Das aus Afrika stammende Erdmandelgras ist ein invasiver Neophyt, der sich auch in der kühleren Schweiz wohlfühlt. Seit man Cyperus esculentus vor über 30 Jahren erstmals hierzulande entdeckte, hat es sich quer durch das ganze Land, vom Rheintal bis in die Westschweiz und ins Tessin verbreitet. Es breitet sich immer noch aus – und ist ein veritabler Alptraum für Ackerbauern. «Erdmandelgras in Feldern mit Kartoffeln, Zuckerrüben, Sellerie oder Rosenkohl überwuchert schnell alles», erklärt René Total von der Abteilung «Extension Gemüsebau» bei Agroscope in Wädenswil ZH.

Im konventionellen Anbau kann man den Erdmandeln mit teilweise wirksamen Herbiziden zu Leibe rücken. Doch die Erfahrungen eines Betriebes, der den Neophyten konsequent so behandelte, zeigten laut Total, dass es fünf bis sechs Jahre dauert, bis ein Feld frei ist von Erdmandelgras. Wer indes biologisch anbaut, kann und darf nicht zu Gift greifen. Nun hat ein Versuch des Landwirtschafts­amtes und der Fachstelle Pflanzenschutz des Kantons Zug gezeigt, dass Hilfe nahen könnte. Vor einem Jahr bezog ein Schweine-Trupp ein Feld mit der Mission «Erdmandelgras bekämpfen».

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Im Herbst, wenn das Sauergras die Erdmandeln im Boden fertig ausgebildet hat, ist der Gabentisch reich gefüllt für die Schweine. Mit Woll- und Turopoljeschweinen wählte man Rassen, die bekannt sind für ihren ausgeprägten Wühltrieb. Tatsächlich wälzten die 17 Tiere die etwa 20 Are grosse Fläche innert kurzer Zeit regelrecht um. Aufnahmen der Langzeitkamera zeigten, dass die Wühlaktivitäten der Schweine dort, wo am meisten Erdmandeln im Boden ruhten, besonders hoch waren. Auch die von Total in 30 Zentimeter Tiefe eingegrabenen Erdmandeln der Kulturform «Cyperus esculentus var. sativus» waren nach wenigen Tagen weggefuttert.

Erdmandeln sind also ein wahrer Leckerbissen für Schweine. Erfüllt haben sich auch die Hoffnungen der Projektverantwortlichen, dass die Tiere die Mandeln nicht einfach hinunterschlucken und ganz ausscheiden, sondern verbeissen. «Man hört, wie sie sie zerkauen», sagt Total, der das Projekt begleitete. Den Rest erledige dann offenbar die Verdauung. Denn: In Kotproben fand man keine auskeimenden Knöllchen mehr. Die Erdmandeln waren zerstört und wurden nicht über den Kot auf dem Feld weiterverbreitet.

Weitere Versuche nötig
Ende April beendete der Schweine-Trupp seine Arbeit. Anschliessende Bodenproben und weitere Messungen Anfang Juli ergaben, dass die Zahl der Erdmandelgraspflanzen deutlich abgenommen hatte. Die Auswertungen zeigen: Mission weitgehend erfüllt. Denn die Bekämpfung des Erdmandelgrases mit Schweinen ist keine hundertprozentige Lösung, wie Total betont. Die «Bio-Methode Schwein» könnte aber ein Weg für Bio-Bauern sein: Zuerst würden die Schweine die Mandeln reduzieren und danach müsste man den Restbestand mit mechanischer Unkrautbekämpfung weiter abbauen.

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Ausserdem, gibt Total zu bedenken, war das Zuger Feld nur mässig befallen. «Man müsste den Versuch auf einer stärker verseuchten Fläche wiederholen.» Dies ist momentan nicht geplant. Zug habe nur wenig befallene Flächen und dort sei der Druck nicht sehr hoch, erklärt Martina Schmid vom Landwirtschaftsamt des Kantons. Auch sie würde sich weitere Versuche wünschen: «Interessant wäre es, wenn die Schweine ein Jahr auf der Fläche bleiben könnten, um neu keimende Mandeln gleich wieder zu fressen.»

Drei dieser Schweine sind bereits auf einer neuen Mission – diesmal für die Zuger Baudirektion. Die Turopolje haben im Sommer ein Areal der Kibag in Edlibach bezogen, auf dem das Unternehmen bis in die 1980er-Jahre Kies abbaute. Die entstandene Grube diente zuerst bis 2011 als Schlammweiher. Danach hat man einen Teil aufgefüllt, rekultiviert und der Landwirtschaft übergeben. Gut zwei Hektaren wurden als ökologische Ausgleichsfläche ausgeschieden.

Als Nebenprodukt des Kiesabbaus entstanden steinige Böden, karge Vegetation und kleine Teiche. Solche sogenannte Pionier- oder Ruderallebensräume sind ideal für Amphibien und wichtige Ersatzlandschaften für die abnehmenden natürlichen Auengebiete. So haben sich in Edlibach Gelbbauchunken und Kreuzkröten niedergelassen, seit im Zuge der Renaturierung eine Blumenwiese angesät und eine Tümpellandschaft kreiert wurden. 2017 wurde der Schlammweiher ins Bundesinventar der Amphibienlaichgebiete von nationaler Bedeutung aufgenommen.

Allerdings würde die natürliche Sukzession die Weiher mit Schilf und Rohrkolben überwuchern und die Böden der Ruderalflächen mit Wiesen und Gehölzen überwachsen. Amphibien aber brauchen Licht und Wärme. Um den Pionierlebensraum zu erhalten, müsste man die gewachsene Vegetation alle zwei bis drei Jahre mit Maschinen entfernen. Dieser Weg sei zwar gangbar, aber auch aufwendig und nicht naturnah, schreibt die Baudirektion. Statt auf Bagger setzt man nun auf die Mitarbeit der Schweine.

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Tauchende Turopolje
Sie entfernen die Vegetation und machen mit ihrer Wühltätigkeit die Sukzession weitgehend rückgängig, lassen also wieder offene und wenig bewachsene Böden zurück. Da die aus den kroatischen Save-Auen stammenden Turopolje gut und gerne schwimmen und tauchen und selbst unter Wasser am Boden herumwühlen, sind sie die perfekte Lösung, um auch die Gewässer von der Vegetation zu befreien.

Das Pilotprojekt ist gemäss Regierungsrat und Baudirektor Florian Weber vorerst auf drei Jahre ausgelegt. «Danach entscheiden wir, ob diese Form der Pflege und Nutzung dauerhaft etabliert und womöglich auf weitere Gebiete ausgedehnt werden soll.» In dieser Zeit würden die Auswirkungen der gut ein Hektar grossen Schweineweide auf die Vegetation, die Amphibienbestände und die Gewässerqualität untersucht.

Eine erste Zwischenbilanz im Oktober sei sehr zufriedenstellend ausgefallen. So war es gemäss Weber zielführend, sich mit einer relativ geringen Bestossung an diese Form der Pflege und Nutzung heranzutasten. Noch bis Mitte Dezember wühlen und graben die drei Turopolje im Gebiet des ehemaligen Schlammweihers herum. Als robuste und extensive Rasse finden sie hier alles, was ihr Herz begehrt. Danach gehen sie zurück zu ihrem Besitzer Guido Leutenegger von Natur Konkret. Aber Mitte Juni 2021 werden sie zurückkommen. Dann wohl zu fünft.