Sie bilden einen Blickfang auf den Weiden am Hang des Tromsberges im Kanton Aargau. Die zierlichen cremefarbenen Schafe mit ihren imposanten Hörnern, die sich in V-Form korkenzieherförmig in die Höhe winden. Zu den grössten Fans der aus zwei Böcken und 18 Auen mit ihren 25 Lämmern bestehenden Herde von Zackelschafen gehört ihr Besitzer Hans-Peter Weber. Dabei ist dieser nur zufällig auf die vom Aussterben bedrohte Schafrasse aufmerksam geworden. Vor 30 Jahren sei er zu einem verbuschten Stück Land gekommen. Zum Abweiden lieh er sich von einem benachbarten Landwirt einige Heidschnucken. Da er von der effizienten Landschaftspflege der Schafe begeistert war, schaute er sich bei einem Schafhändler aus der Umgebung um. Dabei wurde Weber auf zwei seltsame Schafe aufmerksam, von denen niemand richtig wusste, welcher Rasse sie zuzuordnen waren. «Die schönen Gesichter mit ihrem intelligenten Ausdruck und das aufmerksame Wesen der Schafe vermochte mich in den Bann zu ziehen.» So erwarb Weber als völliges Schaf-Greenhorn seine ersten beiden «Zackis», wie er sie liebevoll nennt.

Durch Recherchen fand der umtriebige Tierfreund heraus, dass er sich Racka-Schafe, die ursprünglich aus der ungarischen Tiefebene stammten, ins Haus geholt hatte. Selbst im Herkunftsland ist diese Schafrasse nur noch selten anzutreffen – in der Schweiz war sie damals nahezu unbekannt. «Durch beharrliches Herumfragen und etliche Telefonate konnte ich einige Zackelschafe ausfindig machen, die ich abkaufen oder abtauschen konnte.» Schnell wurde jedoch klar, dass die wenigen Schweizer Zackis alle blutsverwandt waren. Weber musste seine Fühler noch weiter ausstrecken, nämlich nach Österreich, wo nach Ungarn die grösste Population besteht. 2014 brachten ihm dann Bekannte einen Bock und eine Aue aus dem Nachbarland in den Aargau.

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Zukunft als Bioschaf

2022 importierte Hans-Peter Weber nochmals einige Zackis aus Österreich, wo ein Herdebuch für diese Rasse besteht. «Mein Ziel ist es, auch in der Schweiz ein Herdebuch für Zackelschafe zu eröffnen», so der Schafzüchter. Dafür müssen mindestens 50 reinrassige, einjährige Zackis registriert werden. Ein Unterfangen, das bisher noch nicht realisierbar war, da in der Schweiz viele mit anderen Rassen gekreuzte Zackelschafe leben. Es gibt momentan höchstens 15 Halter, die die Schafzucht alle hobbymässig betreiben. Allerdings ist ein Landwirt auf dem Mont Soleil BE dabei, eine Herde aufzubauen.

Dass noch nicht mehr Landwirte auf dieses Schaf aufmerksam wurden, überrascht Weber. Er sieht die Zackis als Bioschaf par excellence: Sie sind robust, langlebig, krankheitsresistent und beim Ablammen treten selten Komplikationen auf. Zum Roden unwegsamer Weiden sind die Zackis ideal. Die langen Grannenhaare leiten Regen gut ab, sodass auch bei schlechtem Wetter ein einfacher Unterstand ausreicht. In einem geschlossenen Stall fühlen sich die Schafe mit dem wilden Wesen sowieso nicht wohl. Der urtümliche Charakter, über den diese Schafe noch verfügen, zeigt sich auch darin, dass sie sich in einer Gruppe fortbewegen und sich bei Gefahr im Kreis zusammenschliessen. Die Lämmer werden zum Schutz in die Mitte genommen. Die Zackelschafe von Hans-Peter Weber beobachten die fremde Besucherin genau, werden aber nie hektisch und suchen bald neugierig die Nähe der unbekannten Person. «Mit der nötigen Geduld und Ruhe werden auch Zackis so zutraulich, dass man sie gut berühren kann», sagt Weber und führt dies gleich vor.

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Innovative Wollnutzung

Die Schafe aus der ungarischen Puszta bringen zur Landschaftspflege weitere Nutzungsmöglichkeiten mit. Der Aargauer verkauft viele Lämmer an private Schafhalter, zur Metzgerei bringt er nur die zur Zucht ungeeigneten Tiere. Ein zierliches Zackelschaf kann vom Fleischertrag nicht mit den Fleischrassen mithalten, der Geschmack ist jedoch hervorragend. Er ähnelt Wildfleisch und hat nicht den strengen Schafgeschmack.

Die Wolle ist zu wenig fein, um sie für Strickware verwenden zu können. Sie eignet sich jedoch hervorragend für die Herstellung sogenannter Vegi-Sitzkissen. Von Natura-Handwerk in Uebeschi BE wird die Wolle der Zackis zu Sitzunterlagen aus Nadelfilz sowie gewobenen Wollteppichen verarbeitet. Die Zackelschafe vom Tromsberg vermögen also nicht nur mit ihrem auffälligen Äusseren zu punkten, sondern überzeugen auch mit ihrem Wesen und ihrer vielfältigen Nutzung.

 

Wer mehr über Zackelschafe erfahren möchte oder Zackis erwerben will, findet in Hans-Peter Weber die richtige Ansprechperson: zackelschaf.ch

Steckbrief Zackelschaf
Körperbau: Kleinrahmig und filigran.
Fell: Die Wolle ist eher grob, gewellt und bis zu 30 Zentimeter lang.
Farbe: Es gibt einen weissen und einen schwarzen Farbschlag, die nicht vermischt werden sollten. Die Lämmer der weissen Zackelschafe sind hell mit braunem Kopf und Beinen. Mit der Zeit färbt sich das Fell weiss, Kopf und Beine bleiben braun. Die Lämmer der dunklen Zackelschafe werden schwarz geboren und verfärben sich nach einem Jahr grau.
Hörner: Das markante Erkennungsmerkmal. Sie stehen V-förmig nach oben und sind korkenzieherartig gedreht. Bei Böcken werden sie bis zu einem Meter lang.
Wesen: Lebhaft, scheu, neugierig und mit der nötigen Geduld zutraulich, blöken kaum.