Hier wagen sich sogar Tiger aufs Glatteis. Dafür sorgt Stefan Gerber. Er ist Eismeister bei den SCL Tigers aus Langnau. Angestellt ist er bei der Ilfis Stadion AG, welche die Halle und das Eisfeld dem Emmentaler National-League-Eishockeyclub vermietet. «Ich bezeichne mich immer als Hauswart mit Eisaufgaben», sagt Gerber. Denn er kümmere sich in der Halle um sämtliche Anlagen, die Aufsicht über das Eis sei nur ein kleines Aufgabengebiet, «dessen Resultat halt alle sehen».

Mit sicheren Schritten läuft Gerber über das eisige Spielfeld, das 30 × 60 Meter gross ist. Hier im Stadion, das 2012 umgebaut und erweitert wurde, trainieren nicht nur die Stars der ersten Mannschaft, sondern auch sämtliche Juniorenteams. «Alle haben das Anrecht auf das bestmögliche Eis», erklärt Gerber. Dafür sorgt der 36-Jährige während der Eishockyesaison mit viel Elan und Liebe zum Detail: Die Tigers spielen in der höchsten Liga der Schweiz. Die Saison dauert von September bis in den März, wo die entscheidenden Playoffrunden stattfinden.

Glycol und Ammoniak im Spiel
Das wichtigste Arbeitsgerät für Gerber: die Eismaschine. Die sorgt für glattes Eis. Doch der Reihe nach. Die Ilfishalle wird im Sommer auch als Eventhalle genutzt: Von April bis Juni gibt es kein Eis – kurz nach Saisonschluss der Hockeymeisterschaft wird es abgetaut.

Eismeister Stefan Gerber erzählt von seiner Arbeit

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«Im Juli bauen wir das Eis wieder neu auf», sagt Gerber. Das nackte Spielfeld besteht aus einer grossen Betonfläche, auf der das Eis entsteht. Unter dem Beton verlaufen zahlreiche Rohre in Längsrichtung, die in jeweils zwei grosse Röhren münden, die quer hinter den Toren liegen. Das Frostschutzmittel Glycol, das durch die Rohre fliesst, kühlt das aufgespritzte Wasser, das zu Eis wird. Als Kühlmittel fungiert Ammoniak: Zwei Kompressoren, die mit Strom versorgt werden, verdichten das flüssige Ammoniak in Gas. In einem Wärmeaustauscher wird das Glycol durch das Ammoniak abgekühlt. Das Glycol, dass das Eis kühlt, wird mit der Zeit wärmer und fliesst dann zurück zum Wärmetauscher, wo es wieder abgekühlt wird.

Um das Eis zu Beginn der Saison aufzubauen braucht es rund zehn Tage: bei minus zehn Grad wird Wasser auf die Betonplatte gespritzt, das innerhalb von zwölf Stunden langsam gefriert. Danach kommt eine Schicht Kreidemehl auf die 1800 Quadratmeter gros­se Eisfläche. Grund: Das Mehl sorgt für strahlend weisses Eis. Im nächsten Schritt werden die Werbeblachen auf das Eis gelegt, danach kommt nochmals eine Eisschicht. Im Endzustand ist das Eis, das minus 4,5 Grad kalt ist, rund vier Zentimeter dick.

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Eisfläche abhobeln
In den zehn Tagen, in denen das Eisfeld Jahr für Jahr zum Saisonstart hergestellt wird, liegen die Stromkosten für die Kompressoren bei rund 14 000 Franken. Während der Saison von September bis März verbrauchen die Kompressoren Strom in Höhe von rund 700 Franken pro Tag. Die Abwärme der Kompressoren wird genutzt: Unter anderem wird es für das Warmwasser in den Duschen der Eishockeystars verwendet.

Während eines Matches fährt Stefan Gerber oder einer seiner zwei Arbeitskollegen mit der Eismaschine auf das Spielfeld. Ein Hobel an der hinteren Unterseite der Maschine hobelt die Eisoberfläche um rund einen Millimeter ab. Zudem sammelt die Eismaschine in ihrem Bauch rund vier Kubikmeter durch die Schlittschuhe der Spieler abgehobeltes Eis ein. Während Gerber die Eisfläche in der Pause säubert, spritzt die Maschine noch rund 35 Grad warmes Wasser auf die Eisfläche. «So werden die tiefen Kratzer, welche die Schlittschuhe auf dem Eis hinterlassen, ausgespült und gefrieren wieder», erklärt der Eismeister. Warum kommt warmes Wasser zum Einsatz? Über dem Spielfeld bildet sich ein Kältesee. Die Luft ist hier kälter als das Eis: Das Warmwasser sorgt dafür, dass das Eis von unten nach oben durchgefriert. Würde es von oben nach unten gefrieren, würden Luftblasen miteingeschlossen, die für unebenes Eis sorgen.

Bobbahn aus NatureisNatureisbahnen entstehen ohne künstliche Kühlmittel: Bei geeigneten Minustemperaturen gefriert das auf einer Fläche aufgespritzte Eis von selbst. Sobald es wärmer wird, schmilzt das Eis wieder. Als Natureisbahnen zum Schlittschuhlaufen dienen vor allem gefrorene Seen. In St. Moritz steht die einzige Naturbobbahn der Welt. Sie kommt ohne künstliche Kühlmittel und chemische Zusätze aus. Es werden nur Schnee und Wasser eingesetzt. Mitte November beginnt das bange Warten auf den ersten Schnee, das Baumaterial für den Olympia Bob Run St. Moritz- Celerina. In der letzten Novemberwoche reist die Bahnmannschaft an, um innerhalb von drei Wochen aus 15 000 Kubikmetern Schnee und 10 000 Kubikmetern Wasser die grösste Schneeskulptur der Welt in die Naturarena zu formen. Die Bahn ist rund 1700 Meter lang und wird jedes Jahr von Grund auf neu ins aus­nivellierte Terrain gebaut.

Eismeister ist kein Hockeyfan
Für die ganze Putzaktion hat Stefan Gerber nur 18 Minuten Zeit, dann ist die 20-minütige Drittelspause auch schon wieder vorbei. Gibt es eigentlich verschiedene Arten von Eis, die er auf dem Feld herstellen kann? «Das Grundeis ist immer gleich, aber es gibt Feinheiten», sagt Gerber. Ein legendärer Schweizer Eishockeytrainer beispielsweise wünschte bei Heimspielen das Eis lieber ein bisschen weicher, «denn dann braucht es beim Schlittschuhlaufen mehr Kraft, was für die Gegner ein Nachteil sein sollte», erklärt Gerber. Er selber verwendet für das Wasser, das auf die Eisfläche kommt, entkalktes Wasser. «Dadurch wird das Eis kompakter und damit stabiler.» Andere Klubs haben bereits ganz entkalktes und keimfreies Osmosewasser genutzt, was jedoch nicht funktioniert hat: Das aufgetragene Kreidemehl, das kalkhaltig ist, haftete nicht richtig und das Eis wurde brüchig.

In der Halle, die nicht speziell wärmegedämmt ist, herrschen Temperaturen von rund acht Grad. Ist die rund 6000 Zuschauer fassende Halle voll, steigen die Temperaturen auf den oberen Rängen bis zu 18 Grad. «Über die Kompressoren können wir die Temperatur auf dem Eis regulieren», erklärt der Eismeister, «so bleibt das Eis während eines Spiel konstant gekühlt.» Ebenso kühl bleibt auch Stefan Gerber während eines Matches. «Ich bin kein Eishockeyfan. Mich lässt es kalt, wie die Teams spielen. Ich konzentriere mich auf meine Aufgabe und auf die Eisqualität.»