«Das Nationaltier der Schweiz ist nach wie vor die Kuh, und zwar für uns Eidgenossen, aber auch in der weiten Welt draussen», sagt Historiker Christoph Tschanz. Östlich der sogenannten Brünig-Napf-Reuss-Linie insbesondere die mit braunem Fell, ergänzt der Kurator der Ausstellung «Braun.Vieh.Zucht», die 2022/2023 im Museum Burg Zug gezeigt wurde. Ihren Ursprung hat die Verklärung des bäuerlichen Lebens – als Gegenbild zur städtischen Gesellschaft – in der Aufklärung. Der Hirte in Begleitung seiner Kühe wurde zum Sinnbild eines einfachen Lebens im Einklang mit der Natur hochstilisiert, wie es im heilen Alpenland Schweiz geführt wurde. Als die Engländer Ende des 18. Jahrhunderts die Schweiz als Tourismusdestination entdeckten, wurde dieses geflügelte Bild vom bodenständigen Schweizer Bauern mit seiner Kuh als Gegenentwurf zur Industrialisierung weitergetragen. Und bis heute wird dieses romantisierte Stück Kulturgut von Tourismusverantwortlichen mit Handkuss aufgenommen und als Bild in alle Ecken der Welt hinausgetragen.

Die Kuh wurde im 19. Jahrhundert aber auch innerhalb der Landesgrenzen als identitätsstiftendes Element genutzt. In seinem Artikel «Das Agrarische als Labor des (post)modernen Zug» beschreibt Historiker Beat Bächi, wie die Identitätspolitik des jungen Bundesstaates auf dem Rücken von Rindern ausgetragen wurde. Während bis Mitte des 19. Jahrhunderts unzählige regionale Rindertypen wie etwa der Appenzeller oder der Schwyzer Schlag existierten, sollte mit der Gründung des Bundesstaates 1848 auch in der Viehzucht eine Vereinheitlichung durchgesetzt werden. «Die Idee von homogenen Rassen begann sich in dieser Zeit zu etablieren», erklärt Beat Bächi. Die Landwirte westlich der sogenannten Brünig-Napf-Reuss-Linie, in den mehrheitlich protestantischen Kantonen, sollten das Fleckvieh ihr Eigen nennen, während die katholischen Bauernbetriebe östlich davon ausschliesslich Braunvieh züchten sollten. 

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Erst vor dem Pflug, dann mit Buckel

Dieser Plan scheint aufgegangen zu sein: Noch heute sei das Braunvieh in seiner Wiege, also den Innerschweizer Kantonen sowie im Appenzell, im Sankt-Gallischen und im Graubünden am stärksten verbreitet, sagt Nutztierforscher Bächi. Doch damit nicht genug: Die braunen Rinder haben ihren Siegeszug fast überall auf der Welt angetreten. Gemäss Schätzungen werden weltweit über 15 Millionen Tiere mit Braunvieh-Blut gehalten, ist dem «Magazin für Braunviehzucht», erschienen im Jahr 2020, zu entnehmen. «Sogar im Süden von Mexiko findet man Vertreter der Braunviehrasse, dort allerdings mit einem Buckel, da sie mit Zebus gekreuzt wurden», so Beat Bächi.

Dass Braunvieh auch im Herkunftsland nicht gleich Braunvieh ist, wird klar, sobald man die ersten Worte mit einem Züchter wechselt. Ob nun Original-Braunvieh- oder Brown-Swiss-Kühe im Stall stehen, scheint einer Glaubensfrage gleichzukommen. Wie es erst zur vereinheitlichten Rasse und dann zur Typaufspaltung kam, ist eine Geschichte mit Schlaufen, die bis in die USA reichen, und die ihren Anfang in mittelalterlichen Innerschweizer Klöstern nahm.

Im Hochmittelalter betrieben vor allem klösterliche Höfe Grossviehzucht. Natürlich habe es auch Rindvieh unabhängig von den Klöstern gegeben, Bauernfamilien hielten damals aber kaum mehr als zwei bis drei Tiere, sagt Christoph Tschanz. In der Innerschweiz hielten vor allem die Klöster Einsiedeln, Muri und Engelberg Rinder. Diese betrieben sogenannte Schweighöfe, bei denen die Milchwirtschaft im Fokus stand. «Von spezifischen Rinderrassen, also beispielsweise dem Braunvieh, kann im Mittelalter noch lange nicht gesprochen werden», erklärt Historiker Tschanz. In Einsiedeln hatte das Rindvieh im 14. Jahrhundert noch unterschiedliche Farben, erst im 16. Jahrhundert vereinheitlichte sich die Fellfarbe allmählich in einem Braunton. Wichtig für die Verbreitung des (Braun-)Viehs sei vor allem folgender Umstand gewesen, so Christoph Tschanz: «Ab dem 14. Jahrhundert stellten viele Bauern in der Zentralschweiz von der Schaf- oder Ziegenhaltung auf Rinderzucht um, sodass es zu einer eigentlichen Spezialisierung auf den Grossviehexport in die Lombardei kam.» Jährlich seien bis zu 20 000 Tiere über die Alpenpässe auf die norditalienischen Märkte gelangt.

Mitte des 19. Jahrhunderts begann die Entwicklung der Rassen. Die bis dahin existierenden verschiedenen Schläge wurden, wie bereits oben erwähnt, zu einer Rasse – in unserem Falle dem Braunvieh – vereinheitlicht. Ein wichtiger Schritt dazu war der Zusammenschluss der einzelnen Viehzuchtgenossenschaften zum Schweizerischen Braunviehzuchtverband im Jahr 1897 und die Eröffnung des «Verzeichnis edler Thiere der Braunvehrasse», dem ersten Herdebuch im Jahr 1879.

Edel, also schön, sollten sie aussehen, die Braunviehrinder. Dies war damals eines der hauptsächlichen Zuchtkriterien. So wurde detailliert beschrieben, wie die Hörner geschwungen sein mussten und mit welch sanftem Blick die Kuh einen anschauen sollte. Dieser gab dann auch Auskunft über den Charakter des Tieres, der möglichst zugänglich sein sollte und zur jeweiligen Besitzerfamilie passen musste. Denn die Kuh war ein Teil der Familie, Tier und Menschen bildeten eine Arbeitsgemeinschaft und waren auf Gedeih und Verderb voneinander abhängig. Vor der Industrialisierung war das Rind das häufigste Arbeitstier für Zugkraft. In der kleinbäuerlich geprägten Schweiz übernahmen meistens die Kühe die Zugarbeit, nur selten Pferde, Stiere und Ochsen. Neben der Zugleistung mussten sie auch noch Milch und Fleisch liefern – das Braunvieh war in seinen helvetischen Anfängen also eine typische Dreinutzungsrasse.

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Wilhelm Tell in den USA und wieder zurück

Die Kunde der vielseitigen, robusten, langlebigen und umgänglichen Rasse machte die Runde, und das nicht nur in den europäischen Nachbarländern, sondern bis über den grossen Teich. Bereits im Jahr 1869 erfolgte ein erster Export in die USA: Sieben Kühe und ein Stier wurden nach Amerika verschifft. Von diesen Pionieren in der Neuen Welt stammten die  Kuh namens Zürich und der Stier mit dem klingenden Namen William Tell ab, die 1880 im neu gegründeten Herdebuch der amerikanischen Rasse Brown Swiss als Erste registriert wurden.

Während in der Schweiz die Braunen weiterhin als Dreinutzungsrasse gezüchtet wurden, setzten die Amerikaner den Fokus voll auf die Milchleistung. Mit gezielten Anpaarungen und der Beigabe von Kraftfutter züchteten sie die Kühe immer grösser und vor allem leistungsfähiger. Neue Massstäbe setzte die Kuh Jane of Vernon, deren Leistung in den 1940er-Jahren bei einem Maximum von 10 713 Kilogramm Milch jährlich lag. Als Vergleich dazu: Eine Schweizer Braunviehkuh gab in den 1960er-Jahren gerade mal 3641 Kilogramm Milch pro Jahr.

Mit der aufkommenden Motorisierung und Mechanisierung verlor die Arbeitskraft der Rinder nach dem Zweiten Weltkrieg rapide an Bedeutung. Das Selektionskriterium für die Zucht rutschte auch in der Schweiz immer mehr auf die Milchleistung. Diesbezüglich mochten die Schweizer Braunen aber mit ausländischen Rassen wie den Holsteinern oder eben den Brown Swiss in keiner Weise mitzuhalten. Allerdings war hierzulande die Kreuzung der anerkannten Rassen Simmental, Fleckvieh, Eringer, Freiburger Schwarzfleckvieh und eben des Braunviehs mit ausländischem Erbgut unter dem Dogma der Reinzucht strikt verboten. Die während des sogenannten «Guerre des vaches» hitzig diskutierte Glaubensfrage lautete: «Reinzucht oder Kreuzungszucht respektive Schönheit oder Wirtschaftlichkeit.» Erst als 1966/1967 die Rassengrenzen offiziell aufgehoben wurden, fiel der Schutzwall um die Schweizer Braunviehrasse, ganz zum Leidwesen des Zuchtverbandes. Wie Beat Bächi herausgearbeitet hat, war in einem Protokoll damals festgehalten worden: «Ein Schweizer, der in Kalifornien weilt, unterbreitet dem Verband die Anregung, von höchstleistungsfähigem Braunvieh aus Kalifornien Samen in die Schweiz zu bringen. Der Vorstand nimmt von dieser schauderhaften Idee Kenntnis und verdammt sie in Grund und Boden.» Trotz dieser anfänglichen Skepsis: Neben dem Original Braunvieh (OB), das noch heute als robuste Zweinutzungsrasse gezüchtet wird, hat mittlerweile die Milchrasse Brown Swiss (BS) die Überhand gewonnen.

Ein Wirtschaftsfaktor dem Untergang geweiht?

Nicht nur das, deren Zucht wurde zum veritablen Wirtschaftsfaktor. Allerdings nicht von Beginn weg. Das Aufkommen der künstlichen Besamung fällt mit der Rückkehr von amerikanischem Braunvieherbgut in die Schweiz Ende der 1960er-Jahre zusammen. Noch um die Jahrtausendwende wurde Rindersperma im Wert von über zehn Millionen Franken in die Schweiz importiert. Obwohl das genetische Zentrum der Braunviehzucht in der Schweiz liegt, wurde mehr als die Hälfte des genetischen Materials vor allem aus Nordamerika eingeführt. Der Agrarökonom Stefan Mann zeigt in seinem Artikel «Fall und Aufstieg der Schweizer Braunviehzucht» jedoch auf, dass sich das Blatt diesbezüglich gewendet hat. Der Export von Schweizer Braunviehsperma ist in den vergangenen gut 20 Jahren kontinuierlich angewachsen und mittlerweile zu einem ökonomisch wichtigen Faktor im Agrarbereich geworden. «Eindrucksvoll ist diese Entwicklung vor allem im Kontext der sonst im Agrarsektor mangelhaften internationalen Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz», schreibt Stefan Mann. Das Nachsehen bei der Einführung der künstlichen Besamung hatten hingegen die Stierenzüchter, erklärt Beat Bächi. Die Stierenzucht sei gerade in den Bergkantonen ein nicht unwichtiger Erwerbszweig gewesen, der nun fast vollkommen wegbrach.

Die Braunviehzucht kann, besonders im Raum Zug, wo der Braunviehzuchtverband seit 1938 seinen Sitz hat, als Treiberin weiterer wirtschaftlicher und technologischer Entwicklungen aufgeführt werden. So zeigt Beat Bächi auf, wie die Mineralfutterherstellerin Multiforsa dadurch, dass die auf immer grössere Leistung gezüchteten Braunviehkühe nur noch bei Gabe von Zusatzfutter zu voller Leistung befähigt zu sein scheinen, stark wachsen konnte. Sogar als Pionierin der Digitalisierung kann die Braunviehzucht genannt werden. Die für immer mehr Leistungsaspekte erarbeiteten Prüfverfahren und Messdaten verlangten nach neuen Ablage- und Sortiersystemen sowie Auswertungsmöglichkeiten. So kam es, dass der Braunviehzuchtverband zu den Ersten gehörte, die auf elektronische Datenverarbeitungssysteme setzten, und im Rechenzentrum der ETH Kapazitäten mietete.

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Auch für Andreas Kocher, den Vizedirektor und Fachbereichsleiter Zucht von Braunvieh Schweiz, scheinen messbare Werte eine Rolle zu spielen, wenn er sagt: «Selbst halte ich auf meinem Betrieb Braunvieh. Ich finde ihre Milch mit dem hohen Eiweissgehalt toll und bereits neun Kühe haben bei uns die Milch-Marke von 100 000 Kilogramm überschritten.» Dem fügt er an, dass er die gutmütige Art dieser Rinder sehr schätze und solche Leistungen nur möglich werden, wenn die Tiere über eine lange Zeitspanne sehr sorgsam betreut sind.

Heute seien die Braunen zu einem Produktionsfaktor geworden, konstatiert Christoph Tschanz. Was aber nicht bedeute, dass die Bindung der Landwirte zu ihren Tieren weniger stark sei als früher. «Die Braunviehrinder prägen das Leben auf dem Land und sie waren und sind Teil der Familie», so Tschanz. Neben all den Zahlen, die Informationen über den Eiweissgehalt der Milch, den Anteil an Kappa- und Beta-Kasein, den prozentualen Anteil an Leichtgeburten und die Nutzungsdauer geben, hat das Braunvieh ganz klar auch einen sozialen und emotionalen Wert.

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So schwärmt Beat Bächi von den Original Braunen (OB), die er sechs Sommer auf die Alp begleitete: «Sie sind extrem umgänglich, nicht ängstlich, reagieren nicht so stark auf Insekten, haben einen angenehmen Mutterinstinkt und sind einfach wunderschön.» Der Klosterhof Baldegg, in dessen Besitz die Tiere stehen, gehört allerdings zu einer Minderheit. Im August 2024 sind rund 52 000 Tiere dieser Zuchtrichtung in der Schweizerischen Tierverkehrsdatenbank registriert. Mit 233 000 Tieren ist die Population von Brown-Swiss-Tieren rund viermal grösser. Vor der Jahrtausendwende waren die Original Braunen noch stärker dezimiert, das Aufkommen der Mutterkuhhaltung in der Schweiz habe diesem Typ aber starken Aufschwung gegeben, so Bächi.

Nicht auf einem aufsteigenden, sondern auf dem absteigenden Ast sieht Christoph Tschanz die Braunviehrasse im Allgemeinen. Er ist sich ziemlich sicher, dass die Braunen dereinst aus wirtschaftlichen Gründen von den viel leistungsstärkeren Milchrassen wie dem Holsteinrind verdrängt werden und nur noch als Liebhaberzucht existieren werden. Beat Bächi findet es schwierig, eine konkrete Prognose über den Weiterbestand der Rasse zu geben. Für ihn ist allerdings klar: «Die speziell hitzetoleranten, robusten Braunen mit ihren harten Klauen sind an die Gegebenheiten in unseren Berggebieten bestens angepasst. Es hängt von der Entwicklung des Milchpreises und des Futtergetreidemarktes ab sowie von der Einstellung der Konsumentinnen, ob zukünftig nur auf sehr leistungsstarke Tiere, die viel Kraftfutter benötigen, gesetzt wird.» Andreas Kocher hingegen sieht die Braunen mit den beiden verschiedenen Zuchtrichtungen bestens gerüstet für eine zukünftige Nutzung in den Berg- und Talregionen. «Einer der grössten Milchviehrassen derart düstere Zukunftsaussichten vorherzusagen, entrüstet mich.» Zumindest den aktuellen Bedürfnissen der Agrarpolitik sowie der Konsumentinnen trage diese Rasse bestens Rechnung.

Es wird sich also zeigen, wie lange die Schweizer Tourismusverantwortlichen noch auf die braune Kuh setzen können, die gemütlich grasend über die Alpweide schlendert, oder ob das Nationaltier bald mit roten oder schwarzen Flecken dargestellt werden muss.

Der Zuger StierenmarktAls Braunvieh Schweiz im Herbst 1897 erstmals den Stierenmarkt in Zug organisierte, geschah dies mit dem Ziel, die Braunviehzucht zu vereinheitlichen. In Sargans, Werdenberg oder Rapperswil gibt es zwar weitere Stierenmärkte, Zug war für das Braunvieh von Anfang an der grösste und bedeutendste Event. Nirgends war das Angebot an Zuchtstieren grösser und nirgends waren die Trends in der Braunviehzucht durch die Vergleichsmöglichkeit besser sichtbar. Der Zuger Stierenmarkt hat sich als wichtiger Anlass, der immer am ersten Mittwoch und Donnerstag im September stattfindet, bis heute gehalten und startet jeweils am Montag mit der Auffuhr der Tiere. Mittwoch und Donnerstag sind Verkaufstage.  Hochträchtige Rinder sowie frisch gekalbte Jungkühe werden jeweils am Donnerstagnachmittag anlässlich einer Auktion zum Kauf angeboten. Stiere werden traditionell noch per Handschlag verkauft. Der durchschnittliche Verkaufspreis pro Stier lag in den vergangenen Jahren bei über 2900 Franken. 1960 war die Höchstzahl an ausgestellten Stieren erreicht. Dann, mit der Einführung der künstlichen Besamung in den 1960er-Jahren, verlor der Stierenmarkt an züchterischer Bedeutung. Gesellschaftlich geniesst der Anlass nach wie vor einen hohen Stellenwert, er ist zu einem Volksfest geworden. In Wahljahren nutzen auch Politikerinnen und Politiker diese Bühne und mischen sich volksnah unters Publikum. Der Stierenmarkt ist für die Landwirte aber nach wie vor ein wichtiger Ort, um sich auszutauschen und Werbung für ihre Tätigkeit zu machen. Denn es gibt nicht viele Gelegenheiten, bei denen sich die Stadt- und Landbevölkerung so durchmischt.[IMG 8]

Steckbrief Original Braunvieh (OB)

Franz Winterberger ist Präsident der Schweizer Stierenhaltervereinigung und führt in Meiringen (BE) einen Betrieb mit 50 Stück Vieh und 50 bis 70 Stück Jungvieh. Rund 50 Hektaren Land in der Bergzone II sowie teils auch in der Bergzone III und IV stehen seinen Original Braunen zur Verfügung. Schon seine Eltern hätten Original Braunvieh gehalten und ihm einen guten Grundstein gelegt. Und er selbst sei nach wie vor von den Braunen überzeugt, sagt Franz Winterberger. «Mit unseren Kühen produzieren wir silofreie Milch und im Sommer Alpkäse, daneben ziehen wir jährlich mehrere Stiere für den Zuger Stierenmarkt auf», erzählt der Landwirt.

Charakter ist ein Höhepunkt

Das ruhige, umgängliche Verhalten zeichne seine OB-Rinder aus, schwärmt Winterberger. Niemals herrsche Hektik und Nervosität. Zudem seien die Original Braunen schlau, bereits am zweiten Tag auf der Alp wisse jede Kuh, wo im Stall ihr Platz sei.

Mit Horn

«Meine Kühe tragen Horn, wie es sich für das Original Braunvieh gehört», so Franz Winterberger. Auch die zahlreichen Touristen, die bei ihnen im Berner Oberland unterwegs seien, zeigten sich jeweils begeistert von den Kühen mit den schön geschwungenen Hörnern. Ansonsten ist das Erscheinungsbild der OB-Rinder von ihrer Bestimmung als Milch- sowie Fleischlieferanten geprägt. Sie sind einiges kräftiger gebaut als die auf Milchleistung ausgerichteten Brown-Swiss-Kühe.

Robust und genügsam

Gras und Heu reichen als Futtermittel aus, Kraftfutter müsse er seinen Braunen nicht zur Verfügung stellen, verrät Winterberger. Zur Genügsamkeit der Original Braunen kommt ihre grosse Robustheit. Diese Zuchtrichtung ist für extensivere Lagen im Berggebiet bestens geeignet, wie eben bei Franz Winterberger in Meiringen.

 

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Steckbrief Brown Swiss (BS)

Thomas Elmiger ist Vorstandsmitglied von Braunvieh Schweiz und führt das Pfyngut in Susten (VS). Auf dem Talbetrieb mit insgesamt 132 Hektaren Land und der 16 Hektaren grossen Rinderweide auf 1300 Meter über Meer leben 100 Milchkühe der Rasse Brown Swiss plus 90 Stück Jungvieh und 10 Kälber. Die Rohmilch wird für die Produktion von Walliser Raclette AOP verwendet. «Ich wuchs im Luzerner Seetal auf, dort hatte bereits mein Vater braune Kühe», sagt Thomas Elmiger. Er engagierte sich bereits als Jungzüchter und habe die Brown Swiss immer gekannt und unterstützt, was er unbedingt auch weiterhin tun möchte.

Wirtschaftlich Milch produzieren

Dass Brown Swiss milchstark sind und sich deren Milch besonders gut zur Verkäsung eignet, sei für ihn ein wichtiges Kriterium, sagt der Landwirt. Im Unterschied zu den Holsteinkühen, mit einer ebenfalls sehr hohen Milchleitung, seien seine Braunen deutlich weniger nervös und würden zudem Hitze besser vertragen. Bei den hohen Temperaturen, die auf dem Walliser Talboden im Sommer herrschen können, ein wichtiges Kriterium. Damit die durchschnittliche Milchmenge von 8000 Kilogramm pro Jahr und Kuh erreicht wird, füttert Elmiger Kartoffeln, Biertreberwürfel und Körnermais zu.

Gute Euter und gutes Fundament

An seinen Braunen schätze er, dass sie ein gutes Fundament besässen, also gut zu Fuss seien. Wichtige Exterieurmerkmale sind für Elmiger ein gutes Euter mit einer optimalen Zitzenverteilung und eine gute obere Linie mit einem geraden Rücken und einem optimal gestellten Becken.

 

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Gemustertes BraunviehBraunvieh ist braun. Das stimmt nicht immer. Bei den besonderen Farbschlägen, die als «Blüem» oder «Gurt» bezeichnet werden, sind weisse Abzeichen erwünscht.

Eine Blüem-Kuh in seiner Herde zu haben, soll laut Volksglauben Glück bringen. So wurden oft Kälbchen von diesem selten vorkommenden Farbschlag als Geschenk weitergegeben. Mit den verschenkten Kälbern kam in manch einen Stall eine Blüem und so verbreitete sich diese Farbvariante immer weiter. Dass die weiss gesprenkelten Kühe als Glücksbringer galten und sich gut verkaufen liessen, war wohl auch der Grund, wieso Schweizer Bauern die spezielle Farbvariation nicht aussterben liessen, obwohl sie früher nicht zur Zucht zugelassen war. Ins Herdebuch von Braunvieh Schweiz werden Blüem erst seit 1997 aufgenommen. Laut Braunvieh Schweiz hat die Nachfrage nach Blüem-Genetik in den letzten Jahren zugenommen.

Springende Gene als springender Punkt
Damit eine Blüem als schön gilt, muss die Zeichnung ein bestimmtes Muster haben. Die Rückenlinie muss weiss sein, der Schwanzansatz soll optimalerweise mit braunen Punkten durchsetzt sein. Der Kopf muss weiss gesprenkelt sein und an den Sprunggelenken soll die Kuh vorne und hinten weisse Bänder aufweisen. 

Vor gut zehn Jahren haben Forscher der Vetsuisse Fakultät der Uni Bern entdeckt, wie das Farbmuster von Blüem-Kühen vererbt wird. Die Fellfarbe kommt durch eine Genmutation auf dem Chromosom 6 zustande. Die Flecken werden durch springende Gene verursacht, die von einem zum anderen Gen gewechselt haben. Zudem konnten die Forscher belegen, dass die Blüem-Mutation dominant vererbt wird.

Früher herrschte das Vorurteil, Blüem seien zwar hübsch anzusehen, aber nicht sehr leistungsfähig. Dieses konnte mittlerweile widerlegt werden. Heute stehen den Züchtern auch einige Blüem-Stiere zur Verfügung. Wie viele Tiere mit der speziellen Farbe insgesamt im Herdebuch von Braunvieh Schweiz eingetragen sind, lässt sich laut dem Zuchtverband nicht genau sagen.

Auch mit Gurt
Neben den Blüem gibt es noch eine weitere Braunvieh-Farbvariante mit Weiss drin: die sogenannten Gurt- oder Ryfkühe. Hier legt sich ein breites weisses Band oder eben ein Gurt um den Bauch der Kuh.