Sie leben weltweit im Meer, in Süsswasser und feuchten Lebensräumen und sind ausgesprochen räuberische Wesen. Bärtierchen sind weniger als einen Millimeter gross, bilden einen eigenen Stamm innerhalb der sogenannten Häutungstiere und sind am nächsten mit den Arthropoden, den Gliedertieren, verwandt. Stark vergrössert wirken die Achtbeiner durch ihr Aussehen und ihre tapsige Fortbewegungsweise wie winzige Bären, wodurch sie ihren deutschen Namen bekamen.

Rund 1000 Arten der Bärtierchen sind bekannt, wobei die tatsächliche Artenzahl auf etwa 10 000 geschätzt wird. Je nach Lebensraum haben die Tiere unterschiedliche Strategien entwickelt, um zu überdauern. Forschende sind seit Langem fasziniert von den urtümlichen Tieren, denn sie sind wahre Überlebenskünstler. Durch sogenannte Kryptobiose, einen todesähnlichen Zustand, wird der Stoffwechsel so weit reduziert, dass sich keine Aktivitäten mehr nachweisen lassen.

In Moos und Laubstreu lebende Arten bilden bei Trockenheit so oft Zysten, wobei sich ihre Körpergrösse um bis zu 50 Prozent reduziert und innere Organe zum Teil abgebaut werden. Durch mehrfaches Häuten sind die Tiere am Ende des Prozesses von einer mehrwandigen Schutzhülle umgeben, die es ihnen ermöglicht, bis zu einem Jahr regungslos zu verharren und widrige Umstände zu überleben. Sobald die Umweltbedingungen besser sind, können sich die Tiere innerhalb weniger Stunden aus der Umhüllung befreien und ihren Ausgangszustand erreichen. Dies ist vor allem dann nützlich, wenn die Bärtierchen in Lebensräumen leben, die temporär austrocknen können.

Tönnchen für die Ewigkeit

Noch widerstandsfähiger sind Bärtierchen, indem sie sogenannte Tönnchen bilden. In diesem walzenförmigen, unbeweglichen Resistenzstadium werden die Beine eingezogen und die Körperoberfläche stark verkleinert. Nach aussen abgegebene Lipide, fettlösliche Substanzen, machen die Aussenhülle wasserundurchlässig und verhindern, dass Feuchtigkeit zu schnell verloren geht. In einem komplizierten Prozess schaffen es die Bärtierchen in diesem Zustand, körpereigenes Wasser durch andere Verbindungen zu ersetzen und somit praktisch komplett austrocknen zu können, ohne zu sterben.

Bei genügend Feuchtigkeit werden diese Verbindungen wieder abgebaut und nach einer Erholungszeit geht das Bärtierchen-Leben wie zuvor weiter. In diesem Tönnchenzustand können die Tiere nicht nur extreme Trockenheit und hohen Salzgehalt überstehen, sondern auch Temperaturen zwischen minus 196 und plus 90 Grad Celsius, und das bis zu 30 Jahre. Neuste Forschungen deuten darauf hin, dass sie in diesem Zustand noch nicht einmal altern.

«Während inaktiver Perioden bleibt die innere Uhr stehen und läuft erst wieder weiter, wenn der Organismus reaktiviert wird», erklärt Ralph Schill, Professor am Institut für Biomaterial und biomolekulare Systeme der Universität Stuttgart. «So können Bärtierchen, die ohne Ruheperioden normalerweise nur wenige Monate leben, viele Jahre und Jahrzehnte alt werden.»

Leben auf dem Mond

Bereits 2008 schossen Ralph Schill und sein Team Bärtierchen ins All und wiesen dabei nach, dass die Tiere im Vakuum des Weltalls überleben können. Diese Eigenschaft mag ihnen in ferner Zukunft zu Berühmtheit verhelfen. Sollten einmal Aliens auf dem Mond landen, so finden sie dort nicht nur die Überreste der Apollo-Mission, sondern auch tatsächliches Leben. 2019 machte sich die israelische Raumsonde «Beresheet» auf den Weg zum Mond.

An Bord befanden sich nebst einer CD mit verschlüsselten Informationen über die Menschheit auch Tausende Bärtierchen. Bei der Landung zerschlug die Sonde, die Bärtierchen dürften aber im kryptobiotischen Zustand überlebt haben. Ob sie sich aufwecken lassen, ist eine andere Frage, denn das benötigt zum einen eine entsprechende Temperatur sowie Feuchtigkeit, die auf dem Mond nicht vorherrscht. Eine Bärtierchen-Invasion bleibt dem Erdtrabanten also zumindest vorläufig erspart.

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Doch die Weltraumkarriere der kleinen Organismen hat gerade erst begonnen. Ein Versorgungspaket für die Internationale Raumstation ISS hatte im Sommer 2021 auch 1000 Bärtierchen im Gepäck. Sie sollen dabei helfen, besser zu verstehen, wie sich die Lebensumstände im Weltraum auf einen Organismus auswirken.

«Menschen und Tiere sind an das Leben auf der Erde angepasst», erklärt Forschungsleiter Thomas Boothby von der Universität Wyoming (USA). «Wir sind gespannt, wie die Bärtierchen in der Umgebung des Weltraums überleben und sich fortpflanzen, und ob wir daraus etwas für die Gesundheit der Astronautinnen und Astronauten lernen können, die sich lange im All aufhalten.»

Die Definition von Leben

Biologinnen und Biologen haben sich vor langer Zeit auf einige Schlüsselmerkmale des Lebens geeinigt. Diese beinhalten physikalisch-chemische Eigenschaften, die einen lebenden Organismus ausmachen. Unter anderem benötigt er einen genetischen Bauplan, eine gewisse Form der Reproduktion und einen Stoffwechsel, der reguliert wird.

Letztere haben Bärtierchen während der Kryptobiose nicht. Bedeutet dies also, dass sie vorübergehend sterben und dann wieder von den Toten erwachen? Darin sind sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nicht einig. Klar ist jedoch, dass die Definition von Leben in vielen Fällen lückenhaft und umstritten ist, zumal es immer Ausnahmen geben kann.