Von der neuen Zimmerpflanze über die frischen Sommerblumen bis hin zum jungen Staudensetzling: Der Pflanzennachschub muss nicht zwingend direkt vom Gartencenter kommen. Vielmehr lassen sich die neuen Gartengäste mit unterschiedlichen Methoden auch aus eigener Hand heranzüchten. Statt für teures Geld dutzende Jungpflanzen anzuschaffen, lässt sich das Blumenbeet im Garten auch fast zum Nulltarif mit selbst Gezogenem bestücken. Oft führt schon der einfachste Weg zum Ziel: die Vervielfältigung durch Teilung. Die meisten Storchschnabelgewächse (Geranium) etwa lassen sich leicht vermehren, indem man ihre Wurzelballen ausgräbt und mit dem Spaten teilt. Auch beim Sonnenhut (Rudbeckia) gilt: «aus eins mach zwei». Im Herbst nach der Blüte schneidet man die Staude zurück, legt die Wurzeln frei und teilt den Wurzelstock mit dem Spaten. Zusammen mit etwas Kompost kommen die Teilstücke dann an ihren neuen Wohnort. Die Mutterpflanze übrigens belohnt die Prozedur, indem sie im Folgejahr besonders starke Blüten ausbildet. 

Resistenzen weitergeben
Grundsätzlich lassen sich die grünen Gartenbewohner auf zwei verschiedene Arten vermehren: generativ – also durch Samen – oder vegetativ. Neben der Teilung gelingt die vegetative Pflanzenvermehrung mit der Vermehrung durch Stecklinge besonders gut: Dabei werden durch die Anzucht selbst gewonnener und zugeschnittener Pflanzenteile die Erbeigenschaften der Mutterpflanze eins zu eins kopiert. «So können, neben der gewünschten Wuchsform und Blühfähigkeit, auch Krankheitsresistenzen weitergegeben werden», erklärt Regina Schurte, Obergärtnerin der Gärtnerei Schwitter in Inwil LU.

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Die vegetative Vermehrung eignet sich für zahlreiche Pflanzen. Je nach Art sind bestimmte Pflanzenteile zu bevorzugen. Für Fuchsien (Fuchsia), Geranien (Pelargonium) oder Margeriten (Leucanthemum) empfiehlt sich etwa das Ende eines ausgereiften Sprosses. Der Steckling soll eine Länge von zwei bis vier Blattknoten aufweisen, wobei nicht mehr als zwei Blätter am Ende des Zweigs stehengelassen werden. Denn je grösser die Blattfläche, desto mehr Energie geht durch sie verloren. Diese Kraft fehlt dann, um neue Wurzeln zu bilden. Die Vermehrung durch Stecklinge setzt aber den richtigen Zeitpunkt voraus: «Ist es zu kühl, bilden die Pflanzen keine Wurzeln aus», warnt die Expertin. Der geeignete Zeitpunkt ist also das Frühjahr, wenn die Temperaturen wieder ansteigen.

Auch das Behältnis, in dem die empfindlichen Pflanzenteilchen heranwachsen, muss passen: «Neben gewöhnlichen Töpfen eignen sich spezielle Anzuchtbehälter besonders gut», rät Schurte. Solche Kunststoffschalen mit lichtdurchlässigem Deckel findet man im Fachgeschäft für wenig Geld. Dabei ist das Bodenteil meistens schon mit kleinen Löchern versehen, um das überschüssige Wasser abfliessen zu lassen und Fäulnis vorzubeugen. Alternativ tut es auch gebrauchtes Verpackungsmaterial aus Kunststoff, das mit kleinen Bohrlöchern versehen wird. Die passende Haube kann in diesem Fall durch transparente Abdeckfolie ersetzt werden. Aber Vorsicht: Auf keinen Fall vergessen, die Anzucht regelmässig zu lüften! 

Das richtige Substrat wählen
Zu Dünger soll in der Anzuchtphase nicht gegriffen werden. «Dieser könnte die feinen Wurzeln verbrennen», sagt Schurte. Stattdessen sorgt spezielle Aussaaterde für den richtigen Mix aus Sand, Erde und geringem Nährstoffgehalt. Sie ist für die Samenaussaat ebenso gut geeignet wie für die Pflanzenvermehrung durch Stecklinge. Wahlweise eignet sich auch eine Substratmischung aus einem Drittel Sand und zwei Dritteln Kokoserde. Der Sand sorgt für Wasserdurchlässigkeit, die Erde dient als fester Stabilisator und Nährstoffspeicher.

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Die Stecklinge sollten überdies nicht zu nass stehen. Zusätzlich zu den eingestanzten Abflusslöchern empfiehlt die Expertin deshalb, das Substrat so lange ruhen zu lassen, bis die Erde abgetrocknet ist und erst dann wieder zu giessen. Neben der Luftzufuhr und der Feuchtigkeit ist auch die Sonneneinstrahlung zu kontrollieren. «Am idealsten ist ein halbschattiger und dennoch heller Ort», sagt die Spezialistin. Denn dem direkten Sonnenlicht können die zarten Stecklinge noch zu wenig trotzen. 

Ausgepflanzt werden sie dann, sobald sie genügend Wurzeln gebildet haben. Es empfiehlt sich jedoch auch hier, den Nachwuchs vor dem Auspflanzen schrittweise an die Sonne zu gewöhnen. 

Die Stecklinge sind eine bewährte Methode, um Mutterpflanzen exakt zu kopieren. Am ursprünglichsten und naheliegendsten ist jedoch die Reproduktion von Pflanzen durch Samen. Bei dieser sogenannten generativen Vermehrung wird das Erbgut zweier Elternpflanzen neu kombiniert. Dabei können genetisch «verfälschte», sogenannte Hybridsorten, entstehen: Gewisse Pflanzen zählen zu den Fremdbefruchtern und sind schwieriger zu vermehren, da sie unter Umständen nicht sortenrein bleiben. Denn bei der Fremdbefruchtung kommt es zu einer Bestäubung zwischen Blüten verschiedener Pflanzen derselben Art.

Die Aussaat ist günstig und ergiebig
Wünschenswerte Eigenschaften der Pflanze, die bei der Stecklingsvermehrung erhalten bleiben, können bei der Samenaussaat somit nach und nach verloren gehen. Nachteilig ist auch, dass die Keimung der Samen nicht bei allen Pflanzen gleich gut funktioniert und länger dauern kann. «Andererseits hat die Methode den Vorteil, dass man sehr einfach grössere Mengen neuer Pflanzen erhält», erklärt Schurte. Gerade bei Stauden und Sommerblumen ist die Aussaat aber eine günstige und sehr ergiebige Methode. Ihre Samen werden idealerweise während der Herbstmonate etwa in der freien Natur oder in der Nachbarschaft gesammelt. 

«Für ein möglichst erfreuliches Resultat sollte das Saatgut bis zur Aussaat im Frühling trocken, kühl und dunkel gelagert werden», empfiehlt Schurte. Ob via Steckling oder aus dem Samen: Wer nicht einfach fertige Setzlinge kauft, sondern die Pflanze selbst gezogen hat, profitiert zusätzlich davon, mit seinem Gartennachwuchs experimentieren zu können.