Schweiz, wie sie der Ballenberg abbildet, waren Nutztierrassen einst doch an das Klima und Gelände angepasst, in welchem sie gehalten wurden. Die Vielfalt der Schweizer Nutztiere unterschied sich je nach Region und war viel grösser als heute.

Auch die Tierhaltung veränderte sich. War sie früher vielfältig und diente meist der Selbstversorgung, konzentrieren sich heutige landwirtschaftliche Betriebe eher auf einen Zweig, den sie intensivieren, beispielsweise auf Milchkühe, auf Mastschweine oder auf die Eierproduktion. Ein Beispiel: Hühner gehörten schon immer zu einem Schweizer Bauernhof. Die Eier dienten hauptsächlich dem Eigenbedarf. 1975 wurde auf noch fast jedem zweiten Landwirtschaftsbetrieb Geflügel gehalten, 2019 war es nur noch jeder vierte. Tierrassen werden heute auf ihre Leistung hin gezüchtet. So wurden etwa Appenzeller Spitzhauben- und Schweizer Hühner durch Legehybriden verdrängt, Simmentaler Kühe oder Rätisches Grauvieh durch Rassen mit hoher Milchleistung oder gutem Fleischertrag. Die neuen Gegebenheiten in der Tierhaltung erfordern neue Gebäude, die weniger lokal geprägt sind. Alte Bauernhöfe stehen aber noch zahlreich überall in der Schweiz. Riccarda Theiler beschäftigt sich mit ihnen.

Von reichen Landwirten und Taunern

Für die Kunsthistorikerin ist es kein grosser Aufwand, durch die ländliche Schweiz mit ihren typischen, alten Bauernhäusern zu wandern. Innerhalb von Minuten gelangt sie vom Jura ins Tessin und von der Ostschweiz bis nach Genf. «Was ab den 1960er-Jahren auf dem Ballenberg entstand, ist ein Ergebnis der Bauernhausforschung», erzählt die Kunsthistorikerin. Es handle sich dabei um eine recht junge Disziplin. Sie gehe in der Schweiz auf die 1940er-Jahre zurück. «Da wurde begonnen, sich im grösseren Rahmen mit dem Bestand von Bauernhäusern zu beschäftigen.» Die Motorisierung wurde vorangetrieben, der Trend zum Grossbetrieb griff auch in der Landwirtschaft um sich, sodass alte Höfe abgerissen und durch grössere und modernere Neubauten ersetzt wurden. «Die traditionelle Landwirtschaft trat in den Hintergrund», konstatiert Riccarda Theiler. Mit diesem Prozess wuchs aber auch die Erkenntnis, dass die architektonische Landschaft der ländlich gebauten Schweiz erhaltenswert ist. «Vorher lag der Fokus bei Erhaltung der Architektur auf dem Land eher auf repräsentativen Bauten wie Schlössern, Herrenhäusern oder Klöstern.»

«Die landwirtschaftliche Baukultur war früher viel diversifizierter.»

Riccarda Theiler, Kunsthistorikerin und Steinmetzin, Freilichtmuseum Ballenberg (BE)

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Arbeitslose Techniker und Architekten hätten damals den Auftrag erhalten, alles fotografisch zuerfassen, was mit der bäuerlichen Kultur zu tun hatte, wie Bauernhöfe, Scheunen, Sägen und Mühlen. «Es entstand eine umfangreiche Sammlung von Fotos, Plänen und Berichten. Daraus entwickelte sich die Schweizerische Bauernhausforschung, die systematisch weitergeführt wurde», erklärt Riccarda Theiler, die dem umfassenden Archiv vorsteht. Zu jedem Kanton sei schliesslich darüber publiziert worden, erstmals 1965, zum letzten Mal 2019.

Auf dem Ballenberg ist erhalten, was sonst unwiederbringlich verschwunden wäre. Das Freilichtmuseum wurde im Jahr 1978 mit 16 Gebäuden eröffnet. Heute sind insgesamt 103 historische ländliche Gebäude vereint. Über jedes ist eine Publikation erschienen. Das sei einzigartige Grundlagenforschung, betont die Kunsthistorikerin Riccarda Theiler. Sie lässt in ihrer Erzählung auch gleich die Geschichte des Bauernhauses aus Ostermundigen bei Bern lebendig werden, ein stattlicher Bau von 1797. «Es gehörte Bendicht Gosteli. Das wissen wir, weil er und seine Frau Anna Lehmann sich mit einer Inschrift im Haus verewigen liessen, zusammen mit dem Baumeister.» Das prächtige spätbarocke Bauernhaus sei in nur 18 Wochen aufgestellt worden, der Sockel habe aus Ostermundiger Sandstein bestanden und die Schauseite wurde aufwendig mit allerlei Ornamenten bemalt. «Die offene Frage ist, woher die Baumaterialien stammten. Sie mussten teilweise schon vorher vorhanden gewesen sein, sonst hätte ein solch stattliches Haus kaum innerhalb so kurzer Zeit erbaut werden können.» Gostelis voriges Gebäude ging nämlich in Flammen auf. Darum war er interessiert daran, bald wieder ein repräsentatives Zuhause zu haben. «Allerdings hat er sich nicht lange an seinem Prunkbau erfreuen können. Bereits ein Jahr nach der Errichtung, beim Einfall der Franzosen, wurde er bei der Verteidigung seines Anwesens erstochen und erschossen», erzählt Riccarda Theiler. Von Gosteli ist überliefert, dass der Landwirt auch Kapitänsleutnant und Drillmeister bei der Armee war.

Bendicht Gostelis Hof wurde von einer Vielzahl von Knechten und Mägden bewirtschaftet, die in ungeheizten Kammern unter dem Dach schliefen. Nebst den prächtigen Grossbauernhäusern, die von Wohlstand zeugen, gab es auch sehr karge und kleine Bauten. Sie gehörten Tagelöhnern, die in der Regel landlos waren, oder Taunern mit nur wenig Landbesitz. Im Freilichtmuseum Ballenberg sind zwei solche Bauten vertreten. Dazu gehört das mit Stroh gedeckte Kleinbauernhaus aus Leutwil im Aargau. Letzter Bewohner war Adolf Gloor. «Er war Kleinbauer und verdiente als Helfer beim Heuen und bei Waldarbeiten ein Zubrot. Er verstarb 1964», berichtet Riccarda Theiler. Die kleinen, dunklen Räume hinter dem tief herabgezogenen Strohdach lassen noch heute erahnen, wie bescheiden sich darin das Leben früher gestaltete. Auch solche Gebäude gehören zur landwirtschaftlichen Schweiz. Reiche Bauern hatten ihr Gesinde, das mit Pferden auf den Feldern arbeitete. Kleinbauern bewirtschafteten oft steiniges Land mit einer oder zwei Kühen, Tauner hielten zwei Ziegen, Tagelöhner vielleicht Kaninchen.

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Von Granit- und Schindeldächern

Wie kam Landbesitz zustande? Warum häuften einige viel an, andere gingen leer aus? Das habe mit derHelvetik und der Aufklärung zu tun. «Als es 1798 keine Lehensherrschaften mehr gab, konnten die Lehensbauern offiziell Eigentümer ihrer Bauernhöfe werden und ihren Besitz vermehren. Doch schon vorher existierte zwischen den Bauernfamilien ein starkes Gefälle in Bezug auf Eigentum und sozialen Status», sagt die Historikerin. Sie merkt an, dass die Schweiz aus einem zersplitterten Gebiet mit unterschiedlichen Herrschaftsformen bestand und die Besitzrechte sich zwischen den Territorien deutlich unterschieden.

Oft sind die Baumeister von historischen Schweizer Bauernhäusern unbekannt. Je älter die Bauten, desto seltener gibt es Kenntnisse über die Bauherrschaft. Riccarda Theiler sagt: «Ein eigenständiges Handwerk wurde die Zimmerei auf dem Land vor allem in der Neuzeit, etwa ab dem 17. Jahrhundert. Damals hätten Zimmerleute damit begonnen, sich und die Bauherrschaft in Inschriften zu verewigen, dies oft im Zusammenhang mit einem Segensspruch für das Haus. «Aus der Zeit davor ist häufig kaum etwas bekannt, da sind ganz viele blinde Flecken.» Dank der Dendrochronologie, der Jahrringuntersuchung der Bauhölzer, könne manchmal ein Baujahr ermittelt werden. «In der Regel wurde das Holz fallfrisch verarbeitet, das Fälljahr liefert also einige Indizien.»

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Riccarda Theiler erzählt die Geschichte des Ofenhauses von Heitenried (FR), dessen Erbauungsjahr auf 1800 geschätzt wurde. «Tatsächlich stellte sich bei einer Dendrountersuchung aber heraus, dass die Bäume, von denen das Holz für das Gebäude stammt, 1610/11 gefällt und das Gebäude demnach schon 1611 errichtet wurde.»

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In den Städten hatte das Handwerk eine hohe Bedeutung und war eigenständig. Auf dem Land führten die Leute lange Zeit im Nebenerwerb verschiedene handwerkliche Tätigkeiten aus und halfen einander aus. Während der Bau von Klöstern, Kirchen und Lehenshöfen gut beschrieben ist, liegt vieles zum Bauen auf dem Lande in früherer Zeit im Dunkeln, besonders in den alpinen Gegenden.

Besser bekannt sind die Kriterien, wie die Bauplätze für Bauernhäuser ausgewählt wurden. Riccarda Theiler fasst die beiden Hauptbeweggründe mit obrigkeitlichem Diktat und der Problematik von Naturgefahren zusammen: «Es gab vor allem im Mittelland einen Zwang, dass innerhalb einer geschlossenen Siedlung gebaut werden musste. So entstanden fest umgrenzte, dicht bebaute Dörfer.» Land sei schon immer knapp und darum kostbar gewesen. «Jeder Quadratmeter Kulturland war wertvoll und trug zur Existenzsicherung bei», betont die Forscherin. Gerade im alpinen Raum seien Naturgefahren zudem seit jeher ein Problem. «Häufig wurden Siedlungen darum auf Schutt- und Schwemmkegeln von Bergbächen erbaut. Die Wahrscheinlichkeit, dass es genau dort nochmals einen Murgang gab, sei als geringer eingeschätzt worden.

Dass es je nach Region so unterschiedliche Stilrichtungen von Bauernhäusern gebe, hinge mit der Frage zusammen, welche Ressourcen aus der Naturlandschaft zur Verfügung standen, um die Häuser zu errichten, und in welcher Zeitepoche gebaut worden sei. Auch die Wirtschaftsweise beeinflusste die Bauform. Welche Art von Landwirtschaft betrieben wurde, kam auf dieNaturlandschaft an. Im nördlichen Tessin beispiels-weise seien Gebäude meist aus dem lokal verfügbaren Stein oder einer Kombination von Stein und Holzerrichtet worden, sagt Riccarda Theiler. «Dächer wurden dort mit Steinplatten aus Granitgneis gedeckt. Im Mendrisiotto aber, im Süden des italienischsprachigen Kantons, stand dieses Material nicht zur Verfügung. Darum weisen die dortigen Bauernhäuser Coppi-Ziegeldächer auf wie in der angrenzenden italienischen Lombardei.»

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Typisch seien die Steinhöfe des Juras mit dicken Mauern und flachen Dächern. Alles sei unter einem Dach untergebracht. Ähnlich sei es bei Bauernhöfen im Mittelland. «In Gegenden mit viel Ackerbau wurden Vielzweckhäuser errichtet», erklärt Riccarda Theiler. Wohnteil, Hausgang, Tenn, Ökonomie und Stallteil, so habe die Anordnung ausgesehen. In den alpinen und voralpinen Gegenden herrschte die Getrenntbauweise vor. Wohnhaus und Ökonomiebauten wie Ställe und Speicher wurden separat errichtet. Im Berner Oberland sei vornehmlich mit Holz gebaut worden, auch beim Dachbau, wo Schindeln verwendet worden seien. Auch im deutschsprachigen Mittelland sei Holz beim Bau von Bauernhöfen verwendet worden, wohingegen im Waadtland und im Kanton Genf Stein verarbeitet wurde.

Erbaufteilung kann zu sozialem Abstieg führen

Das bäuerliche Erbrecht spiele eine grosse Rolle bei der baulichen Entwicklung und Ausgestaltung von Bauernhäusern. Es hat immer wieder dazu geführt, dass ursprünglich repräsentative Häuser aufgeteilt und Anbauten vorgenommen werden mussten. Als Beispiel nennt Riccarda Theiler den Bauernhof aus Tentlingen im Kanton Fribourg von 1792 mit reich dekorierter Fassadengestaltung. Sie erklärt: «Da das Erbrecht vorschrieb, den Besitz gleichmässig unter den männlichen Nachkommen aufzuteilen, mussten hier statt ursprünglich einer, ab dem frühen 19. Jahrhundert zwei Familien mit fünf Äckern und zwei Wiesen auskommen. Um beide Familien zu beherbergen, wurde ein weniger repräsentativer rückseitiger Anbau angefügt.» Für viele Bauernfamilien habe die Realteilung den sozialen Abstieg bedeutet. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurde das Haus gleichzeitig von 13 Personen ausunterschiedlichen Familien bewohnt.

Das konnte im Kanton Bern nicht passieren, wo auch heute noch der jüngste den elterlichen Hof erbt. Das hat dazu geführt, dass viele Berner Bauern in andere Landesteile auswanderten, etwa auch in die Ostschweiz. Wenn die älteren Brüder auch danach strebten, Landwirte zu werden, sahen sie sich nach einem Hof in einem anderen Landesteil um. Oder aber, sie verliessen gar das Land. Riccarda Theiler sagt: «Für unsere Häusergruppe aus Cugnasco im Tessin istbekannt, dass mehrere junge Bewohner nach Nordamerika emigrierten.» Oder aber der Vater hat gleich vorgesorgt: «Der Hof von Villars-Bramard (VD) von 1800 wurde schon zu Beginn so gebaut, dass er unter den Nachkommen aufgeteilt werden konnte», erzählt Riccarda Theiler. Tatsächlich sei später in der Küche eine Wand eingezogen und der Raum geteilt worden.

Ob kleine Landflächen nach der Erbteilung oder Grossbauernhof: «Die Frage der Existenzsicherungprägte die Ausrichtung der Landwirtschaft», sagtRiccarda Theiler. Erst nach der Helvetik von 1798 konnten aber Bauern vielerorts im Mittelland frei wählen, welche Art von Ackerbau sie betrieben. «Vorher gab es den Flurzwang. Das heisst, die in der Landwirtschaft tätigen Personen hatten beim Anbau der Feldfrüchte und der Nutzung der Äcker feste Vorgaben und konnten nicht frei wählen, was wann wo angebaut wurde», erklärt Die Bauernhausforscherin. Grundsätzlich war es so, dass diejenigen Tiere, die in einer Umgebung am besten zurechtkamen, sich dort auch etablierten. Darum gebe es reine Schmalviehalpen, weil nur Ziegen und Schafe überhaupt dorthin gelangt seien. Gerade im alpinen Raum haben sich die Güter auf Talbetrieb, Maiensäss und Alp verteilt. Bis heute wird die Alpwirtschaft praktiziert. Weidetiere wie Rinder und Kühe eignen sich am besten für solche Gebiete. Die Schweiz ist ein Grünland, denn 80 Prozent der alp- und landwirtschaftlichen Nutzfläche besteht aus von Gras bewachsenem Land. Im Seeland wird seit der JuragewässerkorrektionGemüseanbau auf der fruchtbaren Schwarzerde betrieben. Mildes Klima wie etwa im Wallis oder entlang des Genfer- und Neuenburgersees begünstigt den Rebbau.

Obst-, Weinbau, der Walnussbaum und auch Esel gelangten während der Antike durch die Römer in die Schweiz. Fast wie eine römische Villa mutet der Gutshof von Novazzano (TI) an, das im Kern ältesteGebäude des Freilichtmuseums Ballenberg. Es wurde über 700 Jahre stetig erweitert und geht in das13. Jahrhundert zurück. Die Eigentümer wohnten nicht auf dem Gut. Sie liessen es von Pächtern bewirtschaften, sogenannter Agrarkapitalismus.

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Riccarda Theiler erklärt, wie es auf den Ballenberg kam: «Über 100 Lastwagenladungen Steine mussten transportiert werden. Zuvor hatte die Kantonsarchäologie des Tessins exakte Aufnahmen des Gebäudesgemacht. Das half uns, es auf dem Ballenberg wieder aufzubauen.» Es handle sich um das komplexesteGebäude im Freilichtmuseum mit über 50 Räumen.

Im Gegensatz dazu sei der Transport eines Käsespeichers, ein Blockbau aus Lütschental im Berner Oberland, viel einfacher gewesen. «Bei Holzbauten werden die einzelnen Bauteile nummeriert und kartiert, also in einem Plan eingezeichnet. So wissen wir beim Wiederaufbau genau, wo welches Teil hingehört», stellt Riccarda Theiler klar. Auch Mörtel und Putz würden analysiert und möglichst nach dem gleichen Rezept hergestellt.

Derzeit findet im Freilichtmuseum mit dem Schulhaus aus Unterheid bei Meiringen die letzte Translozierung, also das Versetzen eines Gebäudes, statt. Bildung auf dem Land gehöre auch zur historischen ländlichen Schweiz, die der Ballenberg abbilden möchte, nebst der Tatsache, dass die verschiedenen Bautraditionen der Schweiz auf dem Ballenberg vertreten sein sollen, sagt die Kunsthistorikerin. Neue Gebäude würden nun aber nur noch in Ausnahmefällen aufgenommen.

Was sich beim Wandern oder im Kinderbuch auf den ersten Blick als bäuerliche Idylle präsentiert, bestand oftmals aus kräftezehrender Arbeit. Die Leute lebten häufig am Existenzminimum. Wer im Freilichtmuseum Ballenberg in die ehemalige Lebenswelt der bäuerlichen Vorfahren eintaucht, kann das für alle Gebiete der Schweiz erahnen. Wo sonst gelingt ein Bummel vom Tessin über das Appenzell durch den Jura bis nach Genf an einem Nachmittag?

 

Freilichtmuseum Ballenberg
Ab dem 10. April bis 2. November 2025 ist das Freilichtmuseum Ballenberg in Hofstetten bei Brienz (BE) von 10 bis 17 Uhr täglich geöffnet. Der Ballenberg ist als Stiftung organisiert und hat zum Ziel, traditionelle ländliche Bauten samt ihren typischen Einrichtungen zum Wohnen und Arbeiten aus allen Landesteilen der Schweiz zu sammeln, zu erforschen und zu erhalten. Die früheren Wohn-, Sozial- und Wirtschaftsformen in Bauernstand, Handwerk und Gewerbe werden authentisch vermittelt. Das einzige Freilichtmuseum der Schweiz wird durch Eintritte, Gönner, die öffentliche Hand und Spenden finanziert. Weitere Informationen: ballenberg.ch