Ohne den Menschen gäbe es keine Schafe, die geschoren werden müssen. Wie die meisten Säugetiere wechselt das Wildschaf sein Fell selbstständig, wenn die Temperaturen steigen oder sinken. Doch als der Mensch vor Tausenden von Jahren begann, Schafe als Nutztiere zu halten, wollte er Tiere mit immer mehr der wärmenden Wolle. Lange Zeit war sie ein gefragter Rohstoff und wurde gezielt angezüchtet. Erst mit dem Aufkommen von Kunstfasern verlor die Schafwolle an Bedeutung.

Heute ist das Schären der Wolle für die meisten Schafhalter nur noch ein notwendiges Übel. Denn finanziell wird der Aufwand unmöglich gedeckt. Grund genug für findige Züchterinnen und Züchter, sich zurück zu den Wurzeln der Schafe zu besinnen. Seit Ende des 20. Jahrhunderts gibt es immer mehr Rassen, die ihr Fell wieder saisonal wechseln und nicht mehr geschoren werden müssen.

Eine der jüngsten und beliebtesten Rasse ist das Nolana-Schaf. «No lana» heisst auf Spanisch so viel wie «keine Wolle». Gezüchtet wurde die moderne Rasse jedoch nicht im Süden Europas, sondern im nahen Deutschland. Nach und nach schwappte der Trend über die Grenze zu uns und es formierte sich ein eigener Schweizer Zuchtverein. Dieser feiert heuer sein zehnjähriges Jubiläum – just im selben Jahr, in dem die Rasse zum ersten Mal die 5000er-Marke knackt. Etwa jedes 100. Schweizer Schaf wechselt sein Fell also mittlerweile selbst. 

Vor allem junge Schafhalter interessiert

Vereinspräsidentin Katharina Bitterli war eine der ersten, die auf Nolana-Schafe umgestiegen ist. Sie spürt weiterhin ein hohes Interesse an der Rasse – besonders bei jungen Leuten, die einen Betrieb übernehmen. «Es kommt immer häufiger vor, dass die Jungen sagen, das Schären braucht es nicht», erzählt Bitterli. Gerade für kleinere Herden sei der finanzielle Aufwand pro Tier beim Scheren unverhältnismässig hoch. «Das sind alles solche Kleinigkeiten, die einen dazu bringen, auf Nolana umzusteigen.»

Schlussendlich müsse jeder Schafhalter die Rasse finden, die zu einem passt, ist die Züchterin überzeugt. «Wir merken aber, dass die Nolanas langsam akzeptiert werden.» Die Vorurteile aus früheren Jahren seien nahezu verschwunden. «Damals hiess es noch, nur ein Schaf mit Wolle sei ein richtiges Schaf.»

Keine Preisverbesserung in Sicht

Die neuen Trends, Schafwolle als Dämmungsmaterial oder zum Weben zu verwenden, hält Katharina Bitterli für gute Ansätze, doch bei weitem nicht ausreichend. «Es bleibt immer noch sehr viel Wolle übrig, die nicht verarbeitet werden kann.» Die jüngsten Ereignisse geben ihr Recht. Just diesen Frühling gab Swisswool einen Annahmestopp bekannt. Ihre Lager seien noch immer zu voll, um neue Wolle zu kaufen, hiess es in einer öffentlichen Mitteilung. Die Bauern blieben auf ihrer Ware sitzen.

Ob dem Naturmaterial Schafwolle dereinst wieder an Wert gewinnen wird, bleibt offen. Derweil dürfte der Trend hin zu schurfreien Rassen wie dem Nolana-Schaf vorerst anhalten.