Was auf den ersten Blick verwirrend tönen mag, ist ganz einfach. «Blackbox-Gardening» ist nichts anderes als Gärtnern mit einer Prise Zufall. Es basiert darauf, dass sich die Pflanzen durch Aussaat verbreiten und da niederlassen, wo es ihnen gefällt. Man bedient sich der Mechanismen der Natur, um unvorhergesehene, bunte Gartenbilder zu kreieren. Der Begriff ist der Wissenschaft entlehnt, wo er ein System beschreibt, das nur von aussen betrachtet werden kann, dessen innere Prozesse dem Betrachter aber verborgen bleiben. 

Ähnlich ist es bei den natürlichen Pflanzenkreisläufen im Garten. Sie lassen sich zwar durch Boden und Standortbedingungen beeinflussen und auch vorhersagen. Welcher Sämling einer Pflanze dann aber wo und warum Fuss fasst, bleibt offen. Statt ein Beet zu bepflanzen, schaffen wir mit der Aussaat von Samen unvorhergesehene und experimentelle Bilder. Die Methode lässt sich grossflächig, aber auch auf kleinstem Raum ausprobieren. Hat man einmal damit begonnen, ist es ein steter Kreislauf von aufkommenden Pflanzen, die sich immer wieder versamen und an neuer Stelle ansiedeln. Da, wo sie ein offenes Fleckchen Erde oder Kies finden. 

Zunächst gilt es, den Boden gut vorzubereiten, indem man ihn tiefgründig lockert. Bestehende Unkräuter sollten gründlich entfernt werden, damit sie später nicht überhandnehmen und die gesäten Pflanzen verdrängen. Wer mit dem Blackbox-Gardening beginnt, kann nebst der Aussaat von ein-, zwei- und teils mehrjährigen Arten auch einige Initialpflanzen in die Fläche setzen. Auf diese Weise erreicht man schnellere Resultate als mit der reinen Ansaat und hat von Beginn weg eine gewisse Struktur in der Fläche. 

Pflegeleichte Flächen
Geeignete Arten fürs Blackbox-Gardening sind etwa Akelei, Natternkopf, Königskerzen oder Malven, aber auch verschiedene einjährige Doldenblütler wie Wilde Möhre, Koriander, Dill und viele mehr.

Ein Verfechter angesäter Pflanzenkombinationen ist der Engländer James Hitchmough, Professor an der Universität Sheffield. Inspiriert von Reisen in die verschiedensten Lebensräume der Erde, designt der Wissenschaftler pflegeleichte, wiesenartige Flächen für den Siedlungsraum, indem er die Saatmischungen indiviudell für den Standort zusammenstellt. Zu seinen bekanntesten Projekten zählt die Begrünung des Olympia-Parks in London.

Vielleicht braucht es im eigenen Garten ein bisschen Mut, das Blackbox-Gardening auszuprobieren und die Gartengestaltung der Dynamik der Natur und dem Zufall unterzuordnen. Ist der Prozess aber erst einmal im Gange, macht es riesigen Spass, immer neue, naturgemachte Farbkombinationen zu entdecken und zu beobachten, wie die Pflanzen durch die Beete «wandern».

Die Flächen sind vergleichsweise pflegeleicht, müssen aber laufend kontrolliert werden. Droht eine Pflanzenart überhandzunehmen oder bilden sich grosse Lücken, die dem Unkraut Platz machen, heisst es lenkend einzugreifen. Ansonsten lässt man der Entwicklung ihren Lauf. Die Natur führt Regie, kombiniert Farben und Formen scheinbar wild durcheinander. Es ist eine neue Art des Gärtnerns, die etwas Befreiendes an sich hat und bunte Überraschungen verheisst.

Literaturtipp: 
Jonas Reif, Christian Kress: «Blackbox Gardening. Mit versamenden Pflanzen Gärten gestalten», Verlag: Ulmer Eugen, ISBN: 978-3-8001-7538-3, ca. Fr. 42.–