Unter einem breit ausladenden Baum im Süden Madagaskars picken schwarze Vögel am staubigen, rötlich braunen Boden. Grosse Vasapapageien haben es auf heruntergefallene Samenschoten abgesehen. Sie sehen von weitem aus wie Krähen.

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Abgeschiedene Welt

Der Süden Madagaskars scheint tatsächlich wie der Rand der Zivilisation.

Die holprige Strasse führt durch Buschland. Ab und zu taucht ein ummauertes Geviert mit Kuhschädeln auf der Mauerkrone auf. Gräber im Gebiet des Volks der Antandroy. Die Anzahl Schädel symbolisiert den Reichtum des Verstorbenen. Eine Strahlenschildkröte kriecht mühsam über den Sand. Die Vegetation ist dornig und sonderbar. Pachypodien, Didieraceae und Aloe trotzen der gleissenden Sonne.

Grosse Vasapapageien leben meist in kleinen Gruppen in verschiedenen Lebensräumen, vom Regenwald bis zur Savanne. Auch die exotische Vegetation des abgeschiedenen Südens Madagaskars ist ihr Lebensraum.

Vieles ist anders

Beim Wort Papagei tauchen Bilder von farbigen Tropenvögeln vor dem inneren Auge auf. Vasapapageien aber sind lediglich schwarzbraun befiedert. Bei ihnen ist vieles anders. Sie krächzen nicht, wie die meisten Papageien, sondern pfeifen melodiös. Und ihre Brutbiologie ist besonders. Nach der Mauser verfärbt sich der hornfarbene, grosse Schnabel ins Grauschwarze.

Die Weibchen verlieren in der Brutzeit die Federn am Kopf, so dass eine gelbliche Haut zum Vorschein kommt. Es scheint, dass ein Weibchen mit mehreren Männchen Kontakt hat. Ein solches Reproduktionssystem wird Polygynandrie genannt. Ansonsten sind die Paarbindungen nicht ausgeprägt. Im Gegensatz zu anderen Papageien können Vasapapageien nicht bei der sozialen Gefiederpflege beobachtet werden.

Normalerweise werden drei bis vier Eier in einer Baumhöhle gelegt. Solch grosse Papageien brüten meist 28 Tage, doch beim Grossen Vasapapagei dauert es nur etwa 17 Tage bis zum Schlupf der Jungen. Nach etwa 50 Tagen fliegen die Jungen aus.

Kleiner Vasapapagei

Nebst dem Grossen gibt es auch den Kleinen Vasapapagei. Er kommt in zwei Unterarten auf Madagaskar vor, weiter auf der Inselgruppe der Komoren und auf der Seychellen-Insel Praslin.

Beim Seychellen-Vasapapagei

Der Lebensraum des Seychellen-Vasapapageis oder Seychellenpapageis ist märchenhaft. Einige betrachten diesen Papagei als eigene Art, denn es scheint, dass die Population von Praslin bereits sehr lange von den übrigen Vasapapageien isoliert ist.

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Sonnenlicht scheint durch hellgrüne, längliche Wedel der Coco de Mer. In einem kleinen Tal mit Granitfelsquadern spriessen sie überall aus den grossen markanten zu Boden gefallenen Nüssen. Ein Kronendach bildet sich aus den Wedeln der grossen Exemplare dieser nur auf Praslin und den Inseln Curieuse und Silhouette vorkommenden markanten Palmen. Die Seychellenpalme gehört zu den Fächerpalmen und dominiert die Vegetation im Vallée de Mai.

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Plötzlich hallen melodiöse Pfiffe aus den Kronen. Seychellen-Vasapapageien! Die Population dieser Art beschränkt sich auf die kleine Insel Praslin, wenige kommen noch auf der Nachbarinsel Curieuse vor. Es wird angenommen, dass auf den beiden kleinen Inseln über 500 der eigentümlichen Papageien leben, die besonders wegen ihrer Pfiffe und nicht so sehr wegen ihres unscheinbaren Äusseren Beachtung finden.

Die Kleinen Vasapageien der Seychellen-Insel Praslin brüten in den Höhlen von abgestorbenen Palmenstämmen. Aufgrund von Beringungen konnte festgestellt werden, dass drei verschiedene Männchen ein Weibchen fütterten. Die Brutzeit dauert 14 bis 18 Tage. Die Jungen fliegen schon im Alter von 40 Tagen aus. Zuerst sitzen sie im Eingang zur Bruthöhle und äugen in den wundersamen Wald mitten im Tropenparadies auf einer Insel weit draussen im Meer.

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Praslin ist eine Touristeninsel. Der besondere Wald des Vallée de Mai steht unter Schutz. Dorther stammen auch die Trinkwasserreserven der Insel. Eingeführte Wanderratten stellen ein Problem für einheimische Vögel dar, da sie Nisthöhlen plündern. Wegen des Trinkwassers werden sie aber nicht vergiftet.

Seychellen Vasapapageien können überall auf der Insel Praslin und manchmal auch auf der Nachbarinsel Curieuse angetroffen werden. Praslin ist nur etwa 12 Kilometer lang und 5 Kilometer breit, Curiesue ist weitaus kleiner.

Grosse Vasapapageien unter MenschenobhutIm Vogelpark Ambigua in Zeihen AG werden Grosse Vasapapageien gehalten. Ebenso können sie in der Masoalahalle des Zoos Zürich beobachtet werden. Bei Züchtern ist die Art sehr selten, obwohl bereits der deutsche Forschungsreisende Alexander von Humboldt (1769 – 1859) während 30 Jahren einen zahmen Vasapapagei besass. Den Vogel gibt es noch heute präpariert im Berliner Naturkundemuseum, obwohl das Exponat im Zweiten Weltkrieg beschädigt wurde.