Flauschig und klein, so stellte sich Ramona Inauen ihre Rinder vor. «Unsere Milchkühe mag ich auch sehr, aber hobbymässig wünschte ich mir noch etwas zum Betüddeln.» Also machte sich die junge Frau, die mit ihrem Partner im appenzellischen Gontenbad auf einem Bauernhof lebt, im Internet auf die Suche nach Minirindern. Erst stiess sie bei ihren Recherchen vor vier Jahren nur auf Züchter in den USA, da dort die sogenannten Miniature Cattle weiter verbreitet sind. Doch plötzlich wurde sie auf einen Züchter von Mini-Hochlandrindern in Deutschland aufmerksam. Von der ersten Kontaktaufnahme bis zur Ankunft ihrer eigenen Mini-Highland-Herde dauerte es allerdings zwei Jahre.

«Der Import der Minis war super aufwendig zu organisieren und die Verzollung sehr teuer», erzählt Ramona Inauen. Werden diese Kosten miteingerechnet, sei ein Minirind einiges kostspieliger in der Anschaffung als eine gute Milchkuh. Der Hobbyfaktor spielt hier natürlich auch mit, weiss die junge Frau. Denn bei den kleingewachsenen Schotten handelt es sich nicht um Nutztiere, zum Metzgen sind sie viel zu klein und zu leicht. Im Mai 2022 war es dann so weit und die vier zotteligen kleinen Kühe und zwei Stiere bezogen ihre neue Heimat in der Schweiz. «Nach meinem Wissen bin ich schweizweit die bisher einzige Halterin von Minirindern», sagt Inauen. Es gibt hierzulande auch einige Besitzer von Dahomeys, einer weiteren Rinderrasse, die natürlich klein gewachsen ist. Es seien bereits einige Personen, die Interesse an Minirindern haben, bei ihr vorbeigekommen und hätten berichtet, dass die westafrikanischen Zwergrinder weit scheuer und auch wilder seien als ihre Minis.

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Knuddelfreunde

Die wuscheligen Schotten von Ramona Inauen, die zwischen einem halben und einem dreiviertel Jahr alt waren, als sie in die Schweiz kamen, sind zutraulich. «Sie waren bereits im jugendlichen Alter ganz ruhig und zahm, ich konnte auch ohne Probleme in die Herde rein.» Die beiden jüngsten Rinder gewöhnte die Tierfreundin sogar ans Halfter, sodass sie nun mit ihnen Spaziergänge machen kann. Bei den älteren Tieren möchte sie nichts erzwingen, aber ihre Kälbchen sollen mit der Halfterführigkeit vertraut gemacht werden.

Es ist nämlich der Wunsch der Appenzellerin, mit ihren Minis zu züchten und sie dann an Interessenten zu verkaufen. Die Voraussetzung: Sie sollen genauso grosse Freude an den kleingewachsenen Rindern haben wie sie selbst. Solche Mini-Freunde kämen schon heute oft auf den Hof in Gontenbad zu Besuch, um die Rindchen zu striegeln und zu knuddeln. Einige von ihnen haben sogar eine Patenschaft für eines der Tiere übernommen.

Ihre Schotten im Miniformat seien absolut gesund. Es handelt sich nicht um eine eigene Rasse, sondern um die Kleinform der Schottischen Hochlandrinder, die durch selektive Anpaarungen mit kleingewachsenen Rindern gezüchtet wird. Anders sähe es teilweise in den USA aus, wo gezielt ein Gendefekt genutzt wird, um die Rinder klein zu züchten.

Weide, nicht Wohnzimmer

Dies findet Ramona Inauen nicht vertretbar, ebenso wenig kann sie dahinterstehen, Minirinder als Haustiere zu halten. Auf einigen Instagram-Videos aus Übersee sind diese zu sehen. Klar, seien die Rinder klein, aber sie gehören trotzdem genauso auf die Wiese wie eine grosse Kuh, findet Inauen. «Ich kann meine Minis auch draussen verpäppeln.»

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Bei den meisten ihrer Rinder handelt es sich sogar um Liliput Cattle. Zur Grösseneinstufung wird im Alter von 24 Monaten der Hüftknochen gemessen. Ist dieser unter 95 Zentimeter hoch, trifft die Bezeichnung Liliput zu. Bei einer Länge von 96 bis 120 Zentimetern handelt es sich um Mini Cattle und darüber um ein Standard Breed, also eine normal grosse Kuh.

Mit den um einiges grösseren und schwereren Swiss-Brown-Kühen will Ramona Inauen ihre Minis aber nicht auf die Weide lassen. Nicht wegen der Grösse. Weil zwei Stiere unter ihren Minis sind, befürchtet sie, dass diese bei einer stierigen Kuh aufsitzen könnten und es so zu Verletzungen komme. Ihre Zwergrinder seien unkomplizierter und anspruchsloser in der Haltung als die grossen Kühe. Eigentlich könnten sie gut im Sommer wie Winter draussen leben. In der kalten Jahreszeit steht den Kleinen jedoch ein Stall zur Verfügung, im Sommer habe sie ihre Lieblinge nachts ebenfalls eingestallt. Aus Angst vor Wolfsrissen. Zwar befindet sich kein Rudel in der Nähe, aber einzelne Grossraubtiere durchstreifen das Gebiet. Für Ramona Inauen wäre es ein riesiger Verlust, würde sie eines ihrer kleinen Rinder auf diese Art verlieren. «Ich bin von A bis Z von meinen Minis begeistert, sie sind klein, flauschig und man kann sie so schön betüddeln.»