Die zwei Striche auf dem Schwangerschaftstest verändern nicht nur das Leben werdender Eltern; sie stellen auch den Alltag ihrer Haustiere auf den Kopf. Mit der ersten Schwangerschaft kommen für viele Haustierhalterinnen automatisch allerlei Befürchtungen: Muss man den Hund nun abgeben? Darf man fremde Katzen noch streicheln? Und überträgt der Hamster womöglich Krankheiten, die dem Ungeborenen schaden könnten?

Bereits bei einer kurzen Suchanfrage im Netz dürfte es so mancher werdenden Mutter angst und bange werden. Da ist von allerlei Bakterien und Viren die Rede, von der ominösen Papageienkrankheit, von Gehirnhautentzündungen wegen Meerschweinchen und Hauterkrankungen durch Fische. Es gibt kaum ein Haustier, so scheint es, das der Schwangeren oder dem Ungeborenen nicht potenziell schaden kann.

Hygiene ist das A und O
Von der Panikmacherei, die bisweilen im Netz herrscht und werdende Eltern verunsichert, hält Barbara Stocker nicht viel. Sie muss es wissen: Der Präsidentin des Schweizerischen Hebammenverbands sind bisher gesundheitliche Probleme bei Schwangeren aufgrund von Haustierhaltung selten begegnet.

Die wohl bekannteste Gefährdung ist die Toxoplasmose, eine Infektion mit grippeähnlichen Symptomen, die grundsätzlich eine lebenslange Immunität hinterlässt. Hat eine Frau bereits vor Beginn einer Schwangerschaft Antikörper gegen den Erreger, ist auch das ungeborene Baby geschützt. Infiziert sich eine Schwangere zum ersten Mal, kann es zu einer Fehlgeburt oder selten zu schweren Fehlbildungen beim Kind kommen. Die Erreger können vor allem über Berührung von Ausscheidungen der Katze aufgenommen werden. Schwangere sollten deshalb entweder die Finger vom Katzenklo lassen oder für das Reinigen Plastikhandschuhe tragen, so der oft zitierte Appell.

Achtet man auf die Hygiene, indem man sich regelmässig die Hände wäscht und desinfiziert oder beim Putzen des Katzenklos Handschuhe benutzt, geht für Schwangere kaum ein Risiko von Katzen aus.

Barbara Stocker
Präsidentin Schweizerischer Hebammenverband

«Vor 20 Jahren war Toxoplasmose in der Schwangerschaft ein grosses Thema, alle Schwangeren wurden auf Antikörper getestet», erzählt Stocker. Die Fälle, in denen Ungeborene tatsächlich Schaden erleiden, sind so selten, dass Antikörper-Tests nur noch bei Verdacht auf eine akute Erkrankung gemacht werden. Die Untersuchung wird auch nur in diesen Fällen von der Krankenkasse bezahlt. «Achtet man auf die Hygiene, indem man sich regelmässig die Hände wäscht und desinfiziert oder beim Putzen des Katzenklos Handschuhe benutzt, geht für Schwangere kaum ein Risiko von Katzen aus», sagt Stocker.

Noch nie ist der Hebamme aus Strengelbach AG eine Schwangere begegnet, die sich eine der im Netz erwähnten Krankheiten einfing, die Papageien, Nagetiere oder Aquarienfische übertragen können. «Es muss sich um äusserst seltene Fälle handeln», vermutet sie. Schwangere explizit auf so seltene Gefahren hinzuweisen, hält sie daher nicht für nötig. «Zumal sich auch diese Fälle mit der Einhaltung von Hygienemassnahmen verhindern lassen.»

Kinderzimmer wird zur Tabuzone
Wenn sie bei einem Hausbesuch feststellen würde, dass die Hygiene im Umgang mit einem Haustier mangelhaft ist oder eine Schwangere beispielsweise Bissspuren von der Katze oder einem Meerschweinchen aufweist, würde sie das natürlich ansprechen, so Stocker. Im Zuge der Corona-Pandemie wüssten die Frauen heute jedoch mehr denn je, was es heisst, auf Hygiene zu achten. Und dies gelte letztlich für alle Bereiche, von der Vorbeugung übertragbarer Krankheiten bis hin zur Essensvorbereitung. «Lässt man auch im Umgang mit tierischen Mitbewohnern den gesunden Menschenverstand walten, spricht überhaupt nichts dagegen, während der Schwangerschaft ein oder mehrere Haustiere zu halten», sagt Stocker.

Neben Unsicherheiten bezüglich gesundheitlicher Risiken von Haustieren sieht sich Stocker auch ab und zu mit Fragen zu Verhalten und Erziehung von Hunden und Katzen während der Schwangerschaft oder im Wochenbett konfrontiert. «Dabei verweise ich die Schwangere selbstverständlich an Fachpersonen», sagt Stocker mit einem Lachen, «denn für Tiere bin ich nicht zuständig». 

Die Ratschläge von Verhaltenstierärzten, wie man Haustiere am besten auf die Ankunft des Neugeborenen vorbereitet, fallen vielfältig aus: vom Abspielen von Babygeräuschen ab Band zur akustischen Vorbereitung über das Herumtragen von Plüschtieren als Baby-Dummys bis hin zum Mitbringen von vollen Windeln aus dem Spital. Der wichtigste Unterschied, den die Haustiere mit dem neuen Familienmitglied feststellen, liegt jedoch darin, dass Herrchen und Frauchen dann weniger Zeit für sie haben werden. Darauf gilt es das Tier bereits während der Schwangerschaft vorzubereiten. Etwa, indem das Kinderzimmer bereits dann zur Tabuzone erklärt und der Hund an flexiblere Gassi- und Fütterungszeiten gewöhnt wird.