Artenvielfalt per DNA messen
Mit Wattestäbchen im Regenwald
Die Tierartenvielfalt zu erfassen, ist schwierig, besonders im Regenwald. Forscher haben jetzt eine Methode gefunden, mithilfe von Wattestäbchen sogar seltene Arten nachzuweisen.
Die allseits bekannten Wattestäbchen, mit denen wir während der COVID-19-Pandemie so vertraut geworden sind, könnten auch ein wertvolles Werkzeug sein, um Biodiversität zu erfassen. Zu diesem Ergebnis kam ein internationales Forschungsteam unter Leitung des Helmholtz-Instituts für One Health (HIOH) in Greifswald, Deutschland. Die Gruppe fand heraus, dass sich unzählige Vögel und Säugetiere durch einfaches Abtupfen der von den Tieren auf Blättern hinterlassenen DNA nachweisen lassen. Wie effektiv dieser Ansatz ist, zeigten die Wissenschaftler in einem Ökosystem, das eine Vielzahl von Wildtieren beherbergt und in dem die Erfassung von Tieren bislang äusserst schwierig war - dem tropischen Regenwald.
Die Studie hatte zum Ziel, die Artenzusammensetzung in einem bestimmten Biotop mit einfachen Methoden zu ermitteln. Kürzlich hatte die Leiterin des Projekts, Christina Lynggaard, und ihr Team nachgewiesen, dass tierische DNA aus der Luft gewonnen und analysiert werden kann. Das brachte ihren Kollegen Jan Gogarten auf eine Idee: «Wenn tierische DNA in der Luft um uns herum ist, setzt sie sich vielleicht ab und bleibt an klebrigen Oberflächen wie Blättern haften. Der Regenwald und seine Pflanzen werden oft als 'die Lungen des Planeten' bezeichnet. Könnten die Lungen des Planeten also der ideale Ort sein, um sich aus der Luft absetzende DNA zu entnehmen?»
Das Forschungsteam machte sich daran, diese Idee im Kibale-Nationalpark in Uganda zu testen, der für seine reiche Tierwelt bekannt ist und Biologen seit Jahrzehnten anzieht. Das Team begab sich mit 24 Wattestäbchen in den dichten tropischen Regenwald und hatte die ungewöhnliche Aufgabe, damit jeweils drei Minuten lang Blätter abzutupfen. «Ehrlich gesagt haben wir keine großartigen Ergebnisse erwartet», sagt Christina Lynggaard. «Der Regenwald ist heiss und feucht, und unter diesen Bedingungen wird DNA schnell abgebaut.» Daher waren die Forschenden positiv überrascht, als sie die Ergebnisse der DNA-Sequenzierung in den Händen hielten. «Wir fanden DNA von einer überwältigenden Vielfalt an Tieren in diesen 24 Wattestäbchen - über 50 Arten von Säugetieren und Vögeln sowie einen Frosch. Und das alles nach nur 72 Minuten Blätter-Tupfen», sagt Jan Gogarten.
In jedem der Wattestäbchen fanden die Forschenden DNA von durchschnittlich fast acht Tierarten. Das Spektrum reichte vom sehr großen, bedrohten Afrikanischen Elefanten bis zu einer sehr kleinen Sonnenvogel-Art. Außerdem konnten die Forschenden den Hammerkopf, ein Flughund mit einer Flügelspannweite von bis zu einem Meter, Affen wie die seltene Östliche Vollbart-Meerkatze und den gefährdeten Uganda-Stummelaffen sowie Nagetiere wie das Ölpalmenhörnchen nachweisen. Auch Vögel wie der Riesenturako und der vom Aussterben bedrohte Graupapagei wurden gefunden. Das stimmt Jan Gogarten zuversichtlich: «Wir wissen, dass viele Tiere in den dichten Regenwäldern leben, aber wir sehen sie selten, und ihre sich verändernden Verbreitungsgebiete sind sehr schwer zu kartieren. Unsere bemerkenswert einfache Methode zur Probennahme gibt uns ein wirksames Werkzeug an die Hand, um das Unsichtbare sichtbar zu machen.»
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