Wenn Manfred Steffen am Rand des Trübelbachweihers steht, kommt er regelrecht ins Schwärmen. Er zeigt auf ein paar kleine Federkugeln, die unweit des Ufers in regelmässigen Abständen ab- und wieder auftauchen, und sagt: «Eine Zwergtaucher-Familie! Eigentlich ist das ein ziemlich scheuer Vogel, darum freut es mich besonders, dass er sich hier wohlfühlt.» Denn der Trübelbachweiher liegt nicht etwa abseits jeglichen Trubels, sondern im Grenzgebiet zwischen den Kantonen Aargau und Luzern am Rand der Gemeinde Pfaffnau. «Hier sieht man immer mehr Erholungsuchende», sagt Steffen. 

Da ist es nicht immer einfach, einen Kompromiss zu finden zwischen den Bedürfnissen des Menschen und jenen der Natur. Doch genau dies versucht der Verein Lebendiges Rottal, dessen Präsident Manfred Steffen ist, seit über einem Vierteljahrhundert. Beim etwa 30 Aren grossen Trübelbachweiher, an dessen Neugestaltung der Verein um die Jahrtausendwende beteiligt war, gelang das Unterfangen offenbar ganz gut. «Wir haben zum Beispiel darauf geachtet, dass kein Weg rund um den Weiher führt», erzählt Steffen. «So gibt es auch Rückzugsmöglichkeiten für Arten, wie den Zwergtaucher oder die Ringelnatter, die es ruhiger mögen.»

Rund 500 Mitglieder zählt der Verein Lebendiges Rottal momentan. Mit vielen Arbeitseinsätzen und Projekten setzen sie sich ehrenamtlich für eine vielfältige Natur ein, in einem über 150 Quadratkilometer grossen Gebiet, das grob begrenzt wird durch die vier regionalen Zentren Langenthal BE, Huttwil BE, Zofingen AG und Willisau LU. Das Engagement reicht von der Unterstützung von Landwirten bei Heckenpflanzungen über die Förderung regionaler Raritäten wie der Schwarzen Flockenblume oder der Gelbbauch­unke bis hin zu Naturerlebnissen wie der Vogel- oder Fledermauspirsch für die Bevölkerung.

Eine Linde, auf der man tanzen kann
«Eine unserer Spezialitäten ist das Bauen von Trockenmauern», sagt Steffen. Das zeigt sich beispielhaft am Weg vom Trübelbachweiher zur Strasse in Pfaffnau. Hier konnte der Verein vor ein paar Jahren dank eines Sponsors ein Landstück kaufen, auf dem er nun beginnt, die Biodiversität zu fördern. Einige Trockenmauerstücke stehen bereits, Berge von Sandsteinen daneben deuten an, dass noch einiges an Arbeit ansteht. 

Unten an der Strasse steht eine junge Linde mitten in einem Trockensteinmauer-Kreis.  Hier ist ein Begegnungs- und Naturerlebnisplatz für die Bevölkerung geplant. Ein ganz besonderer: Im Lauf der Jahre sollen nämlich die Leitäste der Linde waagrecht nach aussen geleitet werden, sodass sie ein Podest tragen können, auf dem dereinst getanzt wird. «Solche Tanzlinden kennt man vor allem von Dorfplätzen in Deutschland. Aber es gibt auch bei uns Zeugnisse davon und wir möchten diese Tradition wieder aufleben lassen», sagt Steffen.

Das Nebeneinander von Mensch, Natur und traditionellem Kulturgut ist typisch für den Verein Lebendiges Rottal. So initiierte er  vor zwölf Jahren die Wiederaufnahme der naturnahen Karpfenzucht, wie sie früher die Zisterziensermönche im Kloster St. Urban LU betrieben. Und im Chlosterwald in Murgen­thal AG läuft ein Projekt, das eine traditionelle Waldnutzung vorsieht, um einen besonders artenreichen Waldtyp heranwachsen zu lassen, den «Mittelwald».  

Dass auch der Mensch an der Natur teilhaben könne, sei wichtig, sagt Steffen. So ist auf der Trübelbachmatte neben der Tanzlinde eine Blumenuhr geplant, mit Blumen, deren Blüten zu verschiedenen Tageszeiten aufgehen oder duften. Zudem ein Weiher, in dem Kinder auf Kaulquappen- und Molchfang gehen können, und eine Wässermatte, wo sie selber eine Wiese wässern können.

«Doch an anderen Stellen muss die Natur ihre Ruhe haben. Dort werden Tierbeobachtungen aus einem Versteck heraus möglich», sagt Steffen. Denn schliesslich sollen sich im Rottal in Zukunft noch mehr scheue Tiere und anspruchsvolle Pflanzen wieder zu Hause fühlen.