Voltigieren
Der perfekte Einstieg in den Pferdesport
Beim Voltigieren lernen Kinder den Umgang mit dem Pferd und während des Turnens auf dem Rossrücken ihren eigenen Körper zu beherrschen. Die Sportart ist eine optimale Basis, um eine gute Reiterin oder ein guter Reiter zu werden.
In der Mitte der Reithalle steht eine Person, um sie herum galoppiert an der Longe ein Pferd. Kinder und Jugendliche laufen zwischen Longenführer und Pferd hin und her, springen im Galopp auf den schwingenden Pferderücken und vollführen dort turnerische Kunststücke, allein, zu zweit oder zu dritt. Die Rede ist von Voltige, die im Prinzip zwei Sportarten vereinigt: das Turnern und das Reiten.
Auf höchstem Niveau ist Voltige ein Spitzensport: Es gibt nationale und internationale Turniere im Gruppen-, Einzel- und Paar-Voltigieren bis hin zu Europa- und Weltmeisterschaften, die seit 1990 ausgetragen werden. Die Schweiz zählte in dieser Sportart von Anfang an zur Weltspitze, was vor allem auf das grosse persönliche Engagement der Familien Gebs und Bischofberger aus der Ostschweiz zurückzuführen ist.
Am Anfang überwiegt beim Voltigieren die spielerische Komponente. Neben dem turnerischen Können erlernen Kinder und Jugendliche den Umgang mit dem Partner Pferd, was das Voltigieren zu einem wertvollen Hobby und zum perfekten Einstieg in den Pferdesport macht. «Dazu kommt der soziale Aspekt», sagt Monika Winkler-Bischofberger. Die 44-jährige St. Gallerin ist Primarlehrerin, Heilpädagogin und die sportliche Leiterin von Voltige Lütisburg SG, dem seit vielen Jahren erfolgreichsten Schweizer Voltige-Club. «Die Kinder und Jugendlichen trainieren beim Voltigieren in Gruppen mit sechs bis acht Mitgliedern. Sie lernen mit ihren Gspänli auszukommen, das Pferd miteinander zu teilen, zusammen auf ein Ziel hinzuarbeiten und dabei Rücksicht auf jüngere und schwächere Kinder zu nehmen.»
Voltige Lütisburg holt an der EM 2017 im österreichischen Ebreichsdorf dem zweiten Platz. An der Longe: Monika Winkler-Bischofberger.
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Ausserdem müssen die Kinder lernen, auf die Anweisungen ihrer Trainerinnen und Trainer zu hören, die als Longenführer die dritte Partei im Team sind und dafür sorgen, dass Mensch und Pferd auch in der Bewegung im Gleichklang sind. Zu Beginn eines Trainings machen die kleinen Voltigierer zusammen mit ihren Ausbildern das Pferd parat. Sie holen es aus dem Stall, putzen es und legen ihm die Ausrüstung wie Zaumzeug, Gamaschen und Voltigegurt an. Dabei erlernen sie zwanglos den richtigen Umgang mit dem grossen Vierbeiner: die ängstlicheren Kinder erst durch Zuschauen, während die mutigeren oder älteren tatkräftig mitanpacken.
Eine komplexe Sportart
Danach wird nicht nur das Pferd aufgewärmt, auch die Kinder und Jugendlichen laufen sich ein, machen Spiele und Turnübungen auf dem Boden. Sie tragen elastische Turnkleidung, die ihnen volle Bewegungsfreiheit erlaubt, und dünne Gymnastikschuhe. Am Pferd üben die kleinen und grösseren Voltigierer dann neben dem Auf- und Absprung, dem Knien und Stehen auf dem Pferderücken auch unterschiedlich schwierige Figuren mit Namen wie Schere, Mühle, Flanke oder Fahne.
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Später kommen auch noch dynamische Elemente wie Schrauben, Räder, Rollen und Salti dazu. Das erfordert jahrelanges hartes Training, einiges an Erfahrung – und auch Mut, denn schliesslich wird in luftiger Höhe geturnt auf einem Pferderücken, der durch die Bewegung ziemlich wackelig ist.
Die Einsteiger beginnen mit dem freien Grundsitz. Dabei wird dem Kind gezeigt, wie es locker, aber mit Körperspannung richtig auf dem Pferderücken sitzt und in den verschiedenen Gangarten geschmeidig auf die Bewegungen des Tieres eingeht. Weil das Pferd vom Longenführer sicher unter Kontrolle ist, kann sich der kleine Voltigierer dabei ganz auf sich selber konzentrieren.
Mit der Zeit wird das Kind erst die eine, später auch die andere Hand vom Longiergurt loslassen können und erlangt so einen selbstständigen, von der Hand unabhängigen Sitz. Dieser ist ein wertvolles Gut für jeden Voltigierer, der einmal in den Reitsport wechselt. Auch punkto Köpergefühl sind die Voltigierer den meisten Reitern weit voraus.
«Voltige ist eine sehr komplexe Sportart», sagt Winkler-Bischofberger, die selber aktive Voltigiererin war und als Longenführerin mit den Teams und Einzelvoltigierern aus Lütisburg über ein halbes Dutzend internationale Medaillen sowie 2012 einen Weltmeister-Titel geholt hat. «Es werden sämtliche Körperteile und Muskelgruppen beansprucht. Die Übungen stellen hohe Anforderungen an die Beweglichkeit, Körperspannung, Schnelligkeit, Kraft und Koordination», sagt die Voltige-Expertin. Sie erlebe in den Trainings immer wieder, wie die Kinder in ihrer körperlichen Entwicklung von dem Sport profitieren und ihre motorischen Fähigkeiten fortlaufend verbessern.
Voltige Lüttisburg mit dem Pferd Rayo de la Luz 2019 an einem Turnier in Uster ZH
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Angebote richten sich an die Jugend
Winkler-Bischofberger erachtet ein Alter zwischen sechs und neun Jahren als ideal für den Einstieg in den Voltigesport – ihre eigene Tochter Yael, die das Voltigevirus vererbt bekam und heute in einer der sechs Junioren-Mannschaften von Voltige Lütisburg aktiv ist, sass bereits mit viereinhalb Jahren auf dem galoppierenden Pferd.
Voltige ist aber nicht nur ein Sport für Kinder und Jugendliche: Seit die Altersbeschränkung von 18 Jahren in den Wettkämpfen weggefallen ist, bleiben die Aktiven ihrem aufwendigen Sport immer länger treu. Die Zürcherin Simone Jäiser, die international erfolgreichste Schweizer Voltigiererin, war 29 Jahre alt, als sie 2015 in Aachen Europameisterin wurde.
Für erwachsene Quereinsteiger gibt es allerdings kaum Möglichkeiten, das Voltigieren zu erlernen. Die Angebote sind in der Regel auf Kinder und Jugendliche ausgerichtet. Diese können das Voltigieren in einem der rund 40 Vereine, die dem Schweizerischen Voltigeverband angeschlossen sind, ausüben. Die Klubs decken sämtliche Regionen der Deutschschweiz und der Romandie gut ab. Sie sind stets auf der Suche nach neuen jungen Talenten und verfügen über engagierte, gut ausgebildete Trainerinnen und -trainer.
Auch einige Reitschulen bieten das Voltigieren für Kinder und Jugendliche an. Dabei haben auch Kinder aus einfacheren Familien die Chance, das Pferd zu ihrem Hobby zu machen. «Denn Voltigieren ist deutlich preisgünstiger als Reitunterreicht», sagt Monika Winkler-Bischofberger. Ihre zwei- und vierbeinigen Schützlinge von Voltige Lütisburg brennen in diesen Tagen bereits darauf, nach der zweimonatigen Corona-Zwangspause das Training in Kleingruppen wieder aufnehmen zu können.
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