Tierfreundlichere Transportmethoden
Hühner sanft ausstallen – FiBL und KAGfreiland suchen Lösungen
Bis heute werden Schweizer Legehennen an den Beinen aus dem Stall getragen, was sehr schmerzhaft für die Tiere sein kann. FiBL-Nutztierspezialistin Milena Burri untersucht nun gemeinsam mit KAGfreiland neue, tierfreundlichere Transportmethoden.
Frau Burri, traditionellerweise werden Hühner an den Beinen herausgezogen und kopfüber aus dem Stall getragen. Wie kam es, dass sich das so eingebürgert hat?
Ich vermute, es hängt mit der Haltungsform zusammen: Legehennen leben oft in sogenannten Volierensystemen, die mehrere Ebenen haben. Diese Form der Haltung ist zwar tierfreundlich, macht das Ausstallen der Tiere aber schwieriger. Bei Masthühnern ist das anders – sie leben auf eingestreutem Boden mit erhöhten Sitzgelegenheiten. In der Schweiz werden sie bereits heute meist aufrecht ausgestallt.
Welche Folgen hat es für Hühner, wenn sie kopfüber getragen werden?
Hühner besitzen kein Zwerchfell. Wird ein Tier kopfüber gehalten, verschieben sich die inneren Organe in Richtung Kopf. Dabei kann Druck auf Herz, Lunge und Luftsäcke entstehen, was die Atmung und den Kreislauf beeinträchtigen kann. Die Hühner versuchen zudem oft, sich durch Flügelschläge aufzurichten, was zu Verletzungen an den Flügeln führen kann. Auch die Beine sind nicht dafür gemacht, das Gewicht des Körpers in dieser Position zu tragen – das kann schmerzhaft sein und zu weiteren Schäden führen.
Gibt es Labels, die das Ausstallen kopfüber bereits verbieten?
In der EU gibt es einzelne Label-Organisationen in den Niederlanden, die dies bereits in kleinem Umfang auf ihren Betrieben umsetzen, so zum Beispiel Demeter oder Kipster.
Weshalb hinkt die Schweiz der EU in dieser Thematik hinterher?
Hintennachhinken ist vielleicht nicht ganz der richtige Begriff, bisher war man einfach mit anderen Themen absorbiert, wie etwa dem Ausstieg aus dem Kükentöten. Es gibt aber bereits einzelne Betriebe in der Schweiz, die eigene Verfahren entwickeln, um Hühner nicht mehr kopfüber auszustallen.
Welche Vorbilder hatten Sie für Ihr Versuchsprojekt?
Ein wichtiges Vorbild war für uns die niederländische Organisation Eyes on Animals. Besonders beeindruckt hat uns ihr partizipativer Ansatz: Die neue Methode sollte nicht nur den Tieren zugutekommen, sondern auch für die Menschen praktikabel und entlastend sein. Zusätzlich hat uns ein Urteil eines niederländischen Gerichts bestärkt, welches das Einfangen von Hühnern an den Beinen als Verstoss gegen die EU-Verordnung 1/2005 eingestuft hat.
Wie gut ist Ihr Projekt bei den Versuchsbetrieben bisher angekommen?
Die ersten Rückmeldungen waren positiv. Die beiden Betriebsleiter, bei denen wir die Methode getestet haben, empfanden den Ablauf als deutlich ruhiger und stressfreier – sowohl für die Tiere als auch für die Menschen. Natürlich wurden auch der etwas höhere Zeitaufwand und die zu optimierenden Abläufe thematisiert. In unserem Projekt geht es darum, die Methode gemeinsam mit den Landwirtinnen und Landwirten weiterzuentwickeln, praktikabler zu machen und Lösungen für unterschiedliche Stallkonzepte zu finden.
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