Dr. Peter Sandmeier hat sich auf die Behandlung von Vögeln spezialisiert. Er verfügt über die anspruchsvolle Spezialausbildung zum Vogeltierarzt. Hühner gehören heute zu den häufigsten gefiederten Patienten in seiner Praxis in Baden-Dättwil (AG).

Der Vogelveterinär sagt: «Viele halten heute Hühner als Heimtiere im Garten. Es sind Familienmitglieder, und wenn eines kränkelt, kommen sie mit ihm zu mir in die Praxis.» Der Experte unterscheidet zwischen Legehybriden und Rassehühnern. Legehybriden werden auf eine extreme Legeleistung gezüchtet und normalerweise nach rund eineinhalb Jahren Lebensdauer geschlachtet. Viele Hühnerhalter retten solche Lege-hybriden vor dem Tod und nehmen sie bei sich auf. «Nach dem zweiten Lebensjahr weist ein Legehuhn Anfälligkeiten des Legeapparats auf», sagt Peter Sandmeier. Die Dauerlegeleistung ohne Ruhephase führe zu einer Entzündung des Legeapparates mit Schichteibildung und teilweise Bauchwassersucht. Dies führe häufig zu atypischer Körperstellung. «Das Huhn steht da wie ein Pinguin, der Kamm ist blass.»

Bei einem Röntgenbild oder einer Ultraschalluntersuchung zeige sich dann, dass das Huhn eine angeschwollene Körperhöhle aufweise. Der Eileiter liege auf der linken Seite, erklärt Peter Sandmeier. Nur in wenigen Fällen bringe ein chirurgischer Eingriff Linderung. Meist sei aber eine konservative Therapie das Beste. «Sie verlängert das Leben des Huhns um einige Monate.» Der gesundheitliche Raubbau durch die enorme Legeleistung kann nicht wieder korrigiert werden. Die meisten dieser Legehybriden mit Eileiterentzündung müssten eingeschläfert werden.

Ganz anders ist es bei Rassehühnern. Im Laufe der Jahrhunderte wurden verschiedenste Hühnerrassen herausgezüchtet. Allein im europäischen Rassegeflügelstandard werden um die 180 Rassen und Farbenschläge aufgelistet. Rassehühner werden in der Schweiz mehrheitlich von Liebhabern gezüchtet und weisen typische äussere und charakterliche Merkmale auf. Auch sie legen Eier, doch in einem normalen Rhythmus. Darum setzt die Eierleistung in den dunklen Wintermonaten mehrheitlich ganz aus. Die Folge: Die Hühner leben länger und haben eine gesunde Konstitution. Rassehühner, direkt vom Züchter erworben, sind somit die bessere Entscheidung. Doch auch Rassehühner können krank werden.

Überblick zu Problemen und Krankheiten

«Jedes Huhn sollte auf Rote Vogelmilben überprüft werden», rät Dr. Sandmeier. Ein Milbenbefall ist aber nicht immer offensichtlich. Der Tierarzt erklärt: «Die Rote Vogelmilbe versteckt sich tagsüber in Ritzen und unter Sitzstangen im Stall.» Wenn er ein Huhn in der Sprechstunde habe, seien meist keine Roten Vogelmilben im Gefieder zu finden. «Die Milbe kommt nachts hervor, kriecht auf das schlafende Huhn und saugt Blut.» Wenn sie vollgesaugt sei, sei sie einen Millimeter gross. «Die Rote Vogelmilbe gelangt hauptsächlich durch Zukäufe neuer Hühner in den Bestand und breitet sich aus»,betont der Veterinär. Darum sollte jeder Neuzugang vorbeugend behandelt werden.

Der Vogeltierarzt empfiehlt eine Behandlung mit dem Medikament Exzolt, das neu auf dem Markt sei. Das sofort wirksame Produkt ist rezeptpflichtig und wird über das Trinkwasser oder direkt in den Schnabel verabreicht. Eine vollständige Reinigung des Hühnerstalls ist natürlich selbstverständlich. Er sollte so gebaut sein, dass Milben kaum eine Chance haben. Raues Holz mit zahlreichen Ritzen bietet ihnen aber verschiedene Versteckplätze. Beschichtete, abwaschbare Wände mit Sitzstangen, die einfach entfernt und gereinigt werden können, sind besser und vermeiden Milbenbefall.

Weitere Parasiten sind Grab- oder Räudemilben, die sich an den Beinen festsetzen und sich von Hornhaut ernähren. Auch sie werden mit Exzolt behandelt. «Beine sollten bei Hühnern immer kontrolliert werden», empfiehlt der Vogeltierarzt. Auch Endoparasiten, die im Magen-Darm-Trakt des Huhns leben, verursachen Probleme. Dazu gehören Kokzidien. «Sie treten meist bei Küken auf.» Symptome seien blutiger Durchfall. Befallene Küken stürben rasch. Spulwürmer (Askariden) und Haarwürmer (Capillaria) seien weitere Parasiten, die im Magen-Darm-Trakt und somit in einer Kotprobe festgestellt werden könnten.

Hühner können auch an Schnupfen leiden. «Symptome sind Niesen und Schwellungen im Gesicht», sagt Peter Sandmeier. Er mache einen Abstrich und bestimme den Erreger mittels Kultur, bevor er behandle.

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Gefürchtet unter Hühnerfreundinnen und -freunden ist die Mareksche Geflügellähmung. Sie werde durch Kot- und Federstaub übertragen, eine Ansteckung erfolge in den ersten Lebenstagen. «Hühner tragen diese Herpesviren versteckt», sagt der Tierarzt. Das heisst, dass ein Trägertier die Krankheit oft nicht zeige. Breche sie aus, leide das Tier unter neurologischen Störungen und die Pupillen würden sich verformen. In der kommerziellen Geflügelzucht würden Küken am ersten Lebenstag geimpft. Das sei in der Hobbyhaltung unrealistisch.

Wenn Hühner an Übergewicht litten oder ungeeignete Sitzstangen hätten, könnten sich auch Fussballenabszesse bilden, was zu einer Verhornung führe. «Vaselinenverbände können zum Erfolg führen», sagt Peter Sandmeier. Auch Kropfanschoppungen hat der Vogeltierarzt schon behandelt. Dabei handelt es sich um Ansammlungen an unverdautem Grünmaterial, die der Fachtierarzt chirurgisch entfernt. Hygiene, gute Pflege, Vorsorge und stete Beobachtung sind essenziell bei der Hühnerhaltung. Und kränkelt doch mal eines, so kann der Vogeltierarzt meist helfen.