Die stechen so richtig heraus, oder?», fragt Martin Moser zur Begrüssung. Tatsächlich fallen beim Gang durch den Stall in Riffenmatt (BE) die fünf silbergrauen Kühe mit den Augen, die wie mit Kajal umrundet scheinen, sofort zwischen den schwarzen Angus und den rot-weissen Tiroler Fleckvieh-Köpfen auf. Die allererste Gasconne-Dame namens Hongra kam dann auch in den Naturpark Gantrisch hoch, weil Martin und Jasmin Moser auf der Suche nach etwas Speziellem waren. «Als wir den Betrieb vor knapp zehn Jahren übernahmen, wollten wir eine Perle im Stall und haben unseren Ansprechpartner beim Viehhändler Vianco, Oliver Schär, darum gebeten, uns zu kontaktieren, sobald ihm eine spezielle Kuh unterkommt», erzählt der junge Landwirt.

Von der Rasse aus den französischen Pyrenäen habe er zwar schon gehört, so richtig auseinandergesetzt habe er sich aber mit der Mutterkuhrasse aus unserem Nachbarland nicht, bevor sie auf seinem Hof einzog. Dabei hat die rustikale Rasse, die in ihrem Heimatland korrekt als «Gasconne des Pyrénées» bezeichnet wird, um Konfusionen mit der Kulturregion Gascogne zu vermeiden, eine lange Geschichte. Bereits 1856 wurde das erste Herdebuch eröffnet; darin wird zwischen zwei verschiedenen Typen unterschieden: den à musqueses noires und den aréolé. Beim zweitgenannten Typ sind die Augenkonturen, das Flotzmaul und die Ohrränder hell und nicht schwarz.

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Spezielles Exterieur, angenehmes Interieur

Hergeben möchte Moser seine Französinnen nicht mehr. «Für mich ist eine gute Kuh ein Tier, das nicht auffällt», sagt der Landwirt. Diesem Anspruch entsprechen die Gasconne – ausser natürlich vom Äusseren her. Sie sind gute Futterverwerter, haben einen leichten Geburtsverlauf, den Tierarzt benötigen sie kaum, und auch der Charakter stimmt. Cyril und Mélanie Braun aus Montignez (JU) importierten vor rund 15 Jahren die ersten Gasconne-Kühe in die Schweiz. «Uns beschrieben sie die Rasse als störrisch und mit einem Kalb bei Fuss als aggressiv; diese Wesenszüge kann ich aber in keiner Weise bestätigen», so Moser. Im Umgang seien seine silbergrauen Kühe ruhig und zutraulich. Der französische Rassenverband beschreibt sie denn auch als «docile», also sanftmütig.

Es wundere ihn, dass die Rasse in der Schweiz noch nicht weiterverbreitet ist, denn für die Produktion von Natura-Veal und Natura-Beef würden sie sich ausgezeichnet eigenen. Die Steckbriefangaben von Mutterkuh Schweiz überböten seine Tiere alle. Statt 600 bis 700 Kilogramm brächten die Kühe gut 800 Kilogramm auf die Waage und eine Widerristhöhe zwischen 130 bis 138 Zentimeter wird locker übersteigen. Im Fleisch-Rinder-Herdbuch von Mutterkuh Schweiz (FLHB) sind zurzeit lediglich 21 Gasconne-Kühe registriert, die sich auf zwei verschiedenen Höfen befinden.

Auf dem rund 32 Hektaren umfassenden Betrieb der Mosers leben momentan fünf Gasconne-Kühe und fünf Aufzuchttiere, die allerdings noch nicht im Herdebuch eingetragen sind. Im April wurde ein kleiner Stier geboren; diesen wollen sie dann registrieren.

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Vorteilhafte Fellfarbe

Der junge Mann hat nun, Anfang Juli, ein witziges Erscheinungsbild: Seine Flanken sind noch hellbraun, während der geschorene Rücken und sein Hinterteil bereits in der typisch hellen Farbe schimmern. Diese zweigeteilte Färbung ist der nicht vollständigen Schur geschuldet, denn Gasconne-Rinder kommen braun auf die Welt und wechseln ihre Farbe etwa im Alter von vier Monaten.

Das typische silbergraue Fell bringt Vorteile mit sich: Es reflektiert die Sonnenstrahlen, wodurch die Tiere weniger unter der Hitze leiden. «Auffällig ist auch, dass die Gasconne von den Fliegen etwas verschont blieben, ihr Fell scheint sie weniger anzuziehen als bei meinen übrigen Tieren», sagt Martin Moser. Im Winterfell sind die Gasconne einen Farbton dunkler. Beim Anfassen wird spürbar, dass die silbergrauen Haare ziemlich borstig und kurz sind. Auch dies habe seinen positiven Effekt: Der Dreck bleibt weniger gut haften. «Meine Gasconne-Kühe sind immer viel sauberer als ihre dunklen oder gefleckten Kollegen», sagt Moser schmunzelnd.

Beim Auslass auf die Weide kann der Sauberkeitsvergleich gezogen werden und die hellen Kühe und Kälber können auch gleich noch ihre Trittsicherheit unter Beweis stellen. Denn der Abstieg auf die Weide, die auf über 1000 Metern Höhe gelegen ist, hat es so richtig in sich.

SteckbriefHerkunft: Französische Pyrenäen
Aussehen: Silbergraues Fell, mit schwarz umrandeten Augen und Ohren, dunkler Schwanzspitze und dunklen Klauen. Es gibt auch einen Typ, bei dem diese Merkmale hell, bzw. rosa gehalten sind. Mittlere Statur.
Eigenschaften: Robust, genügsam, leichtkalbrig, gut an extreme Wettersituationen angepasst, sanftmütig.
Verbreitung: Hauptsächlich im Gebiet der Pyrenäen, aber auch in den französischen Departements Doubs, Les Landes und Bouches-du-Rhône. In der Schweiz sind momentan 21 Tiere auf zwei Betrieben eingetragen.