Das seien 22 Prozent mehr Rodungsflächen als ein Jahr zuvor, berichtete das Nationale Institut für Weltraumforschung (INPE) nach Auswertung von Satellitendaten. Die auf den 27. Oktober datierte Mitteilung wurde erst am Donnerstag veröffentlicht, also nach der Weltklimakonferenz COP26. Der Tropenwald speichert erhebliche Mengen des Treibhausgases CO2 und besitzt eine Schlüsselrolle für das Weltklima und die Artenvielfalt. Bei der Konferenz in Glasgow hatte Brasilien angekündigt, zumindest die illegale Abholzung des Amazonas-Regenwalds bis 2028 zu beenden.

Der rechtspopulistische Präsident Jair Bolsonaro sieht das Amazonasgebiet vor allem als ungenutztes wirtschaftliches Potenzial, steht wegen der Rodungen aber international unter Druck. Er hatte im April beim Klimagipfel des US-Präsidenten Joe Biden noch 2030 als Datum zur Beendigung illegaler Rodungen genannt. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace erklärte zum INPE-Bericht nun, die brasilianische Regierung habe versucht, auf der COP26 ihr Image aufzupolieren - obwohl sie gewusst habe, dass ein weiterer Rekord bei der Abholzung gebrochen worden sei.
 

Verbot für Importwaren, die Regenwälder gefärden

In weiten Teilen Brasiliens herrschten in den vergangenen Monaten Wassermangel und Trockenheit, was auch dem Klimawandel und den Abholzungen zugeschrieben wird. Der Anteil des Landes am Amazonasgebiet entspricht flächenmässig der Grösse Westeuropas. Ihm wird daher eine entscheidende Rolle beim Klimaschutz zugeschrieben.

Die EU-Kommission hatte am Mittwoch vorgeschlagen, die Einfuhr von Waren zu untersagen, für deren Produktion Regenwald zerstört wird. Dabei geht es um Güter wie Rindfleisch, Holz, Soja, Palmöl, Kaffee
und Kakao, aber auch Schokolade oder Leder. Die Brasilianische Landwirtschaftliche Produzentenvereinigung äusserte sich empört über den Vorschlag. Laut EU-Kommission wurden weltweit von 1990 bis
2020 rund 420 Millionen Hektar Wald zerstört - eine Fläche grösser als die EU. Dem soll nun ein Ende gesetzt werden. Anders als Bolsonaro dringt der linksgerichtete frühere Präsident Luiz Inácio Lula da Silva, der 2022 wieder zur Wahl antreten will, auf eine internationale Initiative gegen die illegale Abholzung.