Ungefähr ab Ende März beginnen viele heimische Vogelarten mit dem Nestbau. Nicht alle Vögel haben aber die gleichen Ansprüche. Es gibt einerseits Höhlenbrüter, wie auch Halbhöhlenbrüter. Nistkästen sollten daher angepasst werden. Im Interview erklärt Stefan Greif, Projektleiter Artenförderung bei Birdlife Schweiz, was es bei Nisthilfen zu beachten gibt und welche Fehler man vermeiden kann. 

Herr Greif, wie wichtig sind Nistkästen und Nisthilfen für Vögel? 

Der Vogelschutz und Nisthilfen haben eine lange Geschichte. Die Wälder sind mittlerweile besser geworden, dort sind Nisthilfen nicht mehr so dringend, weil es mehr Totholz gibt. Im Siedlungsraum hingegen gibt es viel weniger Hohlräume zum Nisten als im Wald. Deshalb spielen Nisthilfen hier eine wichtigere Rolle. Denn letzten Endes helfen wir mit ihnen vor allem Höhlenbrütern, wie zum Beispiel Meisen.  

Nur alleine mit Nisthilfen hilft man den Vögeln aber eigentlich nicht. Sie bringen nur etwas, wenn der Lebensraum an sich auch gut ist. Das heisst, idealerweise versuchen wir solche Massnahmen immer zu kombinieren mit Lebensraumaufwertungen. Im Siedlungsraum kann das etwa im naturnahen Garten sein, in Schottergärten hingegen hilft auch ein Nistkasten nichts mehr. 

Wie wird der Begriff Nisthilfen definiert? 

Im Prinzip kann man ihn als Synonym für Nistkästen verwenden. Der Nistkasten ist halt der Klassiker, obschon Nisthilfen viel unterschiedlicher sein können. Dazu zählen etwa auch Plattformen für Störche oder Rauchschwalben. Während sich Nistkasten sehr nach einem Kasten anhört, kann eine Nisthilfe aber durchaus auch rund und lang sein – etwa, wenn man in Richtung Steinkauz denkt. 

Was für Arten von Nistkästen gibt es und wie sollten diese aussehen? 

Der Klassiker ist ein richtiger Kasten, wo vorne ein Loch drin ist. Er ist für die häufigen Arten gedacht, für typische Höhlenbrüter, wie Blaumeisen und Kohlmeisen. Dann gibt es aber auch Vögel, die mögen mehr Lichteinfall. Da würde man sogenannte Halbhöhlenkästen benutzen. 

Vögel, die solche nutzen, wären zum Beispiel der Gartenrotschwanz, der Hausrotschwanz und der Grauschnäpper. Für diese macht man lediglich eine Nische, wo vorne zum Beispiel Stäbe angebracht sind, damit keine Beutegreifer rankommen. Denkbar ist auch ein klassischer Nistkasten mit zwei grossen Eingangslöcher, damit mehr Licht reinfällt. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, um es diesen Vögeln recht zu machen. 

Als dritte Version gibt es noch sogenannte Spezialkästen. Diese sind zum Beispiel für Segler, Mehlschwalben, Dohlen oder Eulen. Letztere brauchen zum Beispiel ein grosses Einflugloch sowie innen mehr Platz. 

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Woher kann jemand wissen, welche Art von Nistkasten er in einer Siedlung aufhängen soll? 

In der Siedlung kommen meistens die normalen Nistkästen zum Einsatz, wo dann die häufigsten Arten, wie eben Meisen, reingehen. Damit werden Höhlenbrüter im Siedlungsraum gut unterstützt. Die Nistkästen haben aber auch die Funktion, Emotionen zu wecken. So wird im Siedlungsraum eine Verbindung zur Natur hergestellt. Kinder sind begeistert, wenn sie einen Vogel beobachten können oder sehen, wie die Jungvögel ausfliegen. Halbhöhlenkästen hingegen werden in der Siedlung eher seltener eingesetzt, würden aber von Hausrotschwanz oder Grauschnäpper angenommen. 

Und was ist mit Spezialkästen? 

Diese sind in einer Siedlung sogar noch wichtiger, besonders für Segler oder Mehlschwalben. Diese Arten brüten gerne an Fassaden. Weil unsere Häuser aber immer besser isoliert sind, wird es für sie immer schwieriger. Entsprechend finden solche Arten immer weniger Schlupfmöglichkeiten. Gerade die Segler schlüpften früher gerne unter das Dach und brüteten dort. Das ist mittlerweile bei vielen Häusern, gerade wenn renoviert wird, schlechter möglich. Hier kann man tatsächlich sehr gut helfen, eben mit speziellen Seglerkästen. 

Ausserdem gibt es noch sogenannte Koloniekästen für Koloniebrüter, wie etwa Spatzen. Sie nehmen zwar auch gerne klassische Kästen, wie die Meisen, freuen sich aber sehr über eine Serie von Kästen. Koloniekästen sind im Prinzip drei, vier Kästen aneinander. Man vergisst immer ein bisschen, dass der Spatz gar kein so häufiger Vogel mehr ist. Ihm geht es nicht überall gut und daher kann man auch ihn ein bisschen unterstützen. 

Spielt es eigentlich eine Rolle, wie gross ein Nistkasten ist? 

Klar gibt es für gewisse Arten die «perfekten» Masse, aber grundsätzlich sind Vögel flexibel. In der Natur ist auch nicht jede Höhle ideal gebaut oder ideal gewachsen. Ich habe schon Geschichten gehört, wo Mauersegler in einen Spatzenkasten eingezogen sind und umgekehrt. Auf unserer Birdlife-Website unter «Rat&Tat» haben wir diverse Anleitungen und Broschüren, in denen man das Wichtigste nachlesen kann. 

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Was gilt es beim Aufhängen der Kästen zu beachten? 

Einen positiven Effekt hat das verdichtete Aufhängen der Kästen. Das heisst, man hängt nicht einen Kasten alle 100 Meter auf, sondern vielleicht mal drei, vier Kästen im Abstand von fünf bis zehn Metern. Der Ort wird dadurch attraktiver für die verschiedenen Arten, weil er zu einem Lebensraum wird, an dem es mehrere Höhlen gibt. Wenn man nur einen Kasten aufhängt, kommt oft die Kohlmeise. Bei mehreren Kästen möchte sie aber nicht fünf Meter weiter einen Artgenossen haben, weshalb sie diesen vertreibt. Damit haben andere Arten die Möglichkeit, in den nächsten Kasten einzuziehen, ohne dass sie in Konflikt mit der Kohlmeise geraten. 

Von der Ausrichtung her sollte man darauf achten, die Kästen nicht auf die Wetterseite zu hängen, wo es dauernd hin regnet. In der Theorie passt Richtung Osten, Südosten. Auch sollten die Kästen nicht dauernd in der Sonne stehen. 

Geduld ist zusätzlich wichtig. Wenn nach dem ersten Jahr noch keine Vögel eingezogen sind, darf man nicht enttäuscht sein. Wenn die Nisthilfe jedoch nach fünf oder sechs Jahren immer noch nicht besiedelt ist, kann man darüber nachdenken, sie umzuhängen. 

Wann sollten Nistkästen angebracht werden? 

Das Wichtigste ist, dass man das Brutgeschäft nicht stört. Aber ansonsten ist der Zeitpunkt nicht so relevant. Man sagt immer, zeitig im Frühjahr sei gut, damit die Vögel ihr neues Zuhause beziehen können. Oder im Herbst, damit sie es im Winter nutzen können. Aber auch im Sommer kann man einen Kasten bauen und aufhängen, er wird dann einfach erst im nächsten Jahr bezogen. Es gibt keinen Kalender, an den man sich halten sollte. Die Reinigung hingegen führt man am besten im Herbst durch, um das Brüten nicht zu stören. 

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Welche Fehler sollten vermieden werden? 

Die Kästen sollte man dort aufhängen, wo auch der Lebensraum stimmt. Gerade für spezielle Arten, wie die Mehlschwalbe, kann das nicht überall sein. Sie braucht einen insektenreichen Lebensraum oder Orte, wo schon andere Mehlschwalben vorkommen. Beim Aufhängen von Standardkästen im Siedlungsraum muss man zudem daran denken, dass dort auch viele Katzen umherstreifen.

Die Vierbeiner sollten optimalerweise nicht einfach hinlaufen können, um den Kasten auszuräumen. Die Nisthilfen sollten deshalb in genügend Höhe montiert werden. Mit Drahtgittern oder auch Brombeerranken kann man die Katzen davon abhalten, am Baum hochzuklettern. Ideal sind Höhen von zwei oder drei Metern. Ausserdem sollte man in lebende Bäume keine Nägel schlagen. Besser sind Drahtschlaufen und Kordeln, um die Kästen aufzuhängen. 

Was taugen die Nistkästen, die man in den üblichen Läden kaufen kann? 

In der Regel sind die Kästen, die es auf dem Markt gibt, alle geeignet. Man kann darauf achten, dass sie genügend dicht gebaut sind oder es nicht allzu viele Holzsplitter hat.  

Was ist besser: Fixfertig kaufen oder selber zusammenbauen? 

Das kann man im Prinzip machen, wie man möchte. Dem Vogel ist es relativ egal. Selber zusammenbauen hat den Vorteil, dass man noch Spass dabei hat. Lokale Birdlife-Sektionen haben viel Erfahrung, beraten bei Fragen gerne und freuen sich auch wenn man mal hineinschnuppern möchte in die Vogelunterstützung.