Wie so vieles im Gemüsegarten ist auch das Giessen sehr individuell und hängt nicht nur vom Wetter ab, sondern auch von der Lage und dem Wasserrückhaltevermögen des Bodens. Urs Streuli, Gartenberater von Bioterra, der Organisation für den Bio- und Naturgarten in der Schweiz, rät, vor dem Gang zum Wasserhahn zunächst die Bodenfeuchte zu prüfen. «Ist die Erde in Wurzeltiefe wirklich trocken? Wenn ja: Tiefer als 15 Zentimeter wurzelnde Pflanzen erreichen wir nur mit einer genügenden Menge an Wasser. Damit dieses zu den Wurzeln gelangt, sind ein Dutzend kleine Gaben in Abständen von fünf Minuten oder der Einsatz eines Sprühers samt Regenmesser das Beste.»

Der Fachmann weiss aus Erfahrung: Erst bei mindestens 30 Litern Wasser pro Quadratmeter erreicht das begehrte Nass die Wurzeln. «Eine kleinere, oberflächliche Gabe ist daher reine Wasserverschwendung», gibt Streuli zu bedenken. Es ist nachhaltiger, in trockenen Phasen alle paar Tage gründlich und durchdringend als täglich oberflächlich zu spritzen. Die Wurzeln der Gemüsepflanzen wachsen dahin, wo das Wasser ist. Giesst man oft, aber nur schnell, bleibt das Wurzelnetz oberflächlich. Trocknet nun die Oberfläche einmal aus, verdursten die Pflanzen.

In der Regel reicht es in trockenen Phasen, zweimal pro Woche gründlich zu giessen. Nicht alle Gemüse brauchen gleich viel Wasser. Radieschen, Zwiebeln oder Kopfsalate wurzeln relativ flach. Hier genügt es, die oberen 20 Zentimeter feucht zu halten. Kürbisse oder Kohl hingegen wurzeln tief. Sie brauchen seltener, aber wenn, dann viel Wasser. Bei frisch gepflanzten Setzlingen wiederum gilt es, sie gut mit Wasser zu versorgen, bis sie angewachsen sind. Ab dann zurückhaltend und nur noch bei anhaltender Trockenheit wässern. Dies regt die Pflanzen an, ein fein vernetztes Wurzelwerk zu bilden.

Am besten frühmorgens giessen
Es gibt eine Reihe von Tricks, um den Boden länger feucht zu halten und die Giessintervalle zu vergrössern. Ist der Boden sandig und leicht, ist sein Wasserrückhaltevermögen naturgemäss kleiner. Hier hilft es, den Boden über die Jahre mit Kompostgaben anzureichern und so zu verbessern. Eine Mulchschicht aus feinem Rasenschnitt sorgt dafür, dass der Boden weniger rasch austrocknet. Die organische Abdeckung auf den Beeten hält nicht nur feucht, sondern schützt zugleich das Erdreich. Allerdings braucht es beim Mulchen das rechte Mass, denn auch Schnecken mögen die Feuchtigkeit und nutzen den Mulch gerne als Unterschlupf.

Das regelmässige Hacken des Bodens sorgt dafür, dass die oberste Schicht feinkrümelig bleibt. Man unterbricht damit die Kapillaren, durch die das Wasser aus dem Boden verdunstet und sorgt so dafür, dass die Feuchte länger zurückbleibt. «Einmal hacken spart dreimal giessen», besagt eine alte Gärtner-Faustregel. Als positiver Nebeneffekt lässt sich durch regelmässiges Hacken auch aufkommendes Unkraut in Schach halten.

In der Mittagshitze verdunstet das Wasser sehr schnell. Es ist daher sinnvoll, eher frühmorgens oder abends zu giessen. Es gilt dabei aber zu bedenken, dass man abends Schnecken anlockt. Wer also über keinen Schneckenzaun verfügt, tut gut daran, zum Frühaufsteher zu werden und schon vor Sonnenaufgang zur Giesskanne zu greifen. Die aufgehende Sonne sorgt schon bald dafür, dass sich die Schnecken verziehen und das Gemüse in Ruhe lassen. Und was gibt es Schöneres, als den Tag in den Gemüsebeeten zu beginnen und zu beobachten, wie der Garten erwacht?