Am Rand des Feldwegs steht nach einem Regentag eine Pfütze. Wenn dann noch, je nach Sonnenstand oder Wind, die Oberfläche glitzert oder sich bewegt, wird daraus für viele Pferde ein gefürchiges schwarzes Loch. Anstatt den Ausritt gelassen fortzusetzen, werden solche Pferde je nach Temperament zur Seite springen, sich wie ein Aal dem Rand der Pfütze entlangwinden oder gleich Reissaus nehmen.

Für den Reiter ist dieses unangenehme Verhalten nicht nachvollziehbar. Er versteht womöglich nicht, weshalb sich sein Pferd, selbst mit energischen Schenkelhilfen nicht dazu bewegen lässt, auch nur einen Huf in das Nass zu setzen. Denn schliesslich weiss er, dass das Wasser nicht tiefer als ein paar Zentimeter ist und das Pferd gefahrlos durch die Pfütze schreiten kann.

Pferde sind gute Schwimmer
Jungen Pferden und solchen, die nie richtig mit Wasser vertraut gemacht wurden, kann eine harmlose Situation wie eine Pfütze am Wegrand bereits Angst machen. Denn sie können nicht abschätzen, wie tief das Wasser und ob der Untergrund trittsicher ist. Diese Vorsicht ist ein angeborener Instinkt, der je nach Pferd stärker ausgeprägt ist. Verletzt sich ein Wildpferd, weil es in ein tiefes Wasserloch tritt, oder fällt es gar hinein, wird es von seiner Herde getrennt und zu einer leichten Beute für Fressfeinde.

Andererseits ist das Pferd evolutionsbedingt von Geburt an ein guter Schwimmer: Der voluminöse Darm und die grosse Lunge geben seinem massigen Körper guten Auftrieb. Denn auch wenn das Wasser Gefahren birgt, konnte das Durchqueren von Flüssen einer Herde wesentliche Vorteile bringen, wie zum Beispiel das Erschliessen von neuen Weidegründen.

Kein Reitpferd muss sich heute noch sein Futter schwimmend verdienen und die meisten Feldwege sind breit genug, um einen grossen Bogen um Pfützen zu machen. Trotzdem sollte sich kein Besitzer mit einem wasserscheuen Pferd abfinden. Nicht nur für Vielseitigkeits- und Springpferde ist es wichtig, dass sie keine Angst vor Wasser haben. Auch Dressurpferde können nach einem Regenguss mit Pfützen auf dem Viereck konfrontiert werden und selbst beim Ausreiten im Gelände begegnen Pferd und Reiter immer wieder «Wasserhindernisse» wie kleine Bäche oder Wasserlachen, die durchquert werden müssen.

Die spielerische Gewöhnung an Wasser erfolgt am besten schon im Fohlen- und Jungpferde-Alter. Denn dem Pferd macht vor allem das Angst, was es nicht kennt. Doch auch ältere Pferde, bei denen das versäumt wurde, können ihre Scheu vor dem nassen Element noch ablegen.

Zum Üben wählt man am besten eine flache Stelle mit festem Untergrund. Dort darf das Pferd erst ausgiebig schauen, dazu auch den Kopf senken und sich vergewissern, dass der Untergrund nicht gefährlich ist. Es hat eine angeborene Neugier, die nicht selten grösser als die Furcht ist, und wird im Idealfall das Wasser von selber erkunden wollen. Ansonsten geht ein erfahrener Reiter mit einem wassergewohnten Pferd voraus, durchquert das Nass und zeigt dem unerfahrenen Pferd, dass keine Gefahr droht.

Vorsicht vor dem unfreiwilligen Bad
Auch in der Herde lernt das Pferd durch Nachahmung – und so folgen die meisten Pferde dem Führpferd vertrauensvoll. Der Reiter sollte sein Pferd dabei gut an den Hilfen haben, gelassen bleiben und selber nicht ins Wasser starren, sondern in die Zielrichtung schauen. Überwindet das Tier sein Misstrauen und betritt das Wasser, sollte es gelobt und sanft zum Weiterlaufen aufgefordert werden. Diese Übung wiederholt man mehrfach, von verschiedenen Seiten und später auch an schwierigeren Stellen, wie einem kleinen Bach, bis das Pferd Vertrauen gewonnen und gemerkt hat, dass ihm im Wasser nichts passiert.

Hat sich das Pferd an das Nass gewöhnt oder es sogar schätzen gelernt, heisst es trotzdem aufmerksam bleiben: Pferde legen sich gern im Wasser hin, ohne dabei Rücksicht auf Sattelzeug oder Reiter zu nehmen. Kündigt sich dieses Vorhaben mit Scharren der Vorderbeine an, sollte der Reiter die Zügel aufnehmen und energisch vorwärtsreiten, um nicht mitsamt seinem Pferd ein Bad zu nehmen.