Bemalte Kühe hatten wir schon. Der 2017 verstorbene Künstler Beat Seeberger hatte sie vor einigen Jahren im Auftrag des Dachverbandes City Vereinigung für Zürich designt und auf dem Stadtgebiet aufgestellt. Noch heute stehen sie in verschiedenen Kantonen – und auch in Zürich selber kann man einzelne Exemplare der bunten Tiere antreffen. Nun haben sie Gesellschaft erhalten. Seit dem 27. September ziehen auf Stadtgebiet zehn farbige Schafe die Aufmerksamkeit der Passantinnen und Passanten auf sich. Viele fragen sich, was es mit den Kunstwerken auf sich hatte. Sicher ist nur, dass sie von Künstlerinnen und Künstlern geschaffen sein mussten, die grosse Liebe zum Detail und viel Fantasie besitzen. 

Den eigentlichen Zweck der Aktion macht die Tierschutzorganisation Vier Pfoten nun offiziell am Samstag bekannt. Für einmal trommelt sie die künstlerisch verzierte «Herde» zusammen und stellt zwischen 10 und 15 Uhr alle zehn Kühe in der Pestalozzianlage aus. Mit Hilfe dieses Anlasses will die Tierschutzorganisation auf das Problem der grausamen Mulesing-Methode bei Merinolämmern in Australien aufmerksam machen («Tierwelt» berichtete, Link zum Artikel). Bei dieser schmerzvollen Praxis, die laut Vier Pfoten in der Schweiz nur gerade 17 Prozent der Bevölkerung bekannt ist (Quelle: Integral), werden den Lämmern grosse Hautfalten am Hinterteil abgeschnitten. 

Ein Schaf mit Schmetterlingen und einem tieferen Sinn
Gaby Neth ist einer der Künstlerinnen, die die Aktion unterstützen. Ihr Schaf ist mit Schmetterlingen bestückt. Im Schreiben von Vier Pfoten lässt sie sich mit den Worten zitieren: «Mir war es wichtig, ein pastellfarbiges Schaf zu machen, weil es für mich Unschuld und Reinheit symbolisiert. Die Sommervögel, welche sich hoffentlich in der Wiese des Schafes befinden, symbolisieren die Leichtigkeit des Lebens. Ich finde, die Natur, also der Ursprung von allem, ist unschuldig.» Durch die Zivilisation habe sich der Mensch der Natur allerdings in so anmassender und überbordender Weise bedient, dass das Leiden dieser Wesen, die sich nicht wehren können, oft kaum mehr zu ertragen ist.

Weil Tierschutz nicht nur ein Anliegen von erwachsenen Künstlerinnen und Künstlern ist, haben auch Kindergärtler ein Schaf gestaltet und stellen es am Samstag aus. Vier Pfoten freut sich über die rege Unterstützung. Dass sich die Tierschutzorganisation gegen das Mulesing einsetzt, hängt mit ihrer Überzeugung zusammen, dass diese Methode völlig überflüssig ist und nur Tierleid mit sich bringt.

Daran, dass Merino-Wolle gefragt ist, lässt sich nicht rütteln. Sie wird laut Vier Pfoten für verschiedenste Kleidungsstücke verwendet, ist saisonunabhängig und sehr beliebt. Über 75 Prozent der Wollexporte und sogar 90 Prozent der feinen Merino-Wolle, die für die globale Mode-Industrie verwendet werden, würden aus Australien stammen. 

«Eine grausame Praxis»
Doch die Tierschutzorganisation weist darauf hin, dass dieses Land weltweit das einzige ist, in dem Mulesing noch betrieben wird. Eine grausame Praxis, bei der Lämmern ohne Betäubung grosse Hautfalten am Hinterteil abgeschnitten werde, um sie vor einem möglichen Fliegenmadenbefall zu schützen. Laut Vier Pfoten leiden unter ihr jährlich Millionen von Lämmern. Dabei gebe es dazu längst Alternativen, wie der Wechsel auf Schafzüchtungen, die weniger anfällig für Parasiten sind. 3000 australische Landwirte seien bereits umgestiegen und können so Merinowolle ohne Mulesing produzieren.

Yasmine Wenk, Campaignerin bei Vier Pfoten, lässt sich in der Medienmitteilung mit den Worten zitieren: «Wir setzen uns für eine verantwortungsvolle Beschaffung von Wolle ein. Im Rahmen unserer Kampagne konnten wir bereits viele Marken dazu bewegen, in Zukunft nur noch zertifiziert mulesing-freie Wolle für die eigene Mode zu verwenden. Denn nur strenge Zertifizierungsstandards können eine lückenlose Rückverfolgbarkeit garantieren und sicherstellen, dass die mulesing-freie Wolle auch tatsächlich mulesing-frei ist.» Die Aktion in Zürich soll eine breite Öffentlichkeit für dieses Anliegen sensibilisieren.