Wer zu Musik reitet, reitet glücklicher. Zu diesem Ergebnis kamen kürzlich Forscher der Düsseldorfer Hochschule Fresenius. Für die Studie «Music is the key» stiegen 40 Reiter aufs Pferd. Die Hälfte der Gruppe ritt sieben Tage lang zu Stephan Obermaiers «Mozart Re:Loaded», die Kontrollgruppe trainierte ohne Musik. Diejenigen, die während des Reitens der Kombination aus klassischer und elektronischer Musik gelauscht hatten, berichteten nach der Woche von einer deutlich gesteigerten inneren Motivation. 

Gleichzeitig stieg auch das sogenannte Flow-Erleben, das in der Studie als ein «besonderer Bewusstseinszustand, der vor allem durch Glück gekennzeichnet ist», beschrieben wird. Im Sport spiele das Flow-Erleben eine wichtige Rolle, da die dadurch entstehende Geisteshaltung dazu führen könne, dass ein Mensch an seine Leistungsgrenzen geht. Bei Radfahrern wurde schon gezeigt, dass sie bei Wettkämpfen besser abschneiden, wenn sie davor oder währenddessen Musik hören.

Pferde mögen Klassik und Country
Solche spezifischen Studien fehlen für den Reitsport noch, trotzdem ziehen Jill von Conta und Kathrin Schütz, die beiden für die Studie verantwortlichen Wissenschaftlerinnen, ein überaus positives Fazit für die Praxis: Musik könne helfen, motivierter und folglich konzentrierter und leistungsstärker zu reiten. «Ausserdem kann Musik eingesetzt werden, um Rhythmus und Taktprobleme des Reiters entgegenzuwirken, wenn sich dieser auf die passende Musik konzentriert und motivierter im Rhythmus der Musik reitet.»

Von welcher Musikart wir beim Reiten am meisten profitieren und inwieweit das davon abhängig ist, ob wir nun lieber Mozart oder Bob Dylan hören, ist allerdings noch nicht erforscht. Pferde, das fand die britische Pferdewissenschaftlerin Clare Carte 2015 heraus, sind sich in Sachen Musikgeschmack jedenfalls ziemlich einig. Carte beschallte Vollblut-Wallache in ihren Boxen mit klassischer Musik (Beethoven), Country (Hank Williams jr.), Jazz (New Stories) und Rock (Green Day) und wertete anschliessend ihre Reaktionen aus. Das Ergebnis: Klassischer Musik und Country lauschten die Vierbeiner aufmerksam und ruhig, sie frassen sogar leiser, während die Musik lief. Rockmusik und vor allem Jazz lösten dagegen Stress-reaktionen wie Aufstampfen, Kopfschlagen und nervöses Fressen aus, was Carter mit der Tonart und dem schnelleren Tempo erklärte. Zudem ist für Pferdeohren alles über 21 Dezibel unangenehm – unabhängig von der Musikrichtung. 

Stimmen Lautstärke und Musikauswahl, kann Musik aber geradezu magisch wirken. Seit einer Untersuchung in Australien weiss man, dass eine Musiktherapie den Stress von Fohlen, die bereits nach sechs Monaten von ihrer Mutter getrennt wurden, erheblich reduziert. Und Wissenschaftler in Polen kamen 2015 mit einer Studie zu dem Ergebnis, dass Rennpferde, die täglich fünf Stunden lang speziell für Pferde komponierte Musik hörten, auf der Rennbahn schneller liefen.

Um den beruhigenden Effekt von Musik wusste auch der französische Techniker Hugo Kajdas, als er 2015 einen Kopfhörer für Pferde entwickelte. Anlass war das neue Pferd seiner Schwester, der Springreiterin Marine Kajdas. Die junge Roquepine de Genestel überzeugte nämlich durch grosse Sprungkraft, war aber auch so nervös, dass sie ihre Reiterin regelmässig abwarf. Nichts schien gegen die Schreckhaftigkeit zu helfen, umso grösser war Kajdas Überraschung, als die Stute bei den ersten Tests mit dem Kopfhörer sichtbar entspannt reagierte und sich besser auf Reiterhilfen konzentrierte. 

Singen hat positive Nebeneffekte
Eine Geschäftsidee war geboren. Heute verkauft «Horsecom» in Europa und den USA High-Tech-Soundsysteme für Pferd und Reiter. Die Kopfhörer fürs Pferd sind in einer Fliegenhaube eingearbeitet und begrenzen die Lautstärke. Mittels eines Headsets am Helm kann der Reiter ebenfalls Musik hören sowie weiterhin mit seinem Pferd kommunizieren, die Musikauswahl wird über eine spezielle Smartphone-App getroffen.

Die Vorteile eines solchen Systems liegen auf der Hand. So können Reiter und Pferd auch während des Geländerittes oder beim Verladen Musik hören. Darüber streiten, welches Radioprogramm in der Halle laufen soll, muss auch niemand mehr. Auf Wettkämpfen zugelassen ist das Horsecom-System aber noch nicht. Und es kostet – ohne die monatlichen Gebühren für die App – umgerechnet stolze 460 Schweizer Franken. 

Wem das zu teuer ist, kann natürlich auch einfach selber singen. Das ist je nach Talent  vielleicht weniger schön als professionelle Studienaufnahmen, hat aber einen wunderbaren Nebeneffekt: Wer singt, atmet automatisch tiefer und ruhiger. Und das wirkt sich nicht nur positiv auf das eigene Wohlbefinden sowie die Körperspannung und Haltung im Sattel aus, sondern signalisiert dem Pferd auch eine Menge Gelassenheit.