Orchideen sind nicht nur tropische Schönheiten, die man zuhause maximal als Zimmerpflanzen geniessen kann. Auch in der Schweiz kann man Orchideen finden, wenn man nach ihnen Ausschau hält. Sie bestechen nicht nur durch die Vielfalt an Formen und Farben, sondern auch an der oft trickreichen Bestäubungsart.

Alle 76 heimischen Arten sind streng geschützt: Pflücken oder Ausgraben ist verboten. Hier sind die 10 wichtigsten Orchideenarten der Schweiz:

1. Gelber Frauenschuh (Cypripedium calceolus)

  • Blütezeit: Mai bis Juni

  • Merkmale: Grosse, auffällige Blüte mit gelbem „Schuh“ (Labellum), rotbraune äussere Blütenblätter; bis 60 cm hoch.

  • Lebensraum: Halbschattige Kalk-Buchenwälder, lockere Bergwälder, bevorzugt frische, kalkreiche Böden.

  • Bestäubung: Insekten fallen in den „Schuh“ und entkommen nur durch eine enge Öffnung – dabei erfolgt die Bestäubung (Kesselfallenmechanismus).

  • Verbreitung: Alpen, Jura, selten im Mittelland.

  • Schutzstatus: Streng geschützt, gilt als stark gefährdet. Alle Populationen stehen unter besonderem Schutz.

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2. Purpur-Knabenkraut (Orchis purpurea)

  • Blütezeit: Mai bis Juni

  • Merkmale: Kräftige, bis 80 cm hohe Pflanze mit dichter Blütentraube. Blüten lippenförmig, hellrosa mit dunklen Flecken, Helm purpurfarben.

  • Lebensraum: Lichtdurchflutete Wälder, Trocken- und Halbtrockenrasen, Kalkmagerrasen.

  • Bestäubung: Täuschblume – bietet keine Belohnung, lockt aber durch Form und Farbe verschiedene Insekten an.

  • Verbreitung: Jura, Mittelland, nördliche Voralpen.

  • Schutzstatus: Regional häufig, aber lokal gefährdet durch Habitatverlust.

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3. Bienen-Ragwurz (Ophrys apifera)

  • Blütezeit: Mai bis Juni

  • Merkmale: Blütenlippe imitiert das Aussehen und die Behaarung einer weiblichen Wildbiene; rosa bis violette Kelchblätter.

  • Lebensraum: Magere, kalkreiche Wiesen, Böschungen, Trockenrasen.

  • Bestäubung: Autogamie (Selbstbestäubung) kommt häufig vor, obwohl auch Pseudokopulation durch Bienenmännchen beobachtet wurde.

  • Verbreitung: West- und Nordschweiz, v.a. Jura und Mittelland.

  • Schutzstatus: Regional gefährdet, bevorzugt kleinräumige Schutzgebiete.

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4. Herbst-Drehwurz (Spiranthes spiralis)

  • Blütezeit: August bis Oktober

  • Merkmale: Spiralförmig angeordnete, kleine, weisse Blüten mit grünlichem Zentrum; 10–25 cm hoch.

  • Lebensraum: Trockenrasen, extensive Weiden, Sandböden – bevorzugt sonnige, kalkreiche Standorte.

  • Bestäubung: Durch kleine Bienen und Fliegen, aber auch teilweise Selbstbestäubung.

  • Verbreitung: Wallis, Tessin, Bündner Rheintal, Vierwaldstättersee, Walensee.

  • Schutzstatus: Sehr selten, streng geschützt; auf der Roten Liste.

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5. Langblättriges Waldvögelein (Cephalanthera longifolia)

  • Blütezeit: Mai bis Juni

  • Merkmale: Weisse, relativ grosse Einzelblüten, schmal-lanzettliche Blätter in zwei Reihen. Wächst bis 50 cm hoch.

  • Lebensraum: Kalkreiche Laubwälder, lichte Hänge, oft in warmen, trockenen Regionen.

  • Bestäubung: Teilweise durch Käfer, teils Selbstbestäubung.

  • Verbreitung: Jura, Mittelland, südliche Voralpen.

  • Schutzstatus: Stellenweise häufig, dennoch durch Lebensraumveränderung rückläufig.

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6. Mücken-Händelwurz (Gymnadenia conopsea)

  • Blütezeit: Juni bis Juli

  • Merkmale: Dicht stehende, süsslich duftende Blüten mit langem Sporn, meist rosa bis purpurfarben. Der Name "Mücken-" stammt vom langen Sporn, der an eine Mücke erinnert.

  • Lebensraum: Magere, kalkreiche Bergwiesen und Halbtrockenrasen, oft oberhalb von 800 m.

  • Besonderheit: Duftintensität verstärkt sich am Abend – Anpassung an nachtaktive Bestäuber (Nachtfalter).

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7. Grünliche Waldhyazinthe (Platanthera chlorantha)

  • Blütezeit: Mai bis Juli

  • Merkmale: Schlanke, weisse Blüten mit grünlichem Schimmer und sehr langem Sporn, Blätter schwertförmig. Zwei Pollinien sind in einem V-Winkel ausgerichtet (Unterschied zu P. bifolia).

  • Lebensraum: Frische Wiesen, lichte Laubwälder, Bergregionen bis 2000 m.

  • Besonderheit: Bestäubung überwiegend durch Nachtfalter mit langem Rüssel (z. B. Schwärmer).

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8. Männliches Knabenkraut (Orchis mascula)

  • Blütezeit: April bis Juni

  • Merkmale: Kräftiger Wuchs, dichte Blütenstände mit violett-rosa Blüten, dunkel gefleckte Laubblätter.

  • Lebensraum: Halbschattige Wälder, Wiesen und Weiden bis in mittlere Höhenlagen.

  • Besonderheit: Frühblüher – eine der ersten Orchideen des Jahres, oft schon ab Mitte April sichtbar.

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9. Fliegen-Ragwurz (Ophrys insectifera)

  • Blütezeit: Mai bis Juni

  • Merkmale: Schlanke Pflanze mit wenigen, braun-violett gefärbten Blüten. Die Lippe ist flach und glänzend, mit „Spiegelzeichnung“, die Insekten vortäuscht.

  • Lebensraum: Trockenrasen, Kalkfelsen, Magerrasen – meist auf kalkhaltigen Böden.

  • Bestäubung: Durch Pseudokopulation: Männliche Grabwespen werden durch sexuelle Täuschung zur Bestäubung verleitet.


10. Korallenwurz (Corallorhiza trifida)

  • Blütezeit: Mai bis Juni

  • Merkmale: Blattlose, gelblich-grüne Pflanze mit kleinen, unscheinbaren Blüten. Der Name verweist auf die korallenähnliche Wurzelstruktur.

  • Lebensraum: Feuchte Laub- und Nadelwälder, oft moorig oder mit dichter Laubstreu.

  • Besonderheit: Mykoheterotroph – bezieht Nährstoffe über Pilzpartner, da sie kein Chlorophyll bildet.

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