Auf der Bilderbuchinsel Paqueta – autofrei und von nur 4500 Einheimischen bewohnt – verbreitete sich kürzlich der Gestank tausender Fischkadaver. Eine städtische Reinigungsfirma war gezwungen, mit Bulldozern 20 Tonnen tote Sabalo- Fische sowie vier tote Meeresschildkröten von den Stränden zu schaufeln.

Experten rätseln seitdem über den Grund des ungewöhnlichen Vorgangs. Das Nationale Umweltinstitut Inea fand in Wasserproben keine ungewöhnliche Veränderung des pH-Werts oder des Salz- oder Sauerstoffgehalts. «Die Hypothese, dass chemische Verschmutzung die Fische getötet hat, können wir mit Sicherheit ausschliessen», sagt Inea-Wissenschaftler Leandro Daemon.

Katzenkadaver treiben im Meer
Die Inselbewohner sind empört. «Wir wollen wissen, warum so viele Fische gestorben sind. Es stinkt und es gibt viele Fliegen auf der Insel», sagt Vilma Leocadio von der Bürgervereinigung von Paqueta. «Wir haben Angst, wir baden nicht mehr im Meer und kaufen hier keinen Fisch.»

Ohnehin gibt es Zweifel, ob es ratsam ist, dort zu baden. Fast 70 Prozent der Abwässer der Zehn-Millionen-Einwohner-Metropole landen unbehandelt in der Bucht, die nur durch eine schmale Verbindung mit dem Meer verbunden ist. Wegen ihrer Verseuchung bezeichnete ein Biologe sie schon mal als Toilette Rios. Bei einer olympischen Testregatta im August stiessen Segler auf treibende Hunde- und Katzenkadaver.

«Superbakterie»
Zu allem Unglück entdeckten Wissenschaftler des Oswaldo-Cruz-Instituts eine «Superbakterie» in der Bucht. An drei Punkten des Flusses Carioca, der durch Rio in die Guanabara-Bucht fliesst, sei der vermutlich aus Klinikabfällen stammende Erreger gefunden worden, sagt die Mikrobiologin Ana Paula d'Alincourt. Es sei gegen die meisten heutigen Antibiotika resistent.

Eine Antwort auf das ungewöhnliche Fischsterben in der Bucht gibt die Entdeckung der «Superbakterie» freilich nicht. Meereskundler Zee vermutet, dass die Fische einfach infolge der erhöhten Wärmebelastung des Wassers starben. «Sabalos reagieren sehr empfindlich auf Sauerstoffmangel. Warme Wassertemperaturen von 27 bis 30 Grad Celsius, wie sie in letzter Zeit gemessen wurden, verringern im flachen Wasser die Löslichkeit von Sauerstoff.»

Auch der Biologe Mario Moscatelli, der die Bucht sei 20 Jahren erforscht, vermutet einen Zusammenhang mit der hohen Wassertemperatur. An eine Kontaminierung durch Chemikalien glaubt er nicht. «Denn dann würden auch andere Arten sterben.» Trotzdem räumt er ein: «Wir haben mehr Fragen als Antworten.»