Haustiere im Flugzeug
Stressfreier Katzentransport: Expertentipps und Erfahrungen
Wer auswandert oder länger verreist, möchte sein Haustier meistens nicht zurücklassen. Damit Vierbeiner am fernen Zielort auch sicher ankommen, dafür sorgen spezialisierte Spediteure wie Marcel Brozius von Moving Animals.
Noch wissen Hela, Thor und Loki nichts von ihrer langen Reise. Die drei Katzen sitzen etwas irritiert in ihren grossen Transportboxen, während Marcel Brozius und seine Mitarbeiter allerhand Sticker an die Aussenseite kleben. «Die drei fliegen heute nach Tokio», erklärt Brozius und kontrolliert noch mal die jeweiligen Datenblätter der Miezen. Darauf steht nicht nur in grossen Lettern «one live cat» («eine lebende Katze»), sondern auch Name, Alter, ein Foto der Katze und die Start- und Zieladresse. Auch die Handynummer von Brozius ist darauf vermerkt sowie die Flug- und Frachtbriefnummer. Nichts wird dem Zufall überlassen.
Hela, Thor und Loki wurden am frühen Morgen in der Nähe von Basel bei ihrem Frauchen durch das Unternehmen Moving Animals abgeholt und an den Flughafen Zürich gefahren. Das Herrchen befindet sich bereits in Japan und wartet sehnlichst darauf, dass nebst Frau und Töchtern auch die geliebten Vierbeiner zu ihm stossen. Doch die Tiere einfach so an den Flughafen und in den Passagierraum mitnehmen, das geht nicht. «Japan gehört zwar nicht zu den Ländern wie Australien, Neuseeland oder Hongkong, in die Tiere nur per Fracht einreisen dürfen, aber es gibt viele Bestimmungen, die beachtet werden müssen», weiss Marcel Brozius. Unter anderem müssen die Katzen auch gegen Tollwut geimpft sein, was mit einem Bluttest nachgewiesen sein muss. Der Transport braucht so bis zu einem halben Jahr Vorlaufzeit. «Viele Tierbesitzer unterschätzen den Aufwand», so der Firmengründer. «Wir sind dafür da, Licht ins Dunkel der Papierberge zu bringen.»
Nicht alle dürfen fliegen
Bei Moving Animals arbeiten Profis rund um den sicheren und schonenden Transport von Tieren. Sie kennen die Bestimmungen aller Länder und Fluggesellschaften und bereiten Tiere und Besitzer darauf vor. Durch das Rundum-sorglos-Paket können Tierhalter sicher sein, dass ihre Lieblinge stets in guten Händen sind. «Ich habe selbst vier Katzen und zwei Hunde», erzählt Marcel Brozius. «Ich könnte den Job nicht machen, wenn ich nicht auch als Tierfreund dahinterstehen könnte.» Daher haben Fluggesellschaften gerade für den Transport von Tieren strenge Regeln: «Beruhigungsmittel sind absolut tabu! Jedes Medikament hat seine Risiken und es ist niemand im Frachtraum, der das Tier überwachen kann.» Unter Beruhigungsmittel stehende Tiere können sich übergeben und am Erbrochenen ersticken oder ihr Kreislauf kann versagen. Brozius muss sich darauf verlassen können, dass die Besitzer ihn nicht anlügen, wenn es um Beruhigungsmittel geht. «Ich habe es allerdings auch schon erlebt, dass eine Katze völlig benebelt bei uns im Büro ankam und noch am selben Tag fliegen sollte. Wir haben sie erst mal ausnüchtern lassen und sie kam dann drei Tage später am Zielort an.»
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Das Katzentrio Hela, Thor und Loki ist topfit. Etwas verängstigt schauen sie durch die Gitterstäbe ihrer Box, die an den Seiten zusätzlich mit Schrauben gesichert ist. Denn dass ein Tier aus seiner Box ausbricht, wäre das denkbar schlechteste Szenario. «Wir wählen die Art und Grösse der Box nach Rasse und Grösse des Tieres aus. Manchmal spielt auch der Charakter eine Rolle», erklärt Marcel Brozius. «Listenhunde mit viel Kraft transportieren wir grundsätzlich nur in speziellen, stabilen Holzkisten, denn ihnen hält eine Plastikbox nicht stand.» Doch es sind nicht die besonders grossen Hunde, auf die Brozius ein spezielles Auge hat. «Hunderassen mit kurzen Schnauzen wie Mops, Französische Bulldogge oder manche Boxer dürfen im Sommer nicht fliegen. Die Temperaturen zusammen mit dem erhöhten Stress führt zur Gefahr des Erstickens», erklärt der Transportprofi.
Die Boxen der drei Auswandererkatzen sind nun gut gesichert und angeschrieben, jede bekommt noch einen Reisenapf mit Wasser und dann geht es auch schon Richtung Terminal. Dazu fahren die Tiere per Gepäcktransporter durch die Frachthalle, wo sie durchleuchtet werden und dann vorübergehend auf die Tierstation kommen. Dort können sich Hunde und Katze nochmals die Beine vertreten, vorausgesetzt, es dauert noch ein Weilchen bis zum Abflug. Auch wenn sich ein Flug verspäten sollte, dürfen die Vierbeiner nochmals aus der Box raus. Kurz vor Abflug werden die Tiere dann in ihrer Box auf einen geschlossenen Anhänger verfrachtet und aufs Rollfeld zum parkenden Flugzeug gefahren.
Unnötigen Stress vermeiden
Im hinteren Teil des Frachtraums von Flugzeugen befindet sich in der Regel ein abtrennbarer Bereich, welcher je nach Aussentemperatur gekühlt oder beheizt werden kann. Hier verbringen die Tiere in ihren Boxen den Flug. «Die meisten Hunde und Katzen gewöhnen sich schnell an das brummende Geräusch, das nicht lauter ist als in der Passagierkabine», versichert Marcel Brozius. Tatsächlich würden die meisten Tiere den Flug verschlafen. Er empfiehlt es, den Tieren zuliebe auch bei entsprechender Möglichkeit die Box nicht mit in den Passagierraum zu nehmen. «Dort ist so viel los, so viele Menschen, dass es für die Tiere meist mehr Stress bedeutet, als wenn sie im Frachtraum ihre Ruhe haben.» Denn auch im Passagierraum müssen Haustiere in ihren Transporttaschen bleiben.
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Von den transportierten Tieren bekommen die Passagiere nichts mit. Auch nicht, falls mal ein Löwe oder ein Okapi mitfliegen sollte. Denn nebst Haustieren koordiniert Moving Animals auch den internationalen Transport von Exoten und Zootieren. «Um Inzucht zu vermeiden, tauschen Zoos öfters Tiere untereinander aus», erklärt Marcel Brozius. Auch hier gilt es, die Richtlinien der jeweiligen Länder und Fluggesellschaften einzuhalten, sowie die nötigen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen. Zusammen mit den Zoos bereiten Brozius und sein Team die tierischen Passagiere auf ihren Flug vor. Dabei achten sie darauf, den Bedürfnissen der jeweiligen Tierarten so gut wie möglich gerecht zu werden. «Vögel muss man zum Beispiel gut vor äusseren Reizen abschirmen. Sie brauchen andere Transportboxen als beispielsweise ein Affe», so Brozius.
Durch die intensive Vorbereitung und persönliche Betreuung jedes Tiers können sich Marcel Brozius und das Unternehmen Moving Animals damit rühmen, dass es bei ihnen noch nie einen Zwischenfall gab. An das Horrorszenario, dass ein Tier entkommen könnte, erinnert sich Brozius lediglich von einer Erzählung, wonach ein Hund in Chicago einen kurzen Ausflug unternommen hatte, bevor er wieder eingefangen werden konnte. «Wenn ich Sicherheitsbedenken hätte, müsste ich definitiv meine Methoden überdenken», so Brozius. Auch sei noch nie ein Tier während einer seiner organisierten Transporte gestorben. «Einmal bemerkte ich bei einem ankommenden Hund Anzeichen einer Magendrehung. Diese passierte unabhängig vom Flug und war für das Tier lebensbedrohlich. Ich bin umgehend mit ihm zu Tierarzt und danach ins Tierspital gefahren, wo der Hund zum Glück gerettet werden konnte.»
Hela, Thor und Loki sitzen derweilen in ihren sicher verzurrten Boxen im beheizten hinteren Teil des Frachtraums der Boeing 777 der Swiss. Vor den Katzen liegen über 12 Stunden Flug. Auf Lokis Box ist mit Klebeband ein Plastiksack mit Trockenfutter befestigt. «Je eine Portion des Lieblingsfutters der drei, damit sie bei Ankunft gleich etwas zu knabbern bekommen können», schmunzelt Marcel Brozius. Einmal bei ihrer Familie in Japan angekommen, werden die drei Samtpfoten den aufregenden Flug sicher schnell vergessen haben.
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