Ihre Halme wiegen sich malerisch im Wind, rascheln und erinnern an unberührte Natur. Lange, schmale und vielfach elegante Blätter sowie die mannigfaltigen Formen ihrer transparenten Blütenstände verleihen der Pflanze Leichtigkeit und einen besonderen Charme. Dennoch stehen Gräser selten im Rampenlicht des Gartens. Dabei gibt es eine grosse Auswahl für jeden Stil und Standort, ebenso für Kübel auf Terrasse oder Balkon. «Von vielen Gräserarten existieren mehrere Sorten, die sich teils in Grösse, Gestalt, Farbe und Ausbreitungsdrang stark unterscheiden. Daher lohnt es sich, gezielt nach einzelnen Arten und bestimmten Sorten zu suchen», sagt Sabine Roth, Staudengärtnerin in den Merian Gärten in Basel. Zudem sollten ihre Standortansprüche zu denen der Beetnachbarn passen. Am besten, man lässt sich in einer Staudengärtnerei beraten.

Kaum eine Pflanzengruppe ist für die Gartengestaltung so vielseitig einsetzbar wie Gräser. Mit über 10 000 Arten punkten sie durch die Vielfalt ihrer Wuchshöhe und -form sowie Farbe. Betrachtet man ihr Wuchsverhalten, wird zwischen Cold-Season- und Warm-Season-Gräsern unterschieden. Erstere wie etwa Seggen oder Schwingel treiben bereits ab Mitte Februar aus und blühen im Spätfrühling. Wärmeliebende Gräser hingegen, die oft aus den sommerheissen Steppengebieten Nordamerikas stammen, blühen erst vom Hochsommer bis in den Herbst. Dazu zählt etwa die Rutenhirse (Panicum virgatum), die Staude des Jahres 2020. 

Raumordner und Bodendecker
Hübsche Fruchtstände erwecken den Eindruck einer langen Blütezeit. Sie zieren – von Raureif und Schnee überzogen – auch über die Wintermonate den Garten. Zudem bieten sie Überwinterungsmöglichkeiten für Insekten. «Werden die Halme im Frühjahr zurückgeschnitten, dürfen sie daher nicht gleich auf dem Kompost landen, sondern sollten als Garben senkrecht an der Hauswand oder im Gebüsch platziert werden», erklärt Roth. Denn die Larven der meisten Insekten wie etwa der Wildbienen schlüpfen erst im April.

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Die Palette reicht von grünen Riesen wie dem Chinaschilf (Miscanthus sinensis) bis zu wenigen Zentimeter hohen Elfen wie dem Blauschwingel (Festuca cinerea). Sie eignen sich auch, um den Raum zu ordnen: Niedrige, polsterförmige Arten werten den Beetvordergrund auf, können unter Gehölzen gesetzt oder in teppichartige Mischpflanzungen eingestreut werden. Bodendeckende, immergrüne Vertreter wie Seggen und Waldmarbel (Luzula sylvatica) lassen sich für Stein- oder Kiesgärten verwenden. 

Ideale Begleiter für Herbstblüher
Je nach Wuchs bilden Gräser runde, überhängende oder senkrechte Formen. «Überhängende Vertreter wie das Lampenputzergras runden Kanten und Ecken ab», erklärt Roth. Straff aufrecht wachsende Gräser wie das Reitgras (Calamagrostis acutiflora «Karl Foerster») betonen die Höhenstaffelung in einer Pflanzung. Hohe, horstbildende Gräser wie der Riesen-Schwingel (Festuca gigantea) eignen sich als Rückgrat: Mit ihren langen Halmen schaffen sie als dezente Pflanzpartner einen ruhigen, grünen Rahmen, der die umgebenden Stauden zur Geltung bringt.

Filigrane Gräser wiederum bilden Kontraste zu gröber strukturierten Stauden, Hecken oder horizontalen Gartenelementen wie Wegen und Plätzen. Zudem lockern sie Hausfassaden und Mauern auf und hellen schattige Bereiche auf. «Dazu eignet sich etwa das Japanische Waldgras ‹Aureola› oder für halbschattige Standorte die grüngelbe Sorte ‹All Gold›», rät die Staudengärtnerin. Spät blühende Gräser wie etwa das Rosa Haargras (Muhlenbergia capillaris) umspielen als Begleiter Herbstblüher wie Astern und Anemonen. Besonders hohe, ausladende Vertreter mit imposanten Halmen wie das Hohe Pfeifengras (Molinea arundinacea) eignen sich als Solitärpflanze mitten im Beet. 

«Vor dem Pflanzen sollte man jedoch die Endgrösse der Gräser bedenken und prüfen, an welchem Standort sie das schönste Lichtspiel entwickeln», resümiert Andrea Roth. Schöne Praxisbeispiele für eine geschickte Kombination von Gräsern und Blumenstauden halten die Merian Gärten in Basel bereit.

Literaturtipp
Piet Oudolf und Noël Kingsbury: «Neues Gartendesign mit Stauden und Gräsern», Verlag: Eugen Ulmer, ISBN: 978-3-8001-7892-6, ca. Fr. 34.–