Vegan zu leben, erfreut sich immer grös­serer Beliebtheit. Diese Lebenseinstellung mit dem Hobby Reiten zu vereinbaren, ist jedoch so anspruchsvoll wie das Erklimmen eines hohen Gipfels. Alleine die Vorstellung, einen pferdegerechten Sattel zu verwenden, der nicht wie meist üblich aus Leder ist, erfordert bereits Fantasie. Dennoch müssen Veganerinnen und Veganer ihre Reitstiefel – ausgenommen sie sind aus Leder – nicht gleich an den Nagel hängen oder sich ohne Sattel aufs Pferd schwingen. Denn mittlerweile gibt es auf dem Markt für Reitzubehör Alternativen, die nicht nur Veganern beachtliche Vorzüge bieten.

[IMG 2]

Für Furore sorgt derzeit eine Weltneuheit aus Deutschland: der Korksattel. Es ist der erste vegane Sattel aus rein natürlichen Rohstoffen wie Kork, Kautschuk und Holz ohne lösemittelhaltige Klebstoffe. «Auf die Idee hat mich eine Journalistin gebracht, die in Portugal, dem weltweit grössten Korkproduzenten, auf dieses Naturprodukt gestos­sen ist und davon schwärmte», erzählt Christoph Rieser, Besitzer der Firma Rieser-Sattel. «Wir waren von den positiven Eigenschaften sofort angetan und entschieden uns, daraus einen Sattel herzustellen.» Denn wie Studien des renommierten Fraunhofer-Instituts ergaben, ist Kork, anders als oft angenommen, widerstandsfähig, belastbar und abriebsfest. Das sei durchaus vergleichbar mit Leder, sagt der gelernte Kunstschmied und Sattelmacher. 

Doch damit nicht genug: Der Korksattel sticht seinen Kontrahenten aus Leder sogar in wichtigen Punkten aus. Er wiegt nur halb so viel und nimmt keinerlei Feuchtigkeit auf. «In Sachen Wasser- und Schweissbeständigkeit ist Kork besser als Leder», erklärt Rieser, der für seine Pionierarbeit im vergangenen Jahr den Innovationspreis der weltweit gröss­ten Reitsportmesse «Equitana» erhielt. Passend zum Sattel bietet seine Firma auch weiteres veganes und nachhaltig produziertes Reitzubehör an. Dazu gehören Steigbügel aus Birke, Sattelgurte aus Hanf, Zaumzeug und Zügel aus Kork sowie Sattelunterlagen aus Jute mit Baumwollwattierung. Diese Materialien für Reitzubehör zu verwenden, sei nicht immer ein Novum, gibt Rieser unumwunden zu. «Sattelgurte aus Hanf hatte man beispielsweise schon früher beim Militär verwendet.»

Filzsättel verbessern den Sitz
Das Steckenpferd der Firma aus Rheinland-Pfalz ist und bleibt aber der Korksattel, von dem es Anfertigungen für Distanzreiten, Wanderreiten und Dressur in innovativem Design und verschiedenen Farben gibt. Verglichen mit einem Ledersattel müssen Kundinnen und Kunden dafür allerdings umgerechnet rund 530 Franken mehr auf den Tisch blättern, da die Herstellung deutlich aufwendiger sei. Dafür erhalte man ein Unikat mit einmaliger Optik und hervorragenden Eigenschaften, betont Christoph Rieser, der auch staatlich geprüfter Designer ist.

Im Schweizer Handel ist der Korksattel nicht erhältlich. Lässt man aber den Rücken seines Pferdes genau vermessen, ist es dennoch möglich, einen passenden Korksattel zu bestellen. Wem das zu aufwendig ist, kann sich auch hierzulande mit Reitzubehör eindecken, das den veganen Ansprüchen gerecht wird. Zum Beispiel mit Filzsätteln aus Violan, das aus biologisch abbaubaren Pflanzenresten besteht.

[IMG 3]

Zu den Anbietern zählt Seraina Fischer von der Equusense GmbH in Bassersdorf ZH. Der vegane Gedanke steht bei ihr aber nicht im Vordergrund. «Viele Reiter suchen nach einer Alternative zum herkömmlichen starren Sattel. Sie wollen die Bewegungen des Pferdes intensiver wahrnehmen und ihren Sitz verbessern», erklärt die Pferdeergonomin. Dabei sei es wichtig, dass der Pferderücken ausreichend vor den Sitzbeinhöckern des Reiters geschützt wird. Durch den speziellen Aufbau des Filzsattels ist das gewährleistet.

Ausserdem sei es vorteilhaft, dass der leichte Filzsattel auf verschiedenen Pferden genutzt werden könne. «Normale Sättel müssen immer wieder angepasst werden. Der Filzsattel macht die Veränderungen des Pferdes dagegen mit», sagt Fischer. Sie freut sich derzeit über eine sehr grosse Nachfrage nach ihren Sätteln, die jedoch nicht alle aus dem veganem Filz Violan bestehen. Zu ihrer Kundschaft zählen neben Freizeitreitern auch Reitschulen oder Therapiebetriebe.

Vegane ReitkleidungIm Gegensatz zur Ausstattung für das Pferd ist es für Reiterinnen und Reiter deutlich einfacher, sich selber vegan einzukleiden. Bereits seit Längerem gibt es für Stiefel, Schuhe und Chaps (lederne Beinkleider ohne Gesässbesatz) synthetische Alternativen. Diese werden teilweise umweltfreundlich mit rezyklierten Kunststoffen hergestellt. 

Nachhaltiges Zubehör für das Pferd
Eine weitere Alternative zu Leder, jedoch anders als Kork und Violan weder besonders nachhaltig noch naturbelassen, ist das im Reitsport vor allem als Zaum und Halfter seit einigen Jahren verbreitete Biothane. Dabei handelt es sich um ein in den USA entwickeltes und patentiertes Material aus Polyestergewebe mit einer Ummantelung aus verschiedenen Kunststoffarten. Besonders Distanzreiter schwören darauf, dass es haltbarer und langlebiger als gegerbte Tierhaut sei, die Geschmeidigkeit und der Griff aber trotzdem wie bei Leder erhalten bleiben. Schweizer Händler, die Biothane vertreiben, preisen zudem an, dass das reissfeste Material sehr pflegeleicht sowie antibakteriell und deshalb überaus hygienisch sei.

Den veganen Aspekt heben Biothane-Anbieter bei diesem Produkt in den meisten Fällen allerdings nicht hervor. Im Gegenteil: Manche, die ungenannt bleiben möchten, reagierten auf solche Anfragen sogar abwehrend, weil sie nicht in die «vegane Ecke gestellt werden wollten» und ihre Klientel eine ganz andere sei. Dennoch dürfte Biothane auch für vegane Reiterinnen und Reiter eine ernsthafte Option als Bestandteil ihrer Pferdeausrüstung sein. Wer einen ökologischeren Weg einschlagen möchte, muss zwar länger suchen und unter Umständen tiefer in die Tasche greifen, erhält dafür aber unabhängig von der Lebenseinstellung hochwertiges und nachhaltiges Zubehör für sein Pferd.