Pseudoskorpione
Skorpione ohne Stachel
Die winzigen Spinnentiere erinnern mit ihren Scheren an Skorpione, sind aber für den Menschen völlig harmlos. Pseudoskorpione verspeisen andere Insekten und werden daher zum Teil sogar als Nützlinge eingesetzt.
Bereits vor 380 Millionen Jahren wuselten sie auf ihren acht Beinen über das feuchte Erdreich. Die beiden vordersten Arme enden in beeindruckenden Scheren, die bei den meisten Arten mit einer Giftdrüse versehen sind. Gemeint sind nicht die Skorpione, auch wenn sie ihnen in gewisser Weise ähneln, sondern ihre Namensvetter, die Pseudoskorpione.
Kleine, aber bedeutende Spinnentiere
Wie die Skorpione zählen auch sie zu den Spinnentieren, sind aber wesentlich weniger bekannt. Das mag in erster Linie an ihrer winzigen Grösse liegen, die meistens im Bereich einiger Millimeter liegt. Sie sind daher von blossem Auge oft kaum wahrnehmbar.
Pseudoskorpione in der Schweiz
Auch wenn sie sich meist jenseits unserer Wahrnehmung bewegen, so leben in der Schweiz doch 63 Arten der Pseudoskorpione. Man findet sie vor allem in der Laubschicht, unter Moos oder Pilzmatten sowie unter loser Baumrinde. Sie fressen wie alle Spinnentiere andere Gliedertiere wie die noch winzigeren Springschwänze. Mit den Giftdrüsen an ihren Scherenfingern lähmen sie ihre Opfer, bevor sie sie in mundgerechte Stücke reissen oder aussaugen.
Tierische Taxis und Spinndrüsen
Um sich fortzubewegen, nutzen Pseudoskorpione nebst den eigenen Beinen gerne tierische Taxis. Sie hängen sich ganz einfach an den Körper von Fliegen, Käfern und anderen Insekten und lassen sich ein Stück mitnehmen.
Wie viele ihrer achtbeinigen Verwandten besitzen auch Pseudoskorpione Spinndrüsen. Diese findet man allerdings nicht am After, sondern in den kleinen Scheren der Kieferklauen. Das Seidensekret nutzen die winzigen Tiere auch nicht zum Beutefang, sondern zur Aufzucht ihrer Jungen. Das Weibchen webt mit dem feinen Netz eine spezielle Brutkammer, in die es die Eier legt. Danach trägt es diese in einem Brutsack an der Genitalöffnung mit sich herum. Sobald die Jungen, die Nymphen, geschlüpft sind, sind sie selbstständig und nicht mehr auf die Mutter angewiesen.
Freund der Bienen
Der bekannteste Pseudoskorpion ist in Mitteleuropa der Bücherskorpion (Chelifer cancroides). Mit einer Körperlänge von bis zu 4,5 Millimetern gehört er zu den grössten Vertretern der Pseudoskorpione. Ganz im Gegensatz zu den meisten seiner Verwandten lebt er mitten unter uns in Wohnungen, wo er Jagd auf Staub- und Bücherläuse sowie auf Hausstaubmilben macht. Er ist also nicht nur für den Menschen harmlos, sondern sogar äusserst nützlich.
Pseudoskorpione im Einsatz gegen Varroamilben
Der österreichische Zoologe Max Beier vermutete gar, dass die Bücherskorpione auf die für Bienenvölker gefährlichen Varroamilben angesetzt werden können. Diese ebenfalls zu den Spinnentieren gehörenden Winzlinge machen Bienen als Parasiten ordentlich zu schaffen. Sie vermehren sich in der verdeckelten Brut des Bienenstocks und gelten als eine der Hauptursachen des Bienensterbens.
Herausforderungen der modernen Bienenhaltung
Pseudoskorpione kommen natürlicherweise in Bienenstöcken vor, verschwanden aber mit der modernen Bienenhaltung aus dem Leben vieler der fleissigen Insekten. Grund dafür ist der Mangel an Versteckmöglichkeiten innerhalb des Stocks sowie die Bekämpfung der Varroamilben mit Gift, welchem auch die Pseudoskorpione zum Opfer fallen.
Bemühungen zur Wiederansiedlung
Mit den für ihre Grösse kräftigen Scheren gehören die Pseudoskorpione jedoch zu den wenigen Räubern, die den harten Chitinpanzer der Milben durchbrechen und die kleinen Parasiten verspeisen können. Seit einiger Zeit gibt es daher nun Bemühungen wie das «Beenature-Projekt» des bekannten deutschen Bienenforschers Torben Schiffer, um die Symbiose zwischen Bienen und Pseudoskorpionen näher zu untersuchen und eine natürliche Bekämpfung der Varroamilben durch Bücherskorpione zu fördern. Kaufen können interessierte Bienenzüchter Bücherskorpione schon jetzt, zum Beispiel beim Schweizer Verein «Free the Bees».
Der Höllloch-SkorpionDas Höllloch im Kanton Schwyz gilt als das besterforschte Höhlensystem der Schweiz. Und doch gibt es noch viel zu entdecken. So fanden Forscher darin 2011 eine bis dahin unbekannte Art von Pseudoskorpionen. Das Tierchen gelangte vermutlich während der letzten Eiszeit in die Muotataler Höhle und verbrachte sein Leben verborgen vor aller Augen unter Tage. Die neu entdeckte Art Pseudoblothrus infernus wurde seitdem an keinem anderen Ort gefunden und ist somit eine waschechte Schweizer Seltenheit.
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