Halsbänder
Schweizer Ansatz gegen Wolfsangriffe
Wie kann man verhindern, dass Wölfe Nutztiere reissen? Der Biologe Federico Tettamanti probiert etwas ganz Neues aus: Er versieht Schafe mit Halsbändern, die sie nach Wolf riechen lässt.
Mit der Rückkehr des Wolfes in die Schweiz steigt die Anzahl der Risse durch das Raubtier von Jahr zu Jahr. Während die einen eine rigorose Regulierung der Wolfspopulation durch Abschüsse fordern, arbeiten andere an einem weniger konfliktbehafteten Zusammenleben. Neben den etablierten Herdenschutzmassnahmen wie Elektrozäunen, Hirten und Herdenschutzhunden probieren Wissenschaftler auch ganz neue Methoden aus. So der Schweizer Wildtierbiologe Federico Tettamanti von Studioalpino. Er legt den Nutztieren Halsbänder mit Wolfsgeruch um. Dieser soll Wölfe davon abhalten, Schafe und Kälber als Beute zu sehen. Die ersten Resultate sind vielversprechend.
«Im Vergleich zum Vorjahr ohne Halsbänder fielen 80 Prozent weniger Tiere Wölfe zum Opfer», liest Tettamanti aus den 2023 erhobenen Daten. Für seine Forschung versah er insgesamt 782 Nutztiere in Wolfsgebieten in der Schweiz und Italien mit Halsbändern, die nach Wolf riechen. Der Duftstoff wird im Chemielabor Tibio künstlich hergestellt und in ein graues Kästchen abgepackt, welches um den Hals von Nutztieren gehängt werden kann. Wichtig sei, dass die Mehrheit der Tiere in einer Herde ein solches Halsband trägt, so Tettamanti. Auch von den Nutztierhaltern bekäme er positive Rückmeldungen. «Viele sagen mir, dass die Halsbänder ihnen Hoffnung gäben, ihre Arbeit mit Schafen und Ziegen trotz Wolfspräsenz weiterführen zu können.» 2024 erfolgen nun weitere grosse Tests im Kanton Waadt und im Tessin, unterstützt von den Kantonen, Züchter- und Bauernverbänden. Zudem sollen Wölfe mit GPS-Sendern ausgestattet werden, um deren Verhalten in Gebieten mit Herden, die mit Dufthalsbändern ausgestattet sind, zu untersuchen.
Federico Tettamanti ist zuversichtlich, wenn auch realistisch. «Einen 100-prozentigen Schutz vor Wolfsrissen gibt es nicht», betont er. «Die Halsbänder können jedoch in Kombination mit anderen Schutzmassnahmen eine wertvolle Unterstützung sein oder gar die einzige Alternative, wenn andere Schutzmassnahmen aus verschiedenen Gründen nicht greifen.» Die Schafe selbst stört das Halsband und das Kästchen mit den Wolfspheromonen nicht, und auch der Stückpreis von 25 Franken dürfte im Vergleich zur wirtschaftlichen und emotionalen Belastung durch Wolfsrisse gering sein. Tettamanti wünscht sich, dass sich durch seine Forschung die emotionale Diskussion um den Wolf etwas beruhigt: «Der Wolf gehört ebenso zur Schweiz wie alle anderen Wildtiere. Dank einer Kombination von Schutzmassnahmen können wir vielleicht in der nahen Zukunft ein friedliches Zusammenleben von Wolf, Nutztieren und Landwirten erreichen.»
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