In Sachen Plastik in der Umwelt steht häufig das Meer im Vordergrund. Wellen, die bergeweise Abfall an den Strand spülen, verhedderte Tiere und Wale mit lauter Unverdaulichem im Magen sind eindrückliche Bilder. Doch das Problem des praktisch unzerstörbaren künstlichen Materials zeigt sich auch unauffälliger, z. B. in den Bergen.

Plastik zählen auf dem «Hohen Sonnenblick»

Ein Forscher-Team unter der Leitung von Dominik Brunner von der Eidgenössischen Materialprüfungsanstalt (Empa) hat auf dem Gipfel des Österreichischen Bergs «Hoher Sonnenblick» täglich immer zur selben Zeit eine Probe der obersten Schneeschicht genommen. Die darin enthaltenen Plastikteilchen wurden gezählt und zusätzlich mit Wetterdaten abgeglichen. So können die Forschenden nicht nur die Menge des Plastiks, der pro Jahr auf die Alpen «schneit», sondern auch dessen Herkunft abschätzen.

Städte sind grosse Plastikquellen

Der grösste Ausstoss an Nanoplastik (Teilchen in einer Grösse von 1-1000 Nanometer, also kleiner als der bekanntere Mikroplastik), geschehe in dicht besiedeltem, städtischem Gebiet, so das Ergebnis der Studie. «Etwa 30 Prozent der gemessenen Nanoplastik-Teilchen auf dem Berggipfel stammen aus einem Radius von 200 Kilometer, vorwiegend aus Städten», schreiben die Forschenden.

Offenbar gelange aber auch der eingangs erwähnte Meeresplastik als kleinste Teilchen via Gischt in die Luft, um anschliessend von Wind und Wetter über 2000 Kilometer weit transportiert zu werden. So landet ein winziges Stück einer Plastikflasche, die auf dem Atlantik getrieben ist, am Ende auf einem Alpengipfel.

60 Prozent des Weltplastiks sind schon Abfall

Bisher seien über 8'300 Millionen Tonnen Plastik weltweit hergestellt worden, schätzt man. Davon seien rund 60 Prozent heute Abfall, der durch Witterungseinflüsse in immer kleinere Teile zerfällt. Wirklich abbaubar ist das Material nämlich nicht.

Aber nicht die ganze Menge der geschätzt bis zu 3'000 Tonnen Nanoplastik, mit denen die Schweiz pro Jahr überzogen wird, stammen aus Abfall: Plastik verursacht auch im alltäglichen Gebrauch – oder im Falle von Kleidern aus Kunststofffasern in der Waschmaschine – Abrieb. Dieser wird mit der Zeit immer kleiner, bis Nanoteilchen daraus geworden sind.

Plastik im Blut?

Nanopartikel sind so klein und leicht, dass sie sich am ehesten mit Gas vergleichen lassen. «Neben Plastik finden sich noch allerlei andere Kleinstteilchen. Vom Saharasand bis zum Bremsbelag schwirrt die Welt als Abrieb durch die Luft», formulieren es die Studien-Autoren. Bisher sei unklar, ob diese Art der Luftverschmutzung eine Gefahr für die Gesundheit darstelle. Schliesslich ist Nanoplastik klein genug, um tief eingeatmet zu werden und womöglich sogar in den Blutkreislauf zu gelangen.

«Wir wissen, dass Mikro- und Nanoplastik fast überall vorhanden ist. Aber ob das wichtig oder gar gefährlich ist, müssen wir erst noch erforschen.», wird Empa-Forscher Bernd Nowack zitiert.