Barbie ist auf dem Weg in die Reithalle, Danny wird mit Fliegenspray besprüht, bevor es auf den Ausritt geht, und bei Bertje wird grad die Boxe ausgemistet. Auf dem Ponyhof Bätterkinden (BE) ist viel los. Die Sommerferien-Kurse sind gestartet und überall wuseln kleine und grössere Mädchen mit leuch-tenden Augen zwischen relativ grossen weissen, kleinen braunen und miniature kleinen gescheckten Ponysumher. 30 Ponys und 10 Pferde haben ihr Zuhause in Bätterkinden, am Eingang zum Emmental, und bereiten den ganz kleinen Zweibeinern beim Spazieren-reiten und den schon fast erwachsenen Mädchen beim Springtraining Freude.

«Ihren Anfang nahm diese Ponyreitschule, als wir unseren beiden damals zwei- und vierjährigen Kindern zwei Shetland-Ponys kauften», erzählt Geschäftsführer Urs Schneider. Bald schon hätten sich zahlreiche Kinder aus der Umgebung gemeldet, die auch auf den Ponys reiten wollten. Obwohl die meisten von ihnen behaupteten, bereits reiten zu können, sei kaum Grundwissen im Umgang mit diesen Tieren vorhanden gewesen, so Urs Schneider. Er und seine Frau Astrid sind mit Pferden aufgewachsen und Urs Schneider hält fest: «Ich war schon als kleiner Junge ein grosser Ponyfan.»

Zu kompetenten Pferdemenschen ausbilden

Also beschloss das Ehepaar, ihr Wissen weiterzugeben, und bot an Mittwoch- und Samstagnachmittagen Reitstunden für die Nachbarskinder an. Dieses Angebot stiess auf so grosses Interesse, dass Schneiders im Frühjahr 1996 eine erste Angestellte für die Reitschule mit damals fünf Ponys einstellen konnten. «Brigitte Hänni war Primarlehrerin und der Umgang mit den Kindern und Ponys gefiel ihr so gut, dass sie 22 Jahre lang bei uns arbeitete», so Schneider. Das Team ist auf mittlerweile zehn Personen angewachsen, dazu gehören auch mehrere Lernende in den Bereichen Pferdepflege und klassisches Reiten.

«Ponys sind oft unterfordert und überfüttert.»

Urs Schneider, Ponyhof Bätterkinden

Auf dem Ponyhof werden nicht nur Reitstunden angeboten. Fünf- bis Neunjährige werden an den Umgang mit den Ponys herangeführt, geübtere Ponyfans können sich in den Pony Mounted Games (siehe Infobox) ausprobieren oder mit dem Springteam zu Turnieren fahren. Dafür müssen allerdings erst die Diplom- und Brevetkurse des Schweizerischen Verbandes für Pferdesport Swiss Equestrian besucht werden. Auch diese werden mehrmals jährlich auf dem Ponyhof vorbereitet und durchgeführt. «Seit 1996 haben fast 1400 Reitschülerinnen und Reitschüler bei uns einen offiziellen Reittest abgelegt», sagt Urs Schnieder nicht ohne Stolz. In ihrer Reitschule möchten die Schneiders und ihr Team die Kinder zu kompetenten Pferdemenschen ausbilden, denen nicht nur das Reiten, sondern auch der korrekte Umgang mit dem Pony am Herzen liegt. «Wir sehen unsere Ponys nicht als Sportgeräte, sondern als Partner», betont der Reitschulinhaber.

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Unkompliziert, aber nicht einfach

Zwar haben mittlerweile auch einige Pferde im Stall in Bätterkinden Einzug gehalten, doch die Ponys sind nach wie vor deutlich in der Überzahl. «Ponys sind von ihrer Grösse her besser geeignet für Kinder und sie sind deutlich wirtschaftlicher zu halten als Pferde», begründet Urs Schneider das Festhalten an den kleinen Vertretern der Gattung Equus caballus. Auch Vreni Müller, Vizepräsidentin des Schweizerischen Verbandes für Ponys und Kleinpferde (SVPK), ist überzeugt davon, dass Ponys Kindern besser entsprechen als Pferde. Zudem mag sie, dass die robusten Kleinen sich für eine unkomplizierte und natürliche Gruppenhaltung vorwiegend im Freien gut eignen. «Ponys sind wetterbeständiger und benötigen nicht so viel Firlefanz wie Pferde», sagt die Ponynärrin.

Hier spricht sie vor allem ihre Lieblinge an, die Shetland-Ponys, von deren Zuchtsektion sie seit über 20 Jahren Präsidentin ist. Müller kam im Kindesalter aufs Pony. Damals hielten sie auf dem elterlichen Hof Welsh-Ponys. «Erst im Alter von etwa 20 Jahren wurde ich vom Shetland-Pony-Virus infiziert», so Vreni Müller. Momentan hält sie sechs der flauschigen Kleinen.

Ganz so einfach ist deren Haltung und auch der Umgang mit Ponys allerdings nicht. Es benötigt einiges an Fachwissen, damit es den kleinen Pferden gut geht, was bei nicht wenigen Haltern leider fehlt. «Ponys sind oft unterfordert und überfüttert», sagt Urs Schneider. Vreni Müller pflichtet dieser Aussage bei und hält fest, dass auch Beistellponys, die angeschafft wurden, um einem Pferd Gesellschaft zu leisten, etwas tun möchten. Bei Unterforderung würden die Kleinen anfangen, Blödsinn zu machen und eine Überfütterung habe oft sehr schmerzhafte Hufrehe-Erkrankungen zur Folge. «Ponys sind sehr leichtfuttrig, da ist nichts schon zu viel», betont Vreni Müller. Unsere Weiden seien meist viel zu fett, und Kraftfutter würden die Tiere nur benötigen, wenn sie wirklich viel leisten müssen.

«Wir bieten spezielle Ponyprüfungen für Erwachsene an.»

Vreni Müller, Vizepräsidentin SVPK

«Die Aufzucht und die Ausbildung von Ponys muss genau so ernst genommen werden wie bei Pferden; hier zu sparen, ist der falsche Ansatz», sagt Vreni Müller. Oft lasse man bei den süssen Kleinen eher ein unangebrachtes Verhalten durchgehen, was später fatale, weil gefährliche Folgen haben kann. «Vom Charakter her sind Ponys nicht einfacher zu händeln als Pferde, sie sind nämlich sehr selbstbewusst und clever», kann Schneider aus eigener Erfahrung sagen. Der intelligentere oder je nach Auslegung störrischere Charakter scheint also ein Differenzierungsmerkmal zu Pferden zu sein. Worin unterschieden sich Ponys sonst noch von ihren grösseren Verwandten? «Ponys sind allgemein langlebiger, mit durchschnittlich zehn Jahren mehr Lebenszeit als bei Pferden kann gerechnet werden», so Urs Schneider. Das Irländer-Fuchspony Little Rusty beispielsweise ist bereits 28 Jahre alt und auf dem Ponyhof Bätterkinden immer noch voller Elan als Lehrmeister im Einsatz. Neben der geringeren Grösse zeichnen sich viele Ponyrassen durch üppigeres Mähnen- und Schweifhaar aus.

Wo liegt die Trennlinie?

Dabei muss gesagt werden, dass der Ponytyp sehr breitgefächert ist. Vom rundlichen gemütlichen Shetland-Pony bis zum filigranen energiegeladenen Deutschen Sportpony ist die Bandbreite sehr gross. So ist im Fachbuch «Pferde der Welt», verfasst von Elise Rousseau und Yann Le Bris, zu lesen: «Die Unterscheidung zwischen Pony und Pferd basiert auf einem willkürlichen Grenzwert der Grösse ohne jegliche biologische Grundlage.» Pferde, die weniger als 148 Zentimeter Widerristhöhe haben, werden als Ponys bezeichnet. Länder mit ausschliesslich kleinen Pferderassen kennen allerdings der Begriff Pony gar nicht. Auch würden es zahlreiche Reitervölker ablehnen, ihre kleinen Pferde als Ponys zu bezeichnen, da sie den Begriff als abwertend empfinden, ist im obengenannten Fachbuch festgehalten. Hier sind die Islandpferde, die Camargue-Pferde oder die American Quarter Horses zu nennen, deren Vertreter von ihrem Stockmass her oft in die Kategorie Pony fallen, die aber als Pferde bezeichnet werden. Der Begriff Pony muss als kulturell bedingtes Konstrukt bezeichnet werden, sind die Autoren der Meinung, da ihm keine biologischen Merkmale zugrunde liegen. Die Unterscheidung zwischen Pferd und Pony ist bei uns in der Schweiz jedoch gebräuchlich. So unterscheidet auch die Schweizer Tierdatenbank Identitas in ihrer Statistik zwischen Pferden und Ponys sowie Klein-pferden. Im Juni 2024 waren 33 050 Ponys und Kleinpferde registriert gegenüber von 67 984 Pferden. Der Ponybestand ist in der Schweiz also ziemlich genau halb so gross wie der Pferdebestand.

Markanter Rückgang der Ponyzucht

Dass sich dieses Verhältnis bald ändern könnte, scheint kaum realistisch. Seit rund 15 Jahren ist die Ponyzucht am Zurückgehen, konstatiert Vreni Müller: «Habe ich 2010 an einer Zuchtschau 120 Shetland-Ponys begutachtet, sind es heute über sämtliche Ponyrassen gesehen noch insgesamt 40 Tiere, die vorgestellt werden.» Dass viele grosse Ponyzuchten ihre Türen geschlossen haben, erkläre sie sich mit den hohen Preisen und den zugleich geringen Platzverhältnissen in der Schweiz. «Ponys zu halten ist zudem ein anstrengendes Hobby, das Verantwortung fordert. Viele Leute sind heute nicht mehr dazu bereit, sich so zu engagieren», meint Müller. Urs Schneider sieht die Ursachen für den markanten Rückgang der Ponyzucht, und übrigens auch der Pferdezucht, am selben Ort. Die Schweiz sei zum Züchten und für die Ausbildung von Ponys ein viel zu teures Pflaster. Er schätzt, dass rund 90 Prozent aller Ponys in die Schweiz importiert werden. Die Holländer hätten innerhalb Europas die Nase bei der Ponyzucht weit vorne.

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Auch die Ponysportszene ist in der Schweiz verglichen mit unseren Nachbarländern nicht riesig. Wirft man einen Blick ins Wettkampfgeschehen, wird der Röstigraben sofort sichtbar: In der Romandie finden deutlich mehr Sportveranstaltungen für Nachwuchsreiterinnen mit Ponys statt. In der Deutschschweiz hingegen sind kaum je reine Ponyprüfungen ausgeschrieben. Hier starten die Ponys meist gemeinsam mit den Pferden in Spring- und Dressurprüfungen. «Die Romands investieren deutlich mehr Zeit und Geld in die Hobbies ihrer Kinder», so begründet Urs Schneider die vergleichsweise grosse Ponysportszene der Westschweiz.

Damit aber nicht nur Nachwuchsreiterinnen die Möglichkeit haben, mit Ponys etwas zu erarbeiten und an Turnieren teilzunehmen, wurde der Schweizerische Verband für Ponys und Kleinpferde aktiv. «Wir bieten spezielle Bodenarbeitsprüfungen für Erwachsene an, Wettbewerbe für die Dressur am langen Zügel und es darf nicht vergessen werden, dass die Gymkhanas(Geschicklichkeitsparcours für Reiter) ursprünglich reine Ponyprüfungen waren», sagt Vreni Müller. Dank dieser Angebote können sich auch die Eltern der ponybegeisterten Kinder mit den Vierbeinern beschäftigen. «So stehen hoffentlich zukünftig weniger Ponys unterbeschäftigt und übergewichtig auf der Weide herum, wenn die Kinder zu gross zum Ponyreiten geworden sind oder das Interesse an den Vierbeinern verloren haben», wünscht sich Vreni Müller.

Pony Mounted GamesRasant geht es zu und Geschicklichkeit ist gefragt bei den Pony Mounted Games. Bei der spritzigen Sportart für Ponys, Kinder und Erwachsene gilt es in Teams, bestehend aus fünf Reitern mit ihren Ponys, verschiedene Staffelrennen zu absolvieren. Die Aufgaben müssen möglichst flink und fehlerfrei erledigt werden. Fünf Kategorien werden unterschieden: U12, U15, U18, Open Elite sowie Ü28. Die jungen Reiter arbeiten so auf spielerische Weise an ihrer Koordination, Balance, dem Selbstvertrauen und der Teamarbeit. Seinen Ursprung hat dieser Sport in Indien, wo er von der britischen Kavallerie praktiziert wurde, um in Friedenszeiten ihre Fertigkeiten zu trainieren. 1950 brachte Prinz Philip die Mounted Games nach England. In den 1980er-Jahren wurden sie international populär. Die Schneiders vom Ponyhof Bätterkinden lernten die Pony Mounted Games 1980 an der Horse Show in Dublin kennen, und bilden heute erfolgreiche Wettkampfteams.