Nach dem Waldbrand
Leben aus der Asche
Bei Trockenheit ist es schnell passiert: Aus einem Funken entsteht ein Waldbrand. Feuer vernichtet nicht nur einen Grossteil der Vegetation, sondern bietet besonderen Arten auch eine Chance, sich zu etablieren.
Ein Funke genügt und das trockene Blattwerk entzündet sich. Ohne Wasser in der Nähe greift das Feuer schnell auf die umliegende Vegetation über, ein Waldbrand entsteht. Gerade im Sommer häufen sich die Tage ohne Niederschlag und die Waldbrandgefahr steigt. Solche langanhaltenden Trockenphasen sind laut Eidgenössischer Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) in den letzten dreissig Jahren häufiger geworden. Die Institution sammelt systematisch Daten zu Waldbränden und beschäftigt sich mit der Entstehung und den Konsequenzen eines Brandes.
Rund 80 Prozent der Schweizer Waldbrände entstehen durch menschliches Zutun, sprich durch unvorsichtiges Handeln oder Brandstiftung. Nur ein kleiner Teil geht zum Beispiel auf einen Blitzeinschlag zurück. Laut WSL brennen die Wälder im Tessin am häufigsten. Dort ist es in der Regel am trockensten und es herrscht oft eine Föhnlage. In den letzten 20 Jahren brannte 2003 der Schweizer Wald am häufigsten, nämlich 304-mal, gefolgt von 2015 und 2018 mit 172 bzw. 162 gemeldeten Waldbränden. Pro Jahr fallen so etwa 160 Hektaren Wald dem Feuer zum Opfer.
Ein Waldbrand vernichtet, wo er wütet, Tiere und Pflanzen. Einige Arten kehren jedoch bald danach zurück und ihre Vielfalt übertrifft laut Forschungen des WSL schon nach wenigen Jahren oft jene des früheren Waldes. Besonders anschaulich verdeutlicht das die Waldbrandfläche in Leuk (VS). Hier brannten im August 2003 über 300 Hektaren Wald mit insgesamt etwa 200 000 Bäumen ab. Der entstandene Sachschaden beträgt rund 7,6 Millionen Franken. Das WSL untersucht seitdem die Fläche und registriert die fortschreitende Artenvielfalt. Auf der frei gewordenen, lichten Fläche wuchsen zunächst zahlreiche Krautpflanzen, gefolgt von Gräsern und Pionierbäumen wie Pappeln, Weiden und Birken. Nach zehn Jahren war die Artenvielfalt grösser als die benachbarter Nadelmischwälder. Laut WSL kamen auf der ehemaligen Brandfläche neunmal mehr vom Aussterben bedrohte Insektenarten vor als im benachbarten Wald, darunter Wildbienen, Heuschrecken und Totholzbesiedler wie Bockkäfer.
Besonders überraschend war das Auftauchen des Erdbeerspinats (Blitum virgatum), der zwei Jahre nach dem Waldbrand plötzlich massenhaft auftrat. Er galt lange als verschollen, seine Samen scheinen aber Jahrzehnte im Boden überdauert zu haben. Da auf einer Waldbrandfläche von einem Moment auf den anderen völlig andere Wuchsbedingungen herrschen als in einem geschlossenen Wald, entstehen für viele seltene Arten vorübergehend geeignete Habitate. Andere Arten können von den Pionieren, die als Erste wachsen, profitieren, sodass eine einzigartige Nahrungspyramide entsteht. Das WSL bezeichnet einen Waldbrand so gesehen als «eine Bereicherung für die Natur». Es betont jedoch auch, dass für Siedlungen und Verkehrswege der fehlende Schutz vor Naturgefahren ein Risiko darstellt. Sie sind nach einem Waldbrand einer erhöhten Erosions- und Steinschlaggefahr ausgesetzt.
Was tun, wenn’s brennt? - Wandbrände sofort über Telefon 118 (Feuerwehr) melden.
- Personen informieren, die durch den Brand gefährdet sein könnten.
- Menschen und Tiere retten.
- Personen mit brennenden Kleidern in Decken oder Mäntel hüllen (am Boden wälzen, mit Wasser kühlen).
- Brandstelle verlassen.
- Bei Löschversuchen keine Risiken eingehen.
- Den Anweisungen der Feuerwehr und Forstdiensten Folge leisten.
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Pyrophyten
Als Pyrophyten bezeichnet man Pflanzen, die speziell an Feuer angepasst sind oder dieses sogar brauchen. Die meisten von ihnen sind in heissen und trockenen Gegenden heimisch, in denen Feuer rasch und oft ausbrechen.
Eine in den Rocky Mountains (USA) heimische Unterart der Küsten-Kiefer zum Beispiel bildet Zapfen, die durch Harz verschlossen sind. Sie öffnen sich erst bei Feuer, sodass die Samenverbreitung nur nach einem Brand möglich ist. Auch die Samenstände der in Australien vorkommenden Silberbäume öffnen sich erst bei grosser Hitze, zum Beispiel bei einem Buschfeuer. Die geflügelten Samen fallen dann heraus und werden vom Wind fortgetragen.
Korkeichen brauchen Feuer zwar nicht, sind dank ihrer dicken Borke ausgezeichnet gegen Feuer geschützt und überleben Brände im Gegensatz zur umliegenden Vegetation. Auch andere Bäume, wie die australischen Grasbäume, überstehen Buschbrände fast unversehrt, da Teile der abgestorbenen Blätter den Stamm schützen.
Andere Pflanzen, wie die im südlichen Afrika vorkommenden Zuckerbüsche, besitzen knapp unterhalb des Bodens Verdickungen, die ein Buschfeuer überleben, sodass die Pflanze danach wieder austreiben kann. Auch die bekannte fleischfressende Venusfliegenfalle besitzt unterirdische Rhizome, die ein Feuer überleben. Sie profitiert zudem davon, dass das Feuer die Vegetation lichtet, die die kleine Pflanze ansonsten überwuchern würde.
Die Lilienart Lilium pyrophilum trägt das Feuer in ihrem wissenschaftlichen Namen, denn «pyrophilum» bedeutet so viel wie «feuerliebend». In ihrem bevorzugten Habitat finden regelmässig Waldbrände statt. Man geht davon aus, dass die Lilie von den Nährstoffen in der Asche profitiert. Von anderen Pflanzen keimen die Samen erst nach einem Brand, wie zum Beispiel die der Echten Akazie.
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