Haltung von Milchziegen
Zu Besuch auf dem Geissenbrünnen-Hof
Anfang der 2000er-Jahre erlebte die Ziegenmilchproduktion in der Schweiz einen Boom. Seit einiger Zeit stagniert sie und mehrere Produzenten haben die Ziegenhaltung wieder aufgegeben. Michel und Eveline Brünisholz sind aber nach wie vor begeistert von ihren 200 vorwitzigen Geissen.
Im Kofferraum hätten sie zwei ihrer ersten Ziegen von Büron (LU) nach Hause transportiert. Von da an lebten die Tiere im umgebauten Treibhaus auf dem Hof seines Onkels. Michel Brünisholz muss schmunzeln, wenn er daran denkt, wie sein Einstieg in die Ziegenhaltung aussah. Die Liebe zu den vorwitzigen Meckertanten war schon früh da, mit zwanzig Jahren bekam er seine erste Geiss geschenkt.
Gute Alternative zu Kuhmilch
Später, als er im bernischen Meikirch auf einem landwirtschaftlichen Betrieb tätig war, bekamen er und seine Partnerin Eveline dort die Möglichkeit, ihre Ziegen etwas professioneller unterzubringen. «Eine Kollegin machte uns 2015 darauf aufmerksam, dass Emmi nach Ziegenmilchproduzenten sucht. Wir hatten Glück und konnten mit unseren 80 Ziegen als Zulieferer von ‹Le petit chevrier› einsteigen», so Brünisholz.
Bereits drei Jahre später, als das Paar den Hof von Michels Onkel in Lanzenhäusern (BE) übernehmen konnte, nahm Emmi keine neuen Ziegenmilchproduzenten mehr an. Damals waren die beiden aber schon gut in der Ziegenzucht etabliert und so war das Erste, was sie noch vor ihrem Einzug auf den Geissenbrünnen-Hof in Angriff nahmen, der Neubau eines grossen Ziegenstalles mit angrenzendem Laufhof. Im Spycher wurde ein Hofladen eingerichtet. Aus Zeitgründen hat es Eveline Brünisholz mittlerweile jedoch lieber, wenn sich Kunden direkt bei ihr melden, wenn sie Ziegenfleisch oder -käse kaufen möchten. Der Grossteil der Milch wird von Emmi zu Käse, Joghurt oder pasteurisierter Milch verarbeitet und vertrieben. Ziegenmilch weist im Vergleich zu Kuhmilch weniger Protein, Fett und Laktose auf, ist somit kalorienärmer und leichter verdaulich, weshalb sie eine gute Alternative darstellt.
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Heute hält die Familie 200 Ziegen in ihrem luftigen, dick mit Stroh eingestreuten Stall und auf den angrenzenden Weiden. Von den 14 Milchkühen hat sich der junge Landwirt trotzdem noch nicht getrennt. «Auf der Weide ergänzen sich die Kühe und Ziegen optimal», so Michel Brünisholz. Erst lasse er jeweils die Ziegen auf eine Weide und dann die Kühe, so werden restlos alle Pflanzen gefressen, da die beiden Tierarten unterschiedliche Vorlieben haben, und der Parasitendruck kann auch tief gehalten werden. Ob die Kühe oder die Ziegen aufwendiger respektive ertragreicher seien, könne er nicht so einfach beantworten.
Der Milchpreis sei bei den Ziegen zwar höher, man müsse aber für die kleinen Nutztiere gut eingerichtet sein, da sonst der Arbeitsaufwand enorm ist. Die Gitzizeit sei anspruchsvoll und gehe jeweils ans Eingemachte. «Diese Tiere müssen einem wirklich Freude machen, sonst bringt es nichts, sich der Ziegenhaltung zu verschreiben», so der Landwirt.
Frech und ganz schön schlau
Dass die Faszination an den vorwitzigen Tieren vorhanden ist, spürt man sofort. Etwa als der Familienvater stolz erzählt, wie jedes Gitzi gleich nach der Geburt einen Namen erhält. Angeschrieben sind Lynn, Lina und ihre Kolleginnen mit einem gelben Plastikplättchen, das sie an einer Kette um den Hals tragen. Diese Plättchen seien jedoch nach kurzer Zeit schon wieder abgeknabbert und auch die Riemen ihrer Glocken würden sich die Damen sehr gerne zerkauen.
Michel Brünisholz seufzt und muss zugleich schmunzeln, wenn er von seiner Rasselbande spricht. Geissen sind freche und schlaue Tiere, beim Fressen etwa picken sie sich anfangs das Allerbeste heraus und machen sich erst danach hinter die weniger schmackhaften Bestandteile der Futtermischung aus Heu, Mais und Luzerne. Damit die Milchleistung stimmt, füttert Brünisholz auch spezielles Kraftfutter für Ziegen. Silage kommt bei ihm allerdings nicht auf die zwei langgezogenen Futtertische.
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Die Milchleistung hat auch bei der Rassenwahl Ausschlag gegeben. Vor allem weisse Saanenziegen und braune Gämsfarbige Gebirgsziegen tummeln sich auf dem Geissenbrünnen-Hof. Diese zwei Rassen machen auch die grössten Bestände im Herdebuch des Schweizerischen Ziegenzuchtverbandes aus. Einige schwarz-weisse Bündner Strahlenziegen bilden den Farbtupfer in der Herde. Anfang März kommt jeweils ein Ziegenbock für rund zwei Monate in die Gruppe.
Die Gitzi werden auf dem Hof gemästet, einige gingen bisher zur Mast auf den Betrieb eines befreundeten Landwirtes. Dieser hat sich nun aber dazu entschlossen, aus der Gitzimast auszusteigen, denn wirklich erträglich sei diese nicht, so Brünisholz. Von den Jungtieren ziehen Brünisholzers jährlich 30 weibliche Tiere als Milchziegen auf. «Ein Gitzi von der allerersten Geiss, die ich mit zwanzig geschenkt bekam, ist erst vergangene Woche im Alter von zwölf Jahren gestorben», so Michel Brünisholz. Ein stolzes Alter, das bei ihnen doch hin und wieder eine Ziege erreiche, sagt der erfahrene Züchter. Durchschnittlich werden die Milchziegen acht bis zehn Jahre alt. Auf dem Geissenbrünnen-Hof können diese bei idealen Haltungsbedingungen und liebevoller Umsorgung genossen werden.
Ziegenmilch in Zahlen
Gemäss dem Schweizerischen Ziegenzuchtverband wurden 22 300 Tonnen Ziegenmilch im Jahr 2021 produziert, was etwa 0,6 Prozent der totalen Milchproduktion entspricht. Die Anzahl der gemolkenen Ziegen ist im Gegensatz zu den Milchkühen in den letzten Jahren gewachsen. 2021 waren es 35 362 Ziegen. Diese lebten auf 6592 Höfen. Der weitaus grösste Teil der Ziegenmilch wird verkäst: 1102 Tonnen Käse wurde 2022 hergestellt.
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