Biodiversität
Postgasse in Bern: Grüne Oase in der Altstadt
Die Postgasse gehört zu den heissesten Orten der Stadt Bern. Eine vielfältige Begrünung soll nicht nur der Hitze zu Leibe rücken, sondern die Gasse auch zu einem biodiversen Hotspot machen.
Adrian Metry, Leiter des Projekts «Grünste Gasse der Schweiz», beugt sich über den schwarzen Holunder, der sich einen grossen Topf mit mehreren Waldmeister-Winzlingen teilt, und ist sichtlich zufrieden: Es spriesst an allen Ecken und Enden in der Postgasse – Hummeln und Bienen, aber auch viele Vögel, erquicken sich an den Pflanzen. «Es hat deutlich mehr Vögel, seit wir die Bepflanzungsaktion vor drei Jahren gestartet haben», so der Projektleiter, der am Institut für Pflanzenwissenschaften der Universität Bern arbeitet. Über 220 – vor allem heimische – Pflanzenarten spriessen in den fast 200 Töpfen der Postgasse. Seit 2023 wird die rund 1919 m2 grosse Strassenfläche, zusammen mit den hier wohnenden und arbeitenden Menschen, aktiv begrünt. «Bisher haben wir über 700 Pflanzen in die Gasse geliefert und gepflanzt», freut sich Metry.
Platz 1 bei Biodiversität
Nicht nur den Tieren gefällt das viele Grün mitten in der Berner Altstadt. Eine Umfrage unter den Anwohnenden zeigt: 95 Prozent aller Befragten berichten von einer gesteigerten Lebensqualität als Folge der Begrünung. Viele schätzen die Begegnungen und Gespräche, die sich durch das vom Institut für Pflanzenwissenschaft und weiteren Forschungsgruppen initiierte und wissenschaftlich begleitete Projekt ergeben und sprechen sich klar für eine Fortsetzung aus.
Adrian Metry ist nun bei einem grösseren Topf angekommen und prüft die teils welken Blätter eines Buschs. «Mit dem Wassergeben klappt es noch nicht überall perfekt», räumt er schmunzelnd ein. Manchmal ginge es bei den Anwohnenden vergessen, sich während der Ferien untereinander abzusprechen. Dennoch: Der umtriebige Botaniker ist hocherfreut, wie die Nachbarn mit anpacken an den Pflanztagen, aber auch beim täglichen Unterhalt des vielen Grüns. Bezüglich Biodiversität erhält die Postgasse Bestnoten: Die Anzahl Pflanzenarten pro Quadratmeter ist bis zu zehn Mal höher als in anderen Gassen der Bundesstadt.
Die Postgasse trägt noch einen weiteren Superlativ, auf den die Anwohnenden gerne verzichten würden. Im Sommer zählt sie zu einem der heissesten Orte in Bern und erreicht teils ähnliche Temperaturen wie das spanische Valencia. Auch diesbezüglich zeigt die Begrünung positive Effekte: Der Schattenwurf von Bäumen und Sträuchern und die Brunnen sorgen Messungen zufolge für Abkühlung. Grüne Flächen seien wichtig, um Städte an den Klimawandel anzupassen, halten die Forscher der Universität Bern fest. Sie wollen die Postgasse gross herausbringen: «Sie soll ein Vorbild für die partizipative Begrünung von europäischen Städten werden», umreissen sie ihr ambitioniertes Vorhaben.
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