Diese Erinnerungen werden Marc Werlen, Leiter Kommunikation bei Grün Stadt Zürich, nicht so schnell aus dem Kopf gehen. Im Interview mit «Tierwelt online» erzählt er Ende Oktober von der emotionalen Bindung seines Teams zu den Stadtbäumen. Davon, wie die Unwetter dieses Jahr viele von ihnen zerstörten. Davon, wie die Zerstörungskraft der Natur seinen Mitarbeiter*innen nahe ging. «Dass gestandene Männer und Frauen aus unserer Abteilung, die angesichts der Verwüstungen Tränen in den Augen hatten, werde ich nicht so schnell vergessen. Was sie über Jahre aufgebaut und gepflegt hatten, wurde innert kurzer Zeit von Unwettern zerstört. So etwas ist natürlich immer demotivierend», sagte er.

Was ein Team um den deutschen Geoökologen Jonas Schwaab von der ETH Zürich in einer Studie nun erforscht und mit wissenschaftlichen Daten belegt hat, dürften sie schon lange geahnt haben: Wie wichtig Grünanlagen mit Bäumen für Städte sind. Sie sorgen durch ihre Verdunstung für einen grösseren Kühlungseffekt als Grünflächen ohne Bäume. 

Laut der Studie ist dieser Kühleffekt sogar bis zu viermal höher, als wenn auf einer Fläche Bäume fehlen und nur Rasen, Wiese oder Blumen vorhanden sind. . 

Am andern Ende der Skala: Strassenschluchten

Anders als bei anderen Studien zum Einfluss der Vegetation auf die Temperatur haben die Forschenden eine grosse Region betrachtet. Sie werteten Daten zu 293 europäischen Städten aus, um den Einfluss der Vegetation auf Temperaturen in unterschiedlichen Breitengraden zu sehen. Die Messungen der Oberflächentemperatur stammten von Satelliten. Die Studie ist in der Fachzeitschrift «Nature Communications» erschienen.

Der Unterschied zwischen Grünflächen mit und ohne Bäumen ist demnach in allen europäischen Regionen deutlich zu sehen. Das liegt unter anderem daran, dass Bäume durch tiefgründige Wurzeln mehr Wasser aufnehmen und verdunsten können. Vor allem während heisser und trockener Perioden haben Bäume dadurch einen grösseren Kühlungseffekt als Grünflächen ohne Bäume.

Heiss wird es an Orten wie Strassenschluchten, an denen Bäume fehlen und die von Beton geprägt sind. Hier ist der Temperaturunterschied besonders gross. In Mitteleuropa sind mit Bäumen bewachsene Flächen acht bis zwölf Grad kühler, sagt Schwaab. Er betont, dass es sich um Oberflächentemperaturen hande e, in bodennaher Luft sei der Temperaturunterschied deutlich geringer.

Weitere Forschung ist notwendig

In Südeuropa ist der Unterschied zwischen Baumflächen und bebauten Flächen kleiner. Das liegt laut Schwaab unter anderem daran, dass die Böden dort weniger feucht sind als in Mitteleuropa und Bäume dadurch weniger verdunsten. Bäume in südlicheren Gefilden leisten aber einen anderen wichtigen Kühleffekt: Schatten. Und bei Bewässerung sei auch der Kühlungseffekt durch Verdunstung in südlichen Regionen oftmals gross.

Für Vergleiche zwischen Städten und den Einfluss der Begrünung auf die Temperaturen eigne sich die Studie nicht, sagt Schwaab. Dafür müssten präzisere Messungen in einzelnen Stadtteilen vorgenommen werden. Die zugrunde gelegten Informationen über den Baumbestand erfassten laut Studie keine einzelnen Baumreihen oder versprengt stehende Bäume. Die Satellitenmessungen erfolgten zudem praktisch nur bei wolkenlosem Himmel.

Für präzisere Angaben zu einzelnen Städten müsse auch berücksichtigt werden, dass Bäume nicht uneingeschränkt nützlich sind für das Stadtklima, sagte Schwaab. Beispielsweise könnten Bäume am falschen Ort die Kaltluftzufuhr in Städten verringern. Die Kühlungseffekte müssten weiter untersucht werden, schreiben die Forscher.