Dahomey-Zwergrinder
Sandra Henzer züchtet die kleinste Rinderrasse der Welt im Emmental
Im Emmental züchtet Sandra Henzer Dahomey-Zwergrinder – die kleinste Rinderrasseder Welt. Die robuste Rinderrasse kann jedoch weitaus mehr, als nur für Jö-Effekte sorgen.
Sandra Henzer wohnt in einem historischen Bauernhaus im Emmental, umgeben von grünen Hügeln und Mitbewohnern, die ihr nur bis zur Hüfte gehen. Die Dahomey-Zwergrinder, die gemütlich auf der Wiese neben dem Haus grasen, sind mit einer Widerristhöhe von knapp einem Meter die kleinste Rinderrasse der Welt. Sie wurden nicht zum Mini herangezüchtet, sondern sind aufgrund der widrigen Umweltbedingungen in ihrem Herkunftsgebiet so klein. «Dahomey ist der alte Name für Benin», erklärt Henzer. Nach Europa kamen sie erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts, als man sie als Lebendfutter auf den Schiffen bei Raubtiertransporten aus Westafrika mitnahm. Der Zoo in Antwerpen war der erste in Europa, der Dahomey-Rinder bei sich aufnahm, nachdem einige Tiere den Transport überlebt hatten.
Raubtiere haben die Dahomeys auf Sandra Henzers Hof indes nicht zu fürchten. Sie hat sich bewusst für die Rasse entschieden. «Unter den Kühen haben wir in der Schweiz schon genügend Hochleistungsrinder und Fleischberge», begründet Henzer ihre Wahl. Sie ist auf einem Bauernhof aufgewachsen und mochte Kühe schon als kleines Kind. Seit sie 2006 an ihrem damaligen Wohnort zum ersten Mal Dahomey-Rinder gesehen hatte, gingen sie ihr nicht mehr aus dem Kopf. 2012 hatte die gelernte Fachfrau Gesundheit dann die Gelegenheit und den Platz, um zwei Mutterkühe und einen Muni anzuschaffen. Mittlerweile leben neun Tiere bei ihr auf dem Hof, darunter ein Zuchtstier. Jedes Jahr freut sie sich erneut auf die herzigen Kälbchen, die die Mutterkühe zur Welt bringen.
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Kein Kuscheltier
Der Jö-Effekt der Dahomeys hat jedoch auch seine Schattenseiten. «Ich bekomme zum Teil absurde Anfragen», erzählt Sandra Henzer. Dank Social Media sind die Zwergrinder zum Trend geworden und werden zum Teil ganz und gar nicht artgerecht in Wohnungen gehalten. «Einmal wünschte sich ein Anrufer ein Kalb, um es zu Hause mit der Flasche aufzuziehen.» Solche Anfragen lösen bei der Emmentalerin Kopfschütteln aus. Dass sie selber keine gelernte Landwirtin ist, sei jedoch kein Problem. «Um Rinder halten zu dürfen, braucht man einen Sachkundenachweis, den ich schon früh absolviert habe», so Henzer. Zusammen mit ihrer Holländischen Schäferhündin Dunja sorgt Henzer mit ihrer Erfahrung dafür, dass die kleinen Kühe alles haben, was sie für ein artgerechtes Leben brauchen.
2019 gründete Sandra Henzer den Verein «Dahomey Schweiz» und setzt sich für die Interessen der kleinen Rinder ein. Nebenbei verschafft sie ihren Tieren auch eine Karriere jenseits der blossen Niedlichkeit. «Wegen ihrer Trittsicherheit und des geringen Gewichts von unter 300 Kilogramm eignen sich die Dahomey-Rinder sehr gut zur Beweidung von Naturschutzgebieten», so Henzer. Damit bilden die Rinder eine Alternative zu Schafen, die gerade bei feuchtem Boden schnell an Moderhinke leiden, was bei den Dahomeys nicht der Fall ist. Aktuell stellt sie die Tiere dem Kanton zur Beweidung der Ziegelgut-Renaturierung in Burgdorf (BE) zur Verfügung. Im Gegenzug dazu kümmert sich der Kanton um die Umzäunung und ein Weidezelt.
Die Dahomey-Rinder hält Sandra Henzer als reines Hobby, denn leben könne man von der kleinen Kuhrasse kaum. «Sie geben weder besonders viel Milch noch wachsen sie genügend schnell, um als Fleischrasse wirtschaftlich lukrativ zu sein.» Stattdessen plant Henzer, die Kühe zukünftig in der Arbeit mit Demenzpatienten im Rahmen von Hofbesuchen einzusetzen. Auch wenn die Tiere gegenüber Fremden skeptisch reagieren, so sorgt der einzigartige Charme der kleinen Rasse doch für Entzücken bei den Besuchern.
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