Zugvögel
Wo sind die Vögel jetzt?
Es ist still geworden in den Dämmerstunden morgens und abends. Die Vögel singen nicht mehr. Wo sind sie geblieben, und was machen sie jetzt? Einige sind schon bereit für den grossen Zug in den Süden.
Der Kuckuck zieht allein in die afrikanische Savanne.
Während fünf Monaten begann der Tag mit Vogelgezwitscher. Welche Freude, so aufzuwachen! Doch damit ist es jetzt vorbei. In den Dämmerstunden morgens und abends bleibt es still. Wo sind die Vögel geblieben? Die kürzer werdenden Tage lösen die Mauser aus oder signalisieren, dass es höchste Zeit ist, sich auf die grosse Reise zu machen. Eine andere Lebensphase beginnt.
Tatsächlich verlassen erste Arten die Schweiz bereits wieder. Die Mauersegler, die im Sommer schwarmweise laut rufend durch Strassenschluchten und um Häuserblocks schossen, ziehen im August nach Afrika südlich der Sahara. Auch der Kuckuck bricht jetzt schon auf in Richtung Süden. Sein Weg ist weit, überwintert er doch entlang von Wasserläufen in der afrikanischen Savanne. Man stelle sich das vor: Der junge Kuckuck wuchs, ohne seine Eltern je zu sehen, hier in der Schweiz heran, wurde selbständig und zieht nun ganz allein nachts los, fliegt über die Alpen, überquert das glitzernde Mittelmeer, die beinahe unendliche Sahara, ruht während des Tages vielleicht im Schatten einer Sanddüne, fliegt weiter über die Sahelzone mit einzelnen Büschen und Bäumen, bis er irgendwo in der Akaziensavanne ankommt. Hier verbringt er den Winter in Baumkronen, entlang eines Flusses. Gleich der Pirol: Der gelb-schwarze Vogel zieht ebenfalls jetzt weg und überwintert im Kronendach des zentralafrikanischen Regenwaldes. Auch er ist ein Einzelgänger, schliesst sich aber losen Gruppen an.
Erneuerung des Gefieders
Mehl- und Rauchschwalben bereiten sich jetzt vor für die grosse Reise. Sie fliegen meist im September schwarmweise nach Afrika. Besonders Vögel, die fast ausschliesslich Insekten fressen, ziehen früh weg. Stare beispielsweise profitieren im Herbst vom reichen Angebot an Beeren an den Sträuchern und gehören zu den letzten, die wegziehen. Schliesslich ist ihr Weg nicht so weit, denn meist fliegen sie nur ins Mittelmeergebiet und sind schon im März wieder zurück.
Doch nicht alle Vögel nehmen Reissaus. Stockenten bleiben auf unseren Gewässern. Ab dem Sommer führen sie plötzlich ein heimliches Leben. Sie sind dann so selten zu sehen, dass man denken könnte, sie wären weggeflogen. Dabei verstecken sie sich nur im Schilf. Dies hat einen Grund. Nach dem Brutgeschehen fallen sie in eine Mauser, die so heftig ist, dass sie flugunfähig werden. Deshalb verstecken sie sich. Die Erpel wechseln dann auf den Winter hin ihr Schlicht- in ein Prachtgefieder.
Grundsätzlich mausern die meisten Vögel nach der Brut, das heisst, ihr Gefieder erneuert sich. Dies ist ein kräftezehrender Prozess, das Gefieder ist nicht ganz auf der Höhe. Darum verhalten sie sich heimlich. Vögel singen jetzt meist nicht mehr, weil Territorien nicht mehr notwendig sind, denn die Jungen sind ausgeflogen und selbständig. Die Vögel finden zu Schwärmen zusammen oder streifen auf Nahrungssuche umher. Es gibt aber Ausnahmen.
Der melancholische Gesang des Rotkehlchens beispielsweise ist auch im Winter zu hören. Die Einzelgänger wollen damit sicherstellen, dass ihnen ihre Nahrung nicht streitig gemacht wird, denn sie müssen den strengen Winter durchstehen. Auch bei Wasseramseln singen, wie beim Rotkehlchen, beide Geschlechter während des Winters. Auf Vogelgesang müssen wir also auch im Winter nicht ganz verzichten.
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