In jedem Reitsport-Geschäft gibt es eine Ecke, in der es aussieht wie in einer Eisenwaren-Handlung. Dort befindet sich eine Fülle von Trensen, Kandaren und anderen Gebissen für Pferde. Wer sich jedoch auf gut Glück bedient, wird seinem Pferd keinen Gefallen tun. Denn der Trensenkauf ist für jedes Pferd individuell. Entscheidend sind der Ausbildungsstand von Ross und Reiter und die anatomischen Gegebenheiten des Pferdemauls: Länge der Maulspalte, Position der Zähne, des zahnfreien Raums zwischen Schneide- und Backenzähnen (Lade), des Gaumens und der Zunge, der Abstand zwischen Ober- und Unterkiefer sowie die Maulbreite.

Eine perfekt passende Trense liegt weich auf der Zunge und an den Maulwinkeln an. Sie animiert das Pferd zum Kauen und Speicheln. Dadurch entspannt die Zungenmuskulatur, eine Voraussetzung dafür, dass sich die lange Muskelkette über das Genick, Nacken und Rücken löst und locker zusammenarbeitet. Nimmt das Pferd vertrauensvoll die Anlehnung am Gebiss an – oder sucht sie im Idealfall selber –, kann es seinen Rücken wölben, mit den Hinterbeinen unter den Schwerpunkt und mit der Schulter schwungvoll nach vorne treten. Ein unpassendes Gebiss in der falschen Grösse hingegen führt schnell zu Schwierigkeiten, die von Zungenproblemen über schlechte Maultätigkeit bis hin zu mangelhafter Rittigkeit, Unwilligkeit und gar Widersetzlichkeit reichen können. 

Einfach und doppelt gebrochen
Jede Zäumung ist so weich oder hart wie die Reiterhand am Zügel. Aufgrund ihrer Ausführung und Wirkung unterscheidet man zwischen einfach und doppelt gebrochenen Gebissen sowie Stangengebissen. Die gebräuchlichste Gebissart ist die sogenannte Wassertrense, die oft in der Grundausbildung von Pferd und Reiter verwendet wird. Die einfach gebrochene Wassertrense besteht aus zwei gleich langen Gebissteilen, die über ein bewegliches Gelenk in der Mitte verbunden sind. An beiden Enden befinden sich Ringe, an denen die Zügel befestigt werden. Dieses Gebiss übt durch die Zügelführung hauptsächlich Druck auf die Zunge und die Laden des Pferdes aus. Am besten liegt das Mittelstück bei Anzug der Zügel satt auf der Zunge, ohne diese zu quetschen. 

Bei einer doppelt gebrochenen Wassertrense besteht das dreiteilige Mundstück aus den beiden Gebissteilen und einem kürzeren Verbindungsstück. Es ist beweglicher und passt sich gut dem Pferdemaul an. Doppelt gebrochene Trensen eignen sich daher gut für Pferde mit einem empfindlichen Maul. Sie verzeihen eher einen Reiterfehler. Im Gegensatz zur einfach gebrochenen Trense, die wie eine Stange wirkt, wenn einseitig am Zügel gezogen wird.

«Knebeltrensen» und «Oliven»
Von den einfach und doppelt gebrochenen Trensen gibt es verschiedene Ausführungen, etwa mit seitlichen B- und D-Ringen oder bei der sogenannten Olivenkopftrense mit olivenförmigen Verdickungen an den Enden der Gebissteile. Diese schützen die empfindlichen Maulwinkel des Pferdes und verhindern, dass die Trense durch das Maul gezogen wird.

Es gibt Olivenkopf-Gebisse sowohl mit frei beweglichen als auch mit fixierten Trensenringen. Bei Letzteren liegt das Gebiss ruhiger im Maul, es wirkt durch die leichte Hebelwirkung aber etwas härter. Eine Weiterentwicklung davon sind die Schenkeltrensen, die man früher auch als «Knebeltrensen» kannte. Ähnlich wie die «Olive» verhindern dort seitliche Stege das Durchrutschen des Gebisses durch das Pferdemaul, sie bieten zudem seitliche Anlehnung. Deshalb kommen diese Trensen gerne in der Ausbildung zum Einsatz, aber auch bei Pferden, die Probleme in den Wendungen haben und sich schlecht von der Reiterhand stellen lassen.

Einfach oder doppelt gebrochene Gebisse mit Hebeln (Springkandaren, Pelhams) tauchen vor allem im Springsport auf. Sie können mit einem oder zwei Zügeln eingesetzt werden und erzeugen durch die Hebelwirkung auch Druck auf das Genick und durch die dazu verwendete Kinnkette auf den Unterkiefer. Im Westernsport sind die gebrochenen Gebisse mit Anzügen als «Snaffle Bit with Shanks» bekannt und dienen oft der Vorbereitung auf Stangengebisse mit Anzügen.

Ungebrochene Trensen oder einfache Stangengebisse ohne Hebel wirken bei gleichmäs­sigem Zug an beiden Zügeln mild und sind eine gute Alternative für Pferde, die sich mit der wackligeren Verbindung gebrochener Gebisse schwertun oder sehr flache Kiefer haben. Allerdings kann das Pferd leicht seine Zunge über die Stange legen und sich so der Wirkung entziehen. Ausserdem verkantet sich bei einseitigem Zug am Zügel das Stangengebiss, und der abgehobene Teil drückt dem Pferd gegen den Oberkiefer.

Die Dressurkandare schliesslich kommt erst bei einem höheren Ausbildungsstand von Ross und Reiter zum Einsatz, da sie in ihrer Wirkung um einiges schärfer ist als eine gewöhnliche Trense. Der Reiter muss zügelunabhängig sitzen können, und das Pferd darf sich nicht auf den Zügel legen. 

Kandaren nur bei Prüfungen 
An Schweizer Dressurturnieren dürfen Kandaren erst in anspruchsvollen Prüfungen (ab Klasse L) eingesetzt werden. Die Dressurkandare besteht aus einem Stangengebiss mit Zungenfreiheit und seitlichen Hebeln sowie einer schmalen Unterlegtrense. Die Trense ermöglicht Stellung und Biegung des Pferdes, die Stange zäumt es bei. Eine Kinnkette hält das Gebiss in Position und lenkt den Druck von Genick und Maulwinkel auf Kinn und Zunge. Je länger die Unterbäume und je kürzer die Oberbäume bei den Hebeln sind, desto schärfer wirkt die Kandare. 

Die meisten Gebisse sind aus Edelstahl, einer Legierung aus Eisen, Chrom und Nickel. Da Edelstahl das Pferd nur wenig zum Speicheln anregt, werden häufig Legierungen mit Kupfer verwendet. Kupfer schmeckt süsslich, wenn es oxidiert und animiert das Pferd so zum Kauen. Je nach Kupferanteil schimmern die Gebisse hell- bis dunkelgolden. Die meisten Trensenhersteller verwenden ausserdem Speziallegierungen und verzichten weitgehend auf Nickel, das allergische Reaktionen auslösen kann. 

Daneben sind auch Trensen aus Gummi, Kunststoff oder Leder erhältlich. Hartgummi- und Kunststoffgebisse gibt es sogar mit Apfelgeschmack, der das Pferd zum Speicheln anregen soll. Sie sollten einen Metallkern haben, damit sie nicht durchgebissen werden können und müssen regelmässig kontrolliert werden, da durch das Kauen scharfe Kanten entstehen können. Ledergebisse sind weich, lassen sich gut einspeicheln und passen sich dem Pferdemaul an. Bei häufiger Nutzung sind sie jedoch schnell durchgekaut, während sie bei längerem Nichtgebrauch hart werden. 

Sämtliche Gebisse gibt es in verschiedenen Grössen, Stärken und Längen. Die Länge der Trense wird von Maulwinkel zu Maulwinkel gemessen. Liegt das Gebiss locker im Maul, sollte es auf jeder Seite mindestens einen halben Zentimeter herausstehen. Sonst kneift es und kann die Mundwinkel verletzen. 

Die richtige Stärke oder Dicke eines Gebisses zu bestimmen, ist schwieriger. Schmale Gebisse wirken zwar schärfer, ein dickes Teil in einem kleinen Pferdemaul kann aber noch unangenehmer sein. Von aussen sieht man einem Pferdemaul nicht an, ob darin viel oder wenig Platz ist – und der Besitzer kann schlecht beurteilen, ob sein Pferd eine schmale oder eine breite Zunge, einen flachen oder hohen Gaumen hat.

Bei freundlichen Pferden kann der Reiter allenfalls ins Maul greifen und ertasten, wie viel Platz zwischen Ober- und Unterkiefer ist. Oder noch besser: Man bittet vor der Anschaffung einer neuen Trense seinen Pferdezahnarzt um eine individuelle Beratung, beispielsweise im Rahmen der jährlichen Zahnkontrolle.