Ein rechtsschiefes Pferd erkennt man schnell. Der rechte Hinterhuf tritt nicht in die Spur des rechten Vorderhufs, sondern seitlich rechts daneben. Es bevorzugt auf gerader Linie den Linksgalopp, neigt in Wendungen nach rechts zum Ausfallen über die linke Schulter und stellt beim Grasen sein rechtes Bein weiter unter den Körper.

Manchmal kann man sogar im Stand erkennen, dass die Muskulatur auf der rechten im Vergleich zur linken Körperseite verkürzt ist. Ist das Pferd linksseitig schief, was seltener vorkommt, gilt das Umgekehrte. In der freien Natur ist die natürliche Schiefe kein Problem, doch sobald das Pferd unter den Sattel kommt, sollte es aber, egal in welcher Disziplin, gerade gerichtet werden. Das bedeutet, es sollte so weit trainiert werden, dass es sich mit seiner Längsachse dem geraden oder gebogenen Hufschlag anpassen kann.

Einseitige Belastung kann zu Arthrose führen
«Wenn das Pferd nicht gerade gerichtet wird, entwickelt sich die Muskulatur unterschiedlich», erklärt Franziska Seidl, die in der Reitanlage Rhetaca in Liechtenstein Pferde und Reiter bis Kategorie S und Grand Prix ausbildet. «Das Pferd wird einseitig belastet, es kommt zunächst zu Muskelverspannungen. Dadurch wird der gesamte Bewegungsapparat zu stark belastet, die Folgen davon können Abnutzungserscheinungen wie etwa Arthrose sein.»

Gerade richtende Arbeit ist die Voraussetzung dafür, dass sich das Pferd nach rechts und links gleich gut wenden lässt, durchlässig und geschmeidig ist. Nur ein gerade gerichtetes Pferd kann schwungvoll vorwärtsgehen, Schub- und Tragkraft entwickeln und im fortgeschrittenen Ausbildungsstadium versammelt werden. Die gerade richtende Arbeit beginnt bereits, wenn sich das junge Pferd in allen Grundgangarten selbstverständlich reiten und kontrollieren lässt. Geeignet sind alle Übungen, die das Pferd für die seitwärts treibenden, beziehungsweise verwahrenden Schenkel durchlässiger werden lassen, also zum Beispiel das Reiten auf dem zweiten Hufschlag, Schultervor, Schulterherein, Schlangenlinien und Volten.

«Damit keine Verspannungen und kein Frust entstehen, sollte man immer vom Einfacheren zum Schwierigeren gehen, die Anforderungen dem individuellen Lerntempo des Pferdes anpassen und nie zu lange auf der schlechten Seite herumknorzen, sondern lieber mal wieder auf die gute Seite wechseln. Mit der Zeit wird das Verhältnis dann ausgeglichen», sagt Seidl, die als nationale Grand-Prix-Dressurrichterin tätig ist und im Dressur-Elite-Kader der Schweiz reitet.

Der Reiter muss auch an sich selber arbeiten
Oft entsteht eine Wechselwirkung zwischen der Schiefe des Reiters und der Schiefe des Pferdes. «Ein schiefes Pferd setzt den Reiter auch zur Seite und umgekehrt», sagt Seidl. Ist der Bewegungsfluss beispielsweise durch ein verdrehtes Becken oder einen Schulterschiefstand des Reiters blockiert, reagiert das Pferd zwangsläufig mit Verspannung, es geht auf einer Seite schlechter und steifer, wodurch wiederum die Sitzprobleme des Reiters verstärkt werden.

Zur gerade richtenden Arbeit des Pferdes gehören deshalb auch Körperarbeit und Sitzschulung des Reiters, etwa in Form von Gleichgewichtsübungen, Aquatraining, Yoga zur Schulung des Körperbewusstseins, Sitzübungen an der Longe und in extremen Fällen auch Osteopathie und Physiotherapie, unbedingt dazu.