Die Schattenseiten des industriellen Fortschrittes waren vielgestaltig. In den Städten waren ab 1900 mangelnde Platzverhältnisse und Hygiene, ungesunde Ernährung und Krankheiten wie Typhus und Cholera weit verbreitet. Stimmen wurden laut, die diese Missstände anprangerten und als Lösung eine Rückkehr zum Natürlichen und zu einem neuen Körperbewusstsein sahen. Die Ausstellung im Volkskunde-Museum Appenzell mit dem Titel «Von Reformtänzerinnen und Wollaposteln» beleuchtet, wie sich ostschweizer Reformer diese Rückkehr zum natürlichen Leben vorstellten.

Veganer bei der Gymnastik

Naturheilärzte gründeten Kuranstalten in Trogen oder Herisau, wurden wegen ihren Methoden jedoch kritisch beäugt. Diese alternativen Herangehensweisen bestanden aus Licht-, Luft- und Sonnenbädern. Zum Essen wurden vegetarische Produkte und Fruchtsäfte empfohlen. Eine Rückbesinnung an die Heilkraft der Natur fand statt. Der Körper sollte von schädlichen Zwängen wie engen Korsetts oder steifen Tanzschritten befreit werden. Anstelle des klassischen Balletts ertüchtigten sich Frauen im Freien mit Gymnastikübungen.

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Und selbst die Schule sollte reformiert werden. Reformpädagogen gründeten Landerziehungsheime, in denen der Sport in der Natur ein wichtiger Punkt im Stundenplan war. Die Ausstellung beleuchtet Konzepte, die bis in unsere heutige Lebenswelt ausstrahlen und die Künstlerin Gabriela Falkner zeigt in einer Installation ihre eigene Interpretation davon.

Das Museum in Stein (AR) bietet neben der Ausstellung auch spannende Einblicke in traditionelle Handwerke, die viel mit Tieren und der Landwirtschaft zu tun haben. Wie beispielsweise die Sennensattlerei und das Käsen auf der Alp.

Wichtige Infos zur Ausstellung «Von Reformtänzerinnen und Wollaposteln. Lebensreform in der Ostschweiz von 1900 – 1950»
Appenzeller Volkskunde-Museum in Stein (AR)
Noch bis am 27.8.2023 zu besuchen
Geöffnet jeweils Dienstag – Sonntag und an Feiertagen von 10.00 bis 17.00 Uhr.