Die Zeiten, in denen unzählige Frösche ihr Dasein in Einmachgläsern fristen mussten, weil man sich von ihnen, frei nach dem Motto «Sitzt der Frosch hoch auf der Leiter, geht’s mit schönem Wetter weiter» eine zuverlässige Wetterprognose erhoffte, sind zum Glück vorbei. Doch obwohl die Leiter-Methode erfolglos war, hat der Frosch das Zeug zum guten Meteorologen. 

Der Laubfrosch klettert auf der Jagd nach Insekten bei schönem Wetter tatsächlich Bäume und Büsche hoch. Bei Wind und fallendem Luftdruck folgt er den Leckerbissen nach unten. Den gleichen Hintergrund hat die Regel «Fliegen die Schwalben in die Höhn, kommt ein Wetter, das ist schön.» 

Vertrauen darf man gemäss dem Meteorologen Jurik Müller, dem Autor des Buches «100 Bauernregeln, die wirklich stimmen», auch auf die Regel «Frösche auf Stegen und Wegen deuten auf baldigen Regen.» Denn um Flüssigkeitsverluste durch Sonneneinstrahlung und Verdunstung zu vermeiden, gehen Wasser- und Teichfrösche meist nur auf Wanderschaft, wenn Regen im Anflug ist. 

Schon immer wollten die Menschen wissen, wie das Wetter wird
Es gibt noch etliche andere tierische Wetterpropheten: Wahrscheinlich wird in den nächsten Stunden trocken bleiben, wer Insekten sieht, da sie ihre Aktivitäten bei schlechtem Wetter einstellen. In Reimform klingt diese Erkenntnis so: «Wenn die Johanniswürmer glänzen, darfst du richten deine Sensen», «Kommen die Bienen nicht heraus, ist’s mit dem schönen Wetter aus» oder «Wenn die Ameisen in ihre Hügel verschwinden, wird sich in Kürze Regen einfinden.» 

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 Der Schlammpeitzger. Bild: Gourami Watcher/wikimedia.org

Ein recht zuverlässiger Wetterbote ist auch ein Fisch namens Schlammpeitzger: «Wollen viel Luft die Schlammpeitzger schlucken, werden bald Blitze vom Himmel zucken.» Der unscheinbare «Gewitterfisch» lebt am Grund von Entwässerungsgräben und Tümpeln, in denen an heissen, schwülen Tagen vor einem Sommergewitter der Sauerstoffgehalt abnimmt. Wenn das passiert, schnappt er an der Wasseroberfläche nach Luft, der dann in seinem Darm Sauerstoff entzogen wird. Um die Regel richtig zu interpretieren, sollte man allerdings einen Blick auf den Wasserpegel werfen. Denn in austrocknenden Tümpeln zeigt der Schlammpeitzger das gleiche Verhalten. 

Der Wunsch, das atmosphärische Geschehen voraussagen zu können, ist vermutlich fast so alt wie die Menschheit selbst. Denn spätestens seit wir das Jagen und Sammeln zugunsten von Ackerbau und Viehzucht aufgegeben haben, bestimmt das Wetter unseren Alltag. Hitze und Kälte, Regen, Dürre, Stürme und Hagelschauer entschieden und entscheiden oft darüber, ob die Ernte gut oder schlecht ausfällt und das Vieh auch im Winter genug zu fressen hat. 

Auch das Überleben der frühen Seefahrer hing nicht selten von der Stimmung der «Wettergötter» ab. Sogar der griechische Philosoph Aristoteles beschäftigte sich schon mit dem Thema. Vor allem aber waren es die Landwirte, die sorgen- bis hoffnungsvoll zum Himmel schauten und nach Vorboten für die Entwicklung in den nächsten Stunden, Tagen und Wochen suchten.

Selbst Meteorologen benutzen manchmal die Weisheiten unserer Vorfahren
Neben Tieren nutzten sie an sogenannte «Lostagen», an denen man eine mehr oder weniger sichere Wettertendenz erkennen kann, Wind, Wolken und Pflanzen als Wetterorakel. Ihre Beobachtungen, die vielleicht wegen des höheren Unterhaltungswertes immer öfter in Reimform verpackt wurden, gaben sie von Generation zu Generation weiter. In der modernen Wissenschaft hatten die Bauernregeln lange einen schlechten Ruf. Inzwischen haben die Meteorologen erkannt, dass unsere Vorfahren manchmal gar nicht so falsch lagen.

«Bauernregeln entspringen dem Wunsch des Menschen, das Wetter fassbar zu machen. Manche Regeln sind natürlich Unsinn, aber oft haben die Landwirte ein feines Gespür und gute Beobachtungsgabe bewiesen», sagt der Meteorologe Peter Wick. Der Inhaber des Schweizer Wetter-Unternehmens «Meteo News» zitiert manchmal selber Bauernregeln. «Zum einen kommt das bei den Leuten gut an. Zum anderen kann man einige tatsächlich gut gebrauchen», sagt Wick. Seine Lieblingsregel lautet: «Wie das Wetter am Siebenschläfer sich verhält, ist es sieben Wochen lang bestellt.» Man dürfe sich aber nicht ausschliesslich auf den 27. Juni konzentrieren, sondern solle auch auf die Woche vor und nach diesem Datum achten. 

Dafür, dass das Wetter zwischen der Mittsommerwende und Ende August recht stabil bleibt, ist die sommerliche Trägheit der Jetstreams (starke Luftströmungen in sieben bis zehn Kilometern Höhe, die die Zugbahnen von Hoch- und Tiefdruckgebieten wesentlich beeinflussen) verantwortlich. Statistisch gesehen hat die Regel in rund 70 Prozent recht – höher ist die Trefferquote bei langfristigen Prognosen laut Peter Wick auch in der modernen Meteorologie nicht. «Besonders gut kann man die Siebenschläferregel im Alpenraum anwenden. An den norddeutschen Küsten stimmt sie weniger häufig.» 

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 Jurik Müller: «100 Bauernregeln ... die wirklich stimmen»,
 Taschenbuch, 159 Seiten, BLV-Verlag,
 ISBN: 978-3-8354-0807-4, ca. Fr. 18.–

Überhaupt sind Bauernregeln nicht überall gleich verlässlich. Das hat einen einfachen Hintergrund: Die Reime entstanden in einer bestimmten Region und wurden dann, unter anderem von wandernden Mönchen, im gesamten deutschen Sprachraum verbreitet, also auch in Gegenden mit anderen klimatischen Bedingungen.

Oft stimmen die Regeln nur, wenn gewisse Voraussetzungen erfüllt sind. So sollte man getreu dem Spruch «Morgenrot – Schlechtwetter droht» wirklich den Regenschirm einpacken, wenn der Sonnenaufgang besonders schön ist – zumindest, wenn der Wind aus Westen weht. Denn der rote Himmel entsteht dadurch, dass die Sonne kleine Wasserteilchen in der Luft zum Strahlen bringt, im Westen also schon Regenwolken auf­ziehen. 

Auch an einem nebligen Morgen könnte sich den Wetterbericht in vielen Fällen sparen, wer an die Regel «Nebel, der sich steigend hält, bringt Regen, doch klar Wetter, wenn er fällt» denkt. Denn steigt der Nebel sichtbar nach oben, wird er in den kalten Luftregionen zu Wassertröpfchen kondensieren und als Regen wieder herabfallen, während er bei schönem Wetter von der Sonne dicht über dem Boden verdampft wird.

Wer die Natur genau beobachtet, kann sich den Wetterbericht oft sparen
Wer mit offenen Augen durch die Natur geht, kann nicht nur am Himmel Wettervorboten erkennen. Auch Pflanzen reagieren oft sehr frühzeitig auf Umweltveränderungen. So schliessen Tannenzapfen bei ansteigender Luftfeuchtigkeit vor dem Regen ihre Schuppen, damit die darunterliegenden Samen nicht nass werden und faulen: «Wenn der Zapfen seine Schuppen schliesst, der Himmel bald die Blumen giesst». Ein verlässliches Hygrometer (Luftfeuchtigkeitsmesser) ist die blaue Storchschnabelblume: «Wenn des Storchschnabels Frucht sich wie der Uhrzeiger dreht, in der Nacht schlechtes Wetter vor uns steht; doch dreht sich die Frucht entgegengesetzt, kein Wölkchen den sternklaren Himmel verletzt.»

Besonders wenn es darum geht, eine kurzfristige Prognose für die nächsten Stunden oder den Tag zu stellen, können Bauernweisheiten eine gute Hilfe sein, in vielen steckt zumindest ein wahrer Kern. Auch, wenn es einfacher und oft wohl auch Erfolg versprechender ist, den Wetterbericht anzusehen, kann es eine Menge Spass machen, im Garten und beim Wandern nach Wettervorboten zu suchen.